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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Darwin's Theorie von der Entstehung der Korallenriffe.
keimte in ihm der Gedanke der Abstammungslehre auf, den er dann
späterhin zu so vollendeter Blüthe entwickelte. Die Reise selbst hat
Darwin in einem von Dieffenbach in das Deutsche übersetzten
Werke beschrieben, welches sehr anziehend geschrieben ist, und dessen
Lectüre ich Jhnen angelegentlich empfehle 13). Jn dieser Reisebeschrei-
bung, welche sich weit über den gewöhnlichen Durchschnitt erhebt, tritt
Jhnen nicht allein die liebenswürdige Persönlichkeit Darwin's in sehr
anziehender Weise entgegen, sondern Sie können auch vielfach die Spu-
ren der Wege erkennen, auf denen er zu seinen Vorstellungen gelangte.
Als Resultat dieser Reise erschien zunächst ein großes wissenschaftliches
Reisewerk, an dessen zoologischem und geologischem Theil sich Darwin
bedeutend betheiligte, und ferner eine ausgezeichnete Arbeit desselben
über die Bildung der Korallenriffe, welche allein genügt haben würde,
Darwin's Namen mit bleibendem Ruhme zu krönen. Es wird Jhnen
bekannt sein, daß die Jnseln der Südsee größtentheils aus Korallen-
riffen bestehen oder von solchen umgeben sind. Die verschiedenen
merkwürdigen Formen derselben und ihr Verhältniß zu den nicht aus
Korallen gebildeten Jnseln vermochte man sich früher nicht befriedi-
gend zu erklären. Erst Darwin war es vorbehalten diese schwierige
Aufgabe zu lösen, indem er außer der aufbauenden Thätigkeit der
Korallenthiere auch geologische Hebungen und Senkungen des Meeres-
bodens für die Entstehung der verschiedenen Riffgestalten in Anspruch
nahm. Darwin's Theorie von der Entstehung der Korallenriffe ist,
ebenso wie seine spätere Theorie von der Entstehung der organischen
Arten, eine Theorie, welche die Erscheinungen vollkommen erklärt,
und dafür nur die einfachsten natürlichen Ursachen in Anspruch nimmt,
ohne sich hypothetisch auf irgend welche unbekannten Vorgänge zu
beziehen. Unter den übrigen Arbeiten Darwin's ist noch seine aus-
gezeichnete Monographie der Cirrhipedien hervorzuheben, einer merk-
würdigen Klasse von Seethieren, welche im äußeren Ansehen den Mu-
scheln gleichen und von Cuvier in der That für zweischalige Mollus-
ken gehalten wurden, während dieselben in Wahrheit zu den Krebs-
thieren (Crustaceen) gehören.

Darwin’s Theorie von der Entſtehung der Korallenriffe.
keimte in ihm der Gedanke der Abſtammungslehre auf, den er dann
ſpaͤterhin zu ſo vollendeter Bluͤthe entwickelte. Die Reiſe ſelbſt hat
Darwin in einem von Dieffenbach in das Deutſche uͤberſetzten
Werke beſchrieben, welches ſehr anziehend geſchrieben iſt, und deſſen
Lectuͤre ich Jhnen angelegentlich empfehle 13). Jn dieſer Reiſebeſchrei-
bung, welche ſich weit uͤber den gewoͤhnlichen Durchſchnitt erhebt, tritt
Jhnen nicht allein die liebenswuͤrdige Perſoͤnlichkeit Darwin’s in ſehr
anziehender Weiſe entgegen, ſondern Sie koͤnnen auch vielfach die Spu-
ren der Wege erkennen, auf denen er zu ſeinen Vorſtellungen gelangte.
Als Reſultat dieſer Reiſe erſchien zunaͤchſt ein großes wiſſenſchaftliches
Reiſewerk, an deſſen zoologiſchem und geologiſchem Theil ſich Darwin
bedeutend betheiligte, und ferner eine ausgezeichnete Arbeit deſſelben
uͤber die Bildung der Korallenriffe, welche allein genuͤgt haben wuͤrde,
Darwin’s Namen mit bleibendem Ruhme zu kroͤnen. Es wird Jhnen
bekannt ſein, daß die Jnſeln der Suͤdſee groͤßtentheils aus Korallen-
riffen beſtehen oder von ſolchen umgeben ſind. Die verſchiedenen
merkwuͤrdigen Formen derſelben und ihr Verhaͤltniß zu den nicht aus
Korallen gebildeten Jnſeln vermochte man ſich fruͤher nicht befriedi-
gend zu erklaͤren. Erſt Darwin war es vorbehalten dieſe ſchwierige
Aufgabe zu loͤſen, indem er außer der aufbauenden Thaͤtigkeit der
Korallenthiere auch geologiſche Hebungen und Senkungen des Meeres-
bodens fuͤr die Entſtehung der verſchiedenen Riffgeſtalten in Anſpruch
nahm. Darwin’s Theorie von der Entſtehung der Korallenriffe iſt,
ebenſo wie ſeine ſpaͤtere Theorie von der Entſtehung der organiſchen
Arten, eine Theorie, welche die Erſcheinungen vollkommen erklaͤrt,
und dafuͤr nur die einfachſten natuͤrlichen Urſachen in Anſpruch nimmt,
ohne ſich hypothetiſch auf irgend welche unbekannten Vorgaͤnge zu
beziehen. Unter den uͤbrigen Arbeiten Darwin’s iſt noch ſeine aus-
gezeichnete Monographie der Cirrhipedien hervorzuheben, einer merk-
wuͤrdigen Klaſſe von Seethieren, welche im aͤußeren Anſehen den Mu-
ſcheln gleichen und von Cuvier in der That fuͤr zweiſchalige Mollus-
ken gehalten wurden, waͤhrend dieſelben in Wahrheit zu den Krebs-
thieren (Cruſtaceen) gehoͤren.

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[106/0127] Darwin’s Theorie von der Entſtehung der Korallenriffe. keimte in ihm der Gedanke der Abſtammungslehre auf, den er dann ſpaͤterhin zu ſo vollendeter Bluͤthe entwickelte. Die Reiſe ſelbſt hat Darwin in einem von Dieffenbach in das Deutſche uͤberſetzten Werke beſchrieben, welches ſehr anziehend geſchrieben iſt, und deſſen Lectuͤre ich Jhnen angelegentlich empfehle 13). Jn dieſer Reiſebeſchrei- bung, welche ſich weit uͤber den gewoͤhnlichen Durchſchnitt erhebt, tritt Jhnen nicht allein die liebenswuͤrdige Perſoͤnlichkeit Darwin’s in ſehr anziehender Weiſe entgegen, ſondern Sie koͤnnen auch vielfach die Spu- ren der Wege erkennen, auf denen er zu ſeinen Vorſtellungen gelangte. Als Reſultat dieſer Reiſe erſchien zunaͤchſt ein großes wiſſenſchaftliches Reiſewerk, an deſſen zoologiſchem und geologiſchem Theil ſich Darwin bedeutend betheiligte, und ferner eine ausgezeichnete Arbeit deſſelben uͤber die Bildung der Korallenriffe, welche allein genuͤgt haben wuͤrde, Darwin’s Namen mit bleibendem Ruhme zu kroͤnen. Es wird Jhnen bekannt ſein, daß die Jnſeln der Suͤdſee groͤßtentheils aus Korallen- riffen beſtehen oder von ſolchen umgeben ſind. Die verſchiedenen merkwuͤrdigen Formen derſelben und ihr Verhaͤltniß zu den nicht aus Korallen gebildeten Jnſeln vermochte man ſich fruͤher nicht befriedi- gend zu erklaͤren. Erſt Darwin war es vorbehalten dieſe ſchwierige Aufgabe zu loͤſen, indem er außer der aufbauenden Thaͤtigkeit der Korallenthiere auch geologiſche Hebungen und Senkungen des Meeres- bodens fuͤr die Entſtehung der verſchiedenen Riffgeſtalten in Anſpruch nahm. Darwin’s Theorie von der Entſtehung der Korallenriffe iſt, ebenſo wie ſeine ſpaͤtere Theorie von der Entſtehung der organiſchen Arten, eine Theorie, welche die Erſcheinungen vollkommen erklaͤrt, und dafuͤr nur die einfachſten natuͤrlichen Urſachen in Anſpruch nimmt, ohne ſich hypothetiſch auf irgend welche unbekannten Vorgaͤnge zu beziehen. Unter den uͤbrigen Arbeiten Darwin’s iſt noch ſeine aus- gezeichnete Monographie der Cirrhipedien hervorzuheben, einer merk- wuͤrdigen Klaſſe von Seethieren, welche im aͤußeren Anſehen den Mu- ſcheln gleichen und von Cuvier in der That fuͤr zweiſchalige Mollus- ken gehalten wurden, waͤhrend dieſelben in Wahrheit zu den Krebs- thieren (Cruſtaceen) gehoͤren.

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/127>, abgerufen am 21.11.2024.