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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Zellentheorie und Plastidentheorie.
fangs weiter Nichts, als eine einfache Eizelle, ein einziges Schleim-
klümpchen, worin sich ein Kern befindet.

Ebenso wie der Kern der organischen Zellen durch Sonderung
in der inneren oder centralen Masse der ursprünglichen gleichartigen
Plasmaklümpchen entstand, so bildete sich die erste Zellhaut oder
Membran
an deren Oberfläche. Auch diesen einfachen, aber höchst
wichtigen Vorgang können wir, wie oben schon bemerkt, einfach phy-
sikalisch erklären, entweder durch einen chemischen Niederschlag oder
eine physikalische Verdichtung in der oberflächlichsten Rindenschicht,
oder durch eine Ausscheidung. Eine der ersten Anpassungsthätigkeiten,
welche die durch Urzeugung entstandenen Moneren ausübten, wird die
Verdichtung einer äußeren Rindenschicht gewesen sein, welche als
schützende Hülle das weichere Jnnere gegen die angreifenden Einflüsse
der Außenwelt abschloß. War aber erst durch Verdichtung der ho-
mogenen Moneren im Jnneren ein Zellkern, an der Oberfläche eine
Zellhaut entstanden, so waren damit alle die fundamentalen Formen
der Bausteine gegeben, aus denen durch Zusammensetzung sich erfah-
rungsgemäß der Körper sämmtlicher Organismen aufbaut.

Wie schon früher erwähnt wurde, beruht unser ganzes Verständniß
des Organismus wesentlich auf der von Schleiden und Schwann
vor dreißig Jahren aufgestellten Zellentheorie. Danach ist jeder Or-
ganismus entweder eine einfache Zelle oder eine Gemeinde, ein Staat von
eng verbundenen Zellen. Die gesammten Formen und Lebenserscheinun-
gen eines jeden Organismus sind das Gesammtresulrat der Formen und
Lebenserscheinungen aller einzelnen ihn zusammensetzenden Zellen. Durch
die neueren Fortschritte der Zellenlehre ist es nöthig geworden, die
Elementarorganismen, oder die organischen "Jndividuen erster Ord-
nung," welche man gewöhnlich als "Zellen" bezeichnet, mit dem
allgemeineren und passenderen Namen der Bildnerinnen oder
Plastiden
zu belegen. Wir unterscheiden unter diesen Bildnerinnen
zwei Hauptgruppen, nämlich Cytoden und echte Zellen. Die Cy-
toden
sind kernlose Plasmastücke, gleich den Moneren (S. 144,
Fig. 1). Die Zellen dagegen sind Plasmastücke, welche einen Kern

Zellentheorie und Plaſtidentheorie.
fangs weiter Nichts, als eine einfache Eizelle, ein einziges Schleim-
kluͤmpchen, worin ſich ein Kern befindet.

Ebenſo wie der Kern der organiſchen Zellen durch Sonderung
in der inneren oder centralen Maſſe der urſpruͤnglichen gleichartigen
Plasmakluͤmpchen entſtand, ſo bildete ſich die erſte Zellhaut oder
Membran
an deren Oberflaͤche. Auch dieſen einfachen, aber hoͤchſt
wichtigen Vorgang koͤnnen wir, wie oben ſchon bemerkt, einfach phy-
ſikaliſch erklaͤren, entweder durch einen chemiſchen Niederſchlag oder
eine phyſikaliſche Verdichtung in der oberflaͤchlichſten Rindenſchicht,
oder durch eine Ausſcheidung. Eine der erſten Anpaſſungsthaͤtigkeiten,
welche die durch Urzeugung entſtandenen Moneren ausuͤbten, wird die
Verdichtung einer aͤußeren Rindenſchicht geweſen ſein, welche als
ſchuͤtzende Huͤlle das weichere Jnnere gegen die angreifenden Einfluͤſſe
der Außenwelt abſchloß. War aber erſt durch Verdichtung der ho-
mogenen Moneren im Jnneren ein Zellkern, an der Oberflaͤche eine
Zellhaut entſtanden, ſo waren damit alle die fundamentalen Formen
der Bauſteine gegeben, aus denen durch Zuſammenſetzung ſich erfah-
rungsgemaͤß der Koͤrper ſaͤmmtlicher Organismen aufbaut.

Wie ſchon fruͤher erwaͤhnt wurde, beruht unſer ganzes Verſtaͤndniß
des Organismus weſentlich auf der von Schleiden und Schwann
vor dreißig Jahren aufgeſtellten Zellentheorie. Danach iſt jeder Or-
ganismus entweder eine einfache Zelle oder eine Gemeinde, ein Staat von
eng verbundenen Zellen. Die geſammten Formen und Lebenserſcheinun-
gen eines jeden Organismus ſind das Geſammtreſulrat der Formen und
Lebenserſcheinungen aller einzelnen ihn zuſammenſetzenden Zellen. Durch
die neueren Fortſchritte der Zellenlehre iſt es noͤthig geworden, die
Elementarorganismen, oder die organiſchen „Jndividuen erſter Ord-
nung,“ welche man gewoͤhnlich als „Zellen“ bezeichnet, mit dem
allgemeineren und paſſenderen Namen der Bildnerinnen oder
Plaſtiden
zu belegen. Wir unterſcheiden unter dieſen Bildnerinnen
zwei Hauptgruppen, