Erklärung der indirecten oder potentiellen Anpassung.
Blattbildung bei den wilden Pflanzen eine entsprechende Umbildung in den generativen Blüthentheilen nach sich. Die hohe Bedeutung dieser "Compensation der Entwickelung", dieser "Correlation der Theile" ist bereits von Goethe, von Geoffroy S. Hilaire und von anderen Naturphilosophen hervorgehoben worden. Sie beruht wesent- lich darauf, daß die directe oder actuelle Anpassung keinen einzigen Körpertheil wesentlich verändern kann, ohne zugleich auf den ganzen Organismus einzuwirken.
Die correlative Anpassung der Fortpflanzungsorgane und der übrigen Körpertheile verdient deshalb eine ganz besondere Berücksichti- gung, weil sie vor allen geeignet ist, ein erklärendes Licht auf die vor- her betrachteten dunkeln und räthselhaften Erscheinungen der indirecten oder potentiellen Anpassung zu werfen. Denn ebenso wie jede Ver- änderung der Geschlechtsorgane mächtig auf den übrigen Körper zu- rückwirkt, so muß natürlich umgekehrt auch jede eingreifende Verände- rung eines anderen Körpertheils mehr oder weniger auf die Gene- rationsorgane zurückwirken. Diese Rückwirkung wird sich aber erst in der Bildung der Nachkommenschaft, welche aus den veränderten Generationstheilen entsteht, wahrnehmbar äußern. Gerade jene merk- würdigen, aber unmerklichen und an sich ungeheuer geringfügigen Veränderungen des Genitalsystems, der Eier und des Sperma, welche durch solche Wechselbeziehungen hervorgebracht werden, sind vom größten Einflusse auf die Bildung der Nachkommenschaft, und alle vorher erwähnten Erscheinungen der indirecten oder potentiellen An- passungen können schließlich auf diese wechselbezügliche Anpassung zu- rückgeführt werden.
Eine weitere Reihe von ausgezeichneten Beispielen der correlati- ven Anpassung liefern die verschiedenen Thiere und Pflanzen, welche durch das Schmarotzerleben oder den Parasitismns rückgebildet sind. Keine andere Veränderung der Lebensweise wirkt so bedeutend auf die Formbildung der Organismen ein, wie die Angewöhnung an das Schmarotzerleben. Pflanzen verlieren dadurch ihre grünen Blätter, wie z. B. unsere einheimischen Schmarotzerpflanzen: Orobanche, La-
Erklaͤrung der indirecten oder potentiellen Anpaſſung.
Blattbildung bei den wilden Pflanzen eine entſprechende Umbildung in den generativen Bluͤthentheilen nach ſich. Die hohe Bedeutung dieſer „Compenſation der Entwickelung“, dieſer „Correlation der Theile“ iſt bereits von Goethe, von Geoffroy S. Hilaire und von anderen Naturphiloſophen hervorgehoben worden. Sie beruht weſent- lich darauf, daß die directe oder actuelle Anpaſſung keinen einzigen Koͤrpertheil weſentlich veraͤndern kann, ohne zugleich auf den ganzen Organismus einzuwirken.
Die correlative Anpaſſung der Fortpflanzungsorgane und der uͤbrigen Koͤrpertheile verdient deshalb eine ganz beſondere Beruͤckſichti- gung, weil ſie vor allen geeignet iſt, ein erklaͤrendes Licht auf die vor- her betrachteten dunkeln und raͤthſelhaften Erſcheinungen der indirecten oder potentiellen Anpaſſung zu werfen. Denn ebenſo wie jede Ver- aͤnderung der Geſchlechtsorgane maͤchtig auf den uͤbrigen Koͤrper zu- ruͤckwirkt, ſo muß natuͤrlich umgekehrt auch jede eingreifende Veraͤnde- rung eines anderen Koͤrpertheils mehr oder weniger auf die Gene- rationsorgane zuruͤckwirken. Dieſe Ruͤckwirkung wird ſich aber erſt in der Bildung der Nachkommenſchaft, welche aus den veraͤnderten Generationstheilen entſteht, wahrnehmbar aͤußern. Gerade jene merk- wuͤrdigen, aber unmerklichen und an ſich ungeheuer geringfuͤgigen Veraͤnderungen des Genitalſyſtems, der Eier und des Sperma, welche durch ſolche Wechſelbeziehungen hervorgebracht werden, ſind vom groͤßten Einfluſſe auf die Bildung der Nachkommenſchaft, und alle vorher erwaͤhnten Erſcheinungen der indirecten oder potentiellen An- paſſungen koͤnnen ſchließlich auf dieſe wechſelbezuͤgliche Anpaſſung zu- ruͤckgefuͤhrt werden.
