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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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VII. Entwickelungsgeschichte der Individuen.
da es an einer technischen Bezeichnung für dieselbe gänzlich fehlt,
den Ausdruck Ontogenesis oder Ontogenie vorschlagen. Onta 1) sind
die concreten Individuen (räumlich abgeschlossene Formeinheiten), welche
zu einer gegebenen Zeit concretes Object der Betrachtung und der
Untersuchung sind, und die Onta oder Individuen in diesem Sinne stehen
gegenüber den Phyla oder Individuen-Stämmen, unter welchen wir die
abstracte Summe aller durch Blutsverwandtschaft verbundenen con-
creten Onta verstehen. Hieraus ergiebt sich schon zum Theil, inwie-
fern wir die Ontogenie der Phylogenie entgegen setzen können.

Wenn wir unter Onta demgemäss allgemein die organischen In-
dividuen als selbstständige und räumlich abgeschlossene Formeinheiten
und unter Ontogenie die Entwickelungsgeschichte dieser Individuen
verstehen, so drängt sich nun zunächst die Frage auf, zu welcher von
den oben aufgezählten sechs Ordnungen organischer Individuen diese
Onten gehören. Hierauf ist zu antworten, dass jede dieser sechs ver-
schiedenen Individualitäten ihre eigene Entwickelungsgeschichte hat,
und dass sie demnach alle sechs als Onten betrachtet und so Object
der Entwickelungsgeschichte oder Ontogenie werden können. Diese
Wissenschaft würde demgemäss wiederum in sechs untergeordnete
Disciplinen zerfallen, welche den sechs morphologischen Individuali-
täten verschiedener Ordnung entsprechen, nämlich:

1) Ontogenie der Plastiden oder Individuen erster Ordnung.
Entwickelungsgeschichte der Plastiden (Cytoden und Zellen). Plastido-
genie. Diese Disciplin, welche noch sehr jugendlichen Alters ist, wird
gewöhnlich als Histogenie oder Entwickelungsgeschichte der Gewebe
bezeichnet, und als solche der Histologie (Plastidologie) angefügt.
Diese Bezeichnung ist aber insofern nicht correct, als ein Theil der
"Gewebe" bereits zu den Organen oder Individuen zweiter Ordnung
gehört.
2) Ontogenie der Organe oder Individuen zweiter Ordnung.
Entwickelungsgeschichte der Organe verschiedener Ordnung (Zellen-
stöcke, einfache Organe, zusammengesetzte Organe, Organ-Systeme,
Organ-Apparate). Diese Wissenschaft bildet den grössten Bestandtheil
der gewöhnlich so genannten "Embryologie" und wird bisweilen als
Organogenie den übrigen Theilen derselben und insbesondere der
Histogenie entgegengesetzt.
3) Ontogenie der Antimeren oder Individuen dritter Ordnung.
Entwickelungsgeschichte der Gegenstücke oder homotypischen Theile.
Antimerogenie. Diese wichtige Disciplin, welche für unser Ver-
ständniss der Gesammtform der Organismen von der grössten Wichtig-
1) onta, ta, die concreten, wirklichen Körper, im Gegensatz zu den abstracten,
gedachten.

VII. Entwickelungsgeschichte der Individuen.
da es an einer technischen Bezeichnung für dieselbe gänzlich fehlt,
den Ausdruck Ontogenesis oder Ontogenie vorschlagen. Onta 1) sind
die concreten Individuen (räumlich abgeschlossene Formeinheiten), welche
zu einer gegebenen Zeit concretes Object der Betrachtung und der
Untersuchung sind, und die Onta oder Individuen in diesem Sinne stehen
gegenüber den Phyla oder Individuen-Stämmen, unter welchen wir die
abstracte Summe aller durch Blutsverwandtschaft verbundenen con-
creten Onta verstehen. Hieraus ergiebt sich schon zum Theil, inwie-
fern wir die Ontogenie der Phylogenie entgegen setzen können.

Wenn wir unter Onta demgemäss allgemein die organischen In-
dividuen als selbstständige und räumlich abgeschlossene Formeinheiten
und unter Ontogenie die Entwickelungsgeschichte dieser Individuen
verstehen, so drängt sich nun zunächst die Frage auf, zu welcher von
den oben aufgezählten sechs Ordnungen organischer Individuen diese
Onten gehören. Hierauf ist zu antworten, dass jede dieser sechs ver-
schiedenen Individualitäten ihre eigene Entwickelungsgeschichte hat,
und dass sie demnach alle sechs als Onten betrachtet und so Object
der Entwickelungsgeschichte oder Ontogenie werden können. Diese
Wissenschaft würde demgemäss wiederum in sechs untergeordnete
Disciplinen zerfallen, welche den sechs morphologischen Individuali-
täten verschiedener Ordnung entsprechen, nämlich:

1) Ontogenie der Plastiden oder Individuen erster Ordnung.
Entwickelungsgeschichte der Plastiden (Cytoden und Zellen). Plastido-
genie. Diese Disciplin, welche noch sehr jugendlichen Alters ist, wird
gewöhnlich als Histogenie oder Entwickelungsgeschichte der Gewebe
bezeichnet, und als solche der Histologie (Plastidologie) angefügt.
Diese Bezeichnung ist aber insofern nicht correct, als ein Theil der
„Gewebe“ bereits zu den Organen oder Individuen zweiter Ordnung
gehört.
2) Ontogenie der Organe oder Individuen zweiter Ordnung.
Entwickelungsgeschichte der Organe verschiedener Ordnung (Zellen-
stöcke, einfache Organe, zusammengesetzte Organe, Organ-Systeme,
Organ-Apparate). Diese Wissenschaft bildet den grössten Bestandtheil
der gewöhnlich so genannten „Embryologie“ und wird bisweilen als
Organogenie den übrigen Theilen derselben und insbesondere der
Histogenie entgegengesetzt.
3) Ontogenie der Antimeren oder Individuen dritter Ordnung.
Entwickelungsgeschichte der Gegenstücke oder homotypischen Theile.
Antimerogenie. Diese wichtige Disciplin, welche für unser Ver-
ständniss der Gesammtform der Organismen von der grössten Wichtig-
1) ὄντα, τὰ, die concreten, wirklichen Körper, im Gegensatz zu den abstracten,
gedachten.
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[55/0094] VII. Entwickelungsgeschichte der Individuen. da es an einer technischen Bezeichnung für dieselbe gänzlich fehlt, den Ausdruck Ontogenesis oder Ontogenie vorschlagen. Onta 1) sind die concreten Individuen (räumlich abgeschlossene Formeinheiten), welche zu einer gegebenen Zeit concretes Object der Betrachtung und der Untersuchung sind, und die Onta oder Individuen in diesem Sinne stehen gegenüber den Phyla oder Individuen-Stämmen, unter welchen wir die abstracte Summe aller durch Blutsverwandtschaft verbundenen con- creten Onta verstehen. Hieraus ergiebt sich schon zum Theil, inwie- fern wir die Ontogenie der Phylogenie entgegen setzen können. Wenn wir unter Onta demgemäss allgemein die organischen In- dividuen als selbstständige und räumlich abgeschlossene Formeinheiten und unter Ontogenie die Entwickelungsgeschichte dieser Individuen verstehen, so drängt sich nun zunächst die Frage auf, zu welcher von den oben aufgezählten sechs Ordnungen organischer Individuen diese Onten gehören. Hierauf ist zu antworten, dass jede dieser sechs ver- schiedenen Individualitäten ihre eigene Entwickelungsgeschichte hat, und dass sie demnach alle sechs als Onten betrachtet und so Object der Entwickelungsgeschichte oder Ontogenie werden können. Diese Wissenschaft würde demgemäss wiederum in sechs untergeordnete Disciplinen zerfallen, welche den sechs morphologischen Individuali- täten verschiedener Ordnung entsprechen, nämlich: 1) Ontogenie der Plastiden oder Individuen erster Ordnung. Entwickelungsgeschichte der Plastiden (Cytoden und Zellen). Plastido- genie. Diese Disciplin, welche noch sehr jugendlichen Alters ist, wird gewöhnlich als Histogenie oder Entwickelungsgeschichte der Gewebe bezeichnet, und als solche der Histologie (Plastidologie) angefügt. Diese Bezeichnung ist aber insofern nicht correct, als ein Theil der „Gewebe“ bereits zu den Organen oder Individuen zweiter Ordnung gehört. 2) Ontogenie der Organe oder Individuen zweiter Ordnung. Entwickelungsgeschichte der Organe verschiedener Ordnung (Zellen- stöcke, einfache Organe, zusammengesetzte Organe, Organ-Systeme, Organ-Apparate). Diese Wissenschaft bildet den grössten Bestandtheil der gewöhnlich so genannten „Embryologie“ und wird bisweilen als Organogenie den übrigen Theilen derselben und insbesondere der Histogenie entgegengesetzt. 3) Ontogenie der Antimeren oder Individuen dritter Ordnung. Entwickelungsgeschichte der Gegenstücke oder homotypischen Theile. Antimerogenie. Diese wichtige Disciplin, welche für unser Ver- ständniss der Gesammtform der Organismen von der grössten Wichtig- 1) ὄντα, τὰ, die concreten, wirklichen Körper, im Gegensatz zu den abstracten, gedachten.

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/94>, abgerufen am 21.11.2024.