Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.(VI. Aufl., S. 226, 300) hatte ich jede einzelne organische Die Unterschiede, welche meine Hypothese der Peri¬ (VI. Aufl., S. 226, 300) hatte ich jede einzelne organische Die Unterschiede, welche meine Hypothese der Peri¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="69"/> (VI. Aufl., S. 226, 300) hatte ich jede einzelne organische<lb/> Form als das nothwendige Product aus zwei mechanischen<lb/> Factoren abgeleitet, die man im Sinne der älteren Biologie<lb/> als „Bildungskräfte“ oder „Bildungstriebe“ bezeichnen<lb/> kann. Der innere Bildungstrieb oder die innere Gestal¬<lb/> tungskraft (von <hi rendition="#i">Goethe</hi> als der centripetale oder Specifi¬<lb/> cationstrieb bezeichnet) ist die <hi rendition="#g">Erblichkeit</hi> oder Here¬<lb/> ditaet. Der äussere Bildungstrieb oder die äussere Ge¬<lb/> staltungskraft (von <hi rendition="#i">Goethe</hi> der centrifugale oder Meta¬<lb/> morphosen-Trieb genannt) ist die Anpassungsfähigkeit oder<lb/><hi rendition="#g">Variabilität</hi>. Letztere, bedingt das, was <hi rendition="#i">Baer</hi> als „Grad<lb/> der Ausbildung“, erstere das, was <hi rendition="#i">Baer</hi> als „Typus der<lb/> Bildung“ gegenüberstellt. Mit Rücksicht auf die Perige¬<lb/> nesis können wir jetzt den Gegensatz zwischen diesen<lb/> beiden fundamentalen formgestaltenden Kräften der Orga¬<lb/> nismen schärfer dahin präcisiren, dass wir sagen: <hi rendition="#g">Die<lb/> Erblichkeit ist das Gedächtniss der Plastidule</hi>,<lb/><hi rendition="#g">die Variabilität ist die Fassungskraft der Plasti</hi>¬<lb/><hi rendition="#g">dule</hi>. Jene bewirkt die Beständigkeit, diese die Mannich¬<lb/> faltigkeit der organischen Formen. In sehr einfachen und<lb/> sehr constanten Formen haben die Plastidule, cum grano<lb/> salis verstanden, „Nichts gelernt und Nichts vergessen.“<lb/> In sehr vollkommenen und variablen organischen Formen<lb/> haben die Plastidule „Viel gelernt und Viel vergessen.“<lb/> Als Beispiel für ersteres führe ich die Keimesgeschichte<lb/> des Amphioxus, als Beispiel für letzteres hingegen die¬<lb/> jenige des Menschen an (vergl. meine Anthropogonie, VIII.<lb/> und XIV. Vortrag).</p><lb/> <p>Die Unterschiede, welche meine Hypothese der Peri¬<lb/> genesis von <hi rendition="#i">Darwin's</hi> Hypothese der Pangenesis trennen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0075]
(VI. Aufl., S. 226, 300) hatte ich jede einzelne organische
Form als das nothwendige Product aus zwei mechanischen
Factoren abgeleitet, die man im Sinne der älteren Biologie
als „Bildungskräfte“ oder „Bildungstriebe“ bezeichnen
kann. Der innere Bildungstrieb oder die innere Gestal¬
tungskraft (von Goethe als der centripetale oder Specifi¬
cationstrieb bezeichnet) ist die Erblichkeit oder Here¬
ditaet. Der äussere Bildungstrieb oder die äussere Ge¬
staltungskraft (von Goethe der centrifugale oder Meta¬
morphosen-Trieb genannt) ist die Anpassungsfähigkeit oder
Variabilität. Letztere, bedingt das, was Baer als „Grad
der Ausbildung“, erstere das, was Baer als „Typus der
Bildung“ gegenüberstellt. Mit Rücksicht auf die Perige¬
nesis können wir jetzt den Gegensatz zwischen diesen
beiden fundamentalen formgestaltenden Kräften der Orga¬
nismen schärfer dahin präcisiren, dass wir sagen: Die
Erblichkeit ist das Gedächtniss der Plastidule,
die Variabilität ist die Fassungskraft der Plasti¬
dule. Jene bewirkt die Beständigkeit, diese die Mannich¬
faltigkeit der organischen Formen. In sehr einfachen und
sehr constanten Formen haben die Plastidule, cum grano
salis verstanden, „Nichts gelernt und Nichts vergessen.“
In sehr vollkommenen und variablen organischen Formen
haben die Plastidule „Viel gelernt und Viel vergessen.“
Als Beispiel für ersteres führe ich die Keimesgeschichte
des Amphioxus, als Beispiel für letzteres hingegen die¬
jenige des Menschen an (vergl. meine Anthropogonie, VIII.
und XIV. Vortrag).
Die Unterschiede, welche meine Hypothese der Peri¬
genesis von Darwin's Hypothese der Pangenesis trennen,
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