Eine weitere Reihe von ausgezeichneten Beiſpielen der correlati- ven Anpaſſung liefern die verſchiedenen Thiere und Pflanzen, welche durch das Schmarotzerleben oder den Paraſitismns ruͤckgebildet ſind. Keine andere Veraͤnderung der Lebensweiſe wirkt ſo bedeutend auf die Formbildung der Organismen ein, wie die Angewoͤhnung an das Schmarotzerleben. Pflanzen verlieren dadurch ihre gruͤnen Blaͤtter, wie z. B. unſere einheimiſchen Schmarotzerpflanzen: Orobanche, La-
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Erklaͤrung der indirecten oder potentiellen Anpaſſung.
Blattbildung bei den wilden Pflanzen eine entſprechende Umbildung
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dieſer „Compenſation der Entwickelung“, dieſer „Correlation der Theile“
iſt bereits von Goethe, von Geoffroy S. Hilaire und von
anderen Naturphiloſophen hervorgehoben worden. Sie beruht weſent-
lich darauf, daß die directe oder actuelle Anpaſſung keinen einzigen
Koͤrpertheil weſentlich veraͤndern kann, ohne zugleich auf den ganzen
Organismus einzuwirken.
Die correlative Anpaſſung der Fortpflanzungsorgane und der
uͤbrigen Koͤrpertheile verdient deshalb eine ganz beſondere Beruͤckſichti-
gung, weil ſie vor allen geeignet iſt, ein erklaͤrendes Licht auf die vor-
her betrachteten dunkeln und raͤthſelhaften Erſcheinungen der indirecten
oder potentiellen Anpaſſung zu werfen. Denn ebenſo wie jede Ver-
aͤnderung der Geſchlechtsorgane maͤchtig auf den uͤbrigen Koͤrper zu-
ruͤckwirkt, ſo muß natuͤrlich umgekehrt auch jede eingreifende Veraͤnde-
rung eines anderen Koͤrpertheils mehr oder weniger auf die Gene-
rationsorgane zuruͤckwirken. Dieſe Ruͤckwirkung wird ſich aber erſt
in der Bildung der Nachkommenſchaft, welche aus den veraͤnderten
Generationstheilen entſteht, wahrnehmbar aͤußern. Gerade jene merk-
wuͤrdigen, aber unmerklichen und an ſich ungeheuer geringfuͤgigen
Veraͤnderungen des Genitalſyſtems, der Eier und des Sperma, welche
durch ſolche Wechſelbeziehungen hervorgebracht werden, ſind vom
groͤßten Einfluſſe auf die Bildung der Nachkommenſchaft, und alle
vorher erwaͤhnten Erſcheinungen der indirecten oder potentiellen An-
paſſungen koͤnnen ſchließlich auf dieſe wechſelbezuͤgliche Anpaſſung zu-
ruͤckgefuͤhrt werden.
Eine weitere Reihe von ausgezeichneten Beiſpielen der correlati-
ven Anpaſſung liefern die verſchiedenen Thiere und Pflanzen, welche
durch das Schmarotzerleben oder den Paraſitismns ruͤckgebildet ſind.
Keine andere Veraͤnderung der Lebensweiſe wirkt ſo bedeutend auf die
Formbildung der Organismen ein, wie die Angewoͤhnung an das
Schmarotzerleben. Pflanzen verlieren dadurch ihre gruͤnen Blaͤtter,
wie z. B. unſere einheimiſchen Schmarotzerpflanzen: Orobanche, La-
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/218>, abgerufen am 11.12.2024.
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