Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

Ungeschlechtliche Fortpflanzung der organischen Zellen.
der Theilung pflanzen sich auch die Zellen fort, diejenigen einfa-
chen organischen Jndividuen, welche in sehr großer Zahl den Körper
der allermeisten Organismen, den menschlichen Körper nicht ausge-
nommen, zusammensetzen. Abgesehen von den Organismen niedersten
[Abbildung] Fig. 1.

Fortpflanzung eines einfachsten Organismus, eines Moneres, durch
Selbsttheilung. A. Das ganze Moner, eine Protamoeba. B. Dieselbe zerfällt
durch eine mittlere Einschnürung in zwei Hälften. C. Jede der beiden Hälften hat
sich von der andern getrennt und stellt nun ein selbstständiges Jndividuum dar.

Ranges, welche noch nicht einmal den Formwerth einer Zelle haben
(Moneren), oder zeitlebens eine einfache Zelle darstellen (viele Pro-
tisten und einzellige Pflanzen), ist der Körper jedes organischen Jndi-
viduums aus einer großen Anzahl von Zellen zusammengesetzt. Jede
organische Zelle ist bis zu einem gewissen Grade ein selbstständiger
Organismus, ein sogenannter "Elementarorganismus" oder ein "Jn-
dividuum erster Ordnung". Jeder höhere Organismus ist gewisser-
maßen eine Gesellschaft oder ein Staat von solchen vielgestaltigen,
durch Arbeitstheilung mannichfaltig ausgebildeten Elementarindivi-
duen. Ursprünglich ist jede organische Zelle auch nur ein einfaches
Schleimklümpchen, gleich einem Moner, jedoch von diesem dadurch
verschieden, daß die gleichartige Eiweißmasse in zwei verschiedene Be-
standtheile sich gesondert hat: ein inneres, festeres Eiweißkörperchen,
den Zellenkern (Nucleus), und einen äußeren, weicheren Eiweiß-
körper, den Zellstoff (Protoplasma). Außerdem bilden viele Zellen
späterhin noch einen dritten (jedoch häufig fehlenden) Formbestandtheil,
indem sie sich einkapseln, eine äußere Hülle oder Zellhaut (Membra-
na)
ausschwitzen. Alle übrigen Formbestandtheile, die sonst noch an

Ungeſchlechtliche Fortpflanzung der organiſchen Zellen.
der Theilung pflanzen ſich auch die Zellen fort, diejenigen einfa-
chen organiſchen Jndividuen, welche in ſehr großer Zahl den Koͤrper
der allermeiſten Organismen, den menſchlichen Koͤrper nicht ausge-
nommen, zuſammenſetzen. Abgeſehen von den Organismen niederſten
[Abbildung] Fig. 1.

Fortpflanzung eines einfachſten Organismus, eines Moneres, durch
Selbſttheilung. A. Das ganze Moner, eine Protamoeba. B. Dieſelbe zerfaͤllt
durch eine mittlere Einſchnuͤrung in zwei Haͤlften. C. Jede der beiden Haͤlften hat
ſich von der andern getrennt und ſtellt nun ein ſelbſtſtaͤndiges Jndividuum dar.

Ranges, welche noch nicht einmal den Formwerth einer Zelle haben
(Moneren), oder zeitlebens eine einfache Zelle darſtellen (viele Pro-
tiſten und einzellige Pflanzen), iſt der Koͤrper jedes organiſchen Jndi-
viduums aus einer großen Anzahl von Zellen zuſammengeſetzt. Jede
organiſche Zelle iſt bis zu einem gewiſſen Grade ein ſelbſtſtaͤndiger
Organismus, ein ſogenannter „Elementarorganismus“ oder ein „Jn-
dividuum erſter Ordnung“. Jeder hoͤhere Organismus iſt gewiſſer-
maßen eine Geſellſchaft oder ein Staat von ſolchen vielgeſtaltigen,
durch Arbeitstheilung mannichfaltig ausgebildeten Elementarindivi-
duen. Urſpruͤnglich iſt jede organiſche Zelle auch nur ein einfaches
Schleimkluͤmpchen, gleich einem Moner, jedoch von dieſem dadurch
verſchieden, daß die gleichartige Eiweißmaſſe in zwei verſchiedene Be-
ſtandtheile ſich geſondert hat: ein inneres, feſteres Eiweißkoͤrperchen,
den Zellenkern (Nucleus), und einen aͤußeren, weicheren Eiweiß-
koͤrper, den Zellſtoff (Protoplasma). Außerdem bilden viele Zellen
ſpaͤterhin noch einen dritten (jedoch haͤufig fehlenden) Formbeſtandtheil,
indem ſie ſich einkapſeln, eine aͤußere Huͤlle oder Zellhaut (Membra-
na)
ausſchwitzen. Alle uͤbrigen Formbeſtandtheile, die ſonſt noch an

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0165" n="144"/><fw place="top" type="header">Unge&#x017F;chlechtliche Fortpflanzung der organi&#x017F;chen Zellen.</fw><lb/>
der Theilung pflanzen &#x017F;ich auch die <hi rendition="#g">Zellen</hi> fort, diejenigen einfa-<lb/>
chen organi&#x017F;chen Jndividuen, welche in &#x017F;ehr großer Zahl den Ko&#x0364;rper<lb/>
der allermei&#x017F;ten Organismen, den men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rper nicht ausge-<lb/>
nommen, zu&#x017F;ammen&#x017F;etzen. Abge&#x017F;ehen von den Organismen nieder&#x017F;ten<lb/><figure><head>Fig. 1.</head><p>Fortpflanzung eines einfach&#x017F;ten Organismus, eines Moneres, durch<lb/>
Selb&#x017F;ttheilung. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A.</hi></hi> Das ganze Moner, eine <hi rendition="#aq">Protamoeba. <hi rendition="#i">B.</hi></hi> Die&#x017F;elbe zerfa&#x0364;llt<lb/>
durch eine mittlere Ein&#x017F;chnu&#x0364;rung in zwei Ha&#x0364;lften. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">C.</hi></hi> Jede der beiden Ha&#x0364;lften hat<lb/>
&#x017F;ich von der andern getrennt und &#x017F;tellt nun ein &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndiges Jndividuum dar.</p></figure><lb/>
Ranges, welche noch nicht einmal den Formwerth einer Zelle haben<lb/>
(Moneren), oder zeitlebens eine einfache Zelle dar&#x017F;tellen (viele Pro-<lb/>
ti&#x017F;ten und einzellige Pflanzen), i&#x017F;t der Ko&#x0364;rper jedes organi&#x017F;chen Jndi-<lb/>
viduums aus einer großen Anzahl von Zellen zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt. Jede<lb/>
organi&#x017F;che Zelle i&#x017F;t bis zu einem gewi&#x017F;&#x017F;en Grade ein &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndiger<lb/>
Organismus, ein &#x017F;ogenannter &#x201E;Elementarorganismus&#x201C; oder ein &#x201E;Jn-<lb/>
dividuum er&#x017F;ter Ordnung&#x201C;. Jeder ho&#x0364;here Organismus i&#x017F;t gewi&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
maßen eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft oder ein Staat von &#x017F;olchen vielge&#x017F;taltigen,<lb/>
durch Arbeitstheilung mannichfaltig ausgebildeten Elementarindivi-<lb/>
duen. Ur&#x017F;pru&#x0364;nglich i&#x017F;t jede organi&#x017F;che Zelle auch nur ein einfaches<lb/>
Schleimklu&#x0364;mpchen, gleich einem Moner, jedoch von die&#x017F;em dadurch<lb/>
ver&#x017F;chieden, daß die gleichartige Eiweißma&#x017F;&#x017F;e in zwei ver&#x017F;chiedene Be-<lb/>
&#x017F;tandtheile &#x017F;ich ge&#x017F;ondert hat: ein inneres, fe&#x017F;teres Eiweißko&#x0364;rperchen,<lb/>
den <hi rendition="#g">Zellenkern</hi> <hi rendition="#aq">(Nucleus)</hi>, und einen a&#x0364;ußeren, weicheren Eiweiß-<lb/>
ko&#x0364;rper, den <hi rendition="#g">Zell&#x017F;toff</hi> <hi rendition="#aq">(Protoplasma).</hi> Außerdem bilden viele Zellen<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;terhin noch einen dritten (jedoch ha&#x0364;ufig fehlenden) Formbe&#x017F;tandtheil,<lb/>
indem &#x017F;ie &#x017F;ich einkap&#x017F;eln, eine a&#x0364;ußere Hu&#x0364;lle oder <hi rendition="#g">Zellhaut</hi> <hi rendition="#aq">(Membra-<lb/>
na)</hi> aus&#x017F;chwitzen. Alle u&#x0364;brigen Formbe&#x017F;tandtheile, die &#x017F;on&#x017F;t noch an<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0165] Ungeſchlechtliche Fortpflanzung der organiſchen Zellen. der Theilung pflanzen ſich auch die Zellen fort, diejenigen einfa- chen organiſchen Jndividuen, welche in ſehr großer Zahl den Koͤrper der allermeiſten Organismen, den menſchlichen Koͤrper nicht ausge- nommen, zuſammenſetzen. Abgeſehen von den Organismen niederſten [Abbildung Fig. 1. Fortpflanzung eines einfachſten Organismus, eines Moneres, durch Selbſttheilung. A. Das ganze Moner, eine Protamoeba. B. Dieſelbe zerfaͤllt durch eine mittlere Einſchnuͤrung in zwei Haͤlften. C. Jede der beiden Haͤlften hat ſich von der andern getrennt und ſtellt nun ein ſelbſtſtaͤndiges Jndividuum dar.] Ranges, welche noch nicht einmal den Formwerth einer Zelle haben (Moneren), oder zeitlebens eine einfache Zelle darſtellen (viele Pro- tiſten und einzellige Pflanzen), iſt der Koͤrper jedes organiſchen Jndi- viduums aus einer großen Anzahl von Zellen zuſammengeſetzt. Jede organiſche Zelle iſt bis zu einem gewiſſen Grade ein ſelbſtſtaͤndiger Organismus, ein ſogenannter „Elementarorganismus“ oder ein „Jn- dividuum erſter Ordnung“. Jeder hoͤhere Organismus iſt gewiſſer- maßen eine Geſellſchaft oder ein Staat von ſolchen vielgeſtaltigen, durch Arbeitstheilung mannichfaltig ausgebildeten Elementarindivi- duen. Urſpruͤnglich iſt jede organiſche Zelle auch nur ein einfaches Schleimkluͤmpchen, gleich einem Moner, jedoch von dieſem dadurch verſchieden, daß die gleichartige Eiweißmaſſe in zwei verſchiedene Be- ſtandtheile ſich geſondert hat: ein inneres, feſteres Eiweißkoͤrperchen, den Zellenkern (Nucleus), und einen aͤußeren, weicheren Eiweiß- koͤrper, den Zellſtoff (Protoplasma). Außerdem bilden viele Zellen ſpaͤterhin noch einen dritten (jedoch haͤufig fehlenden) Formbeſtandtheil, indem ſie ſich einkapſeln, eine aͤußere Huͤlle oder Zellhaut (Membra- na) ausſchwitzen. Alle uͤbrigen Formbeſtandtheile, die ſonſt noch an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/165
Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/165>, abgerufen am 24.11.2024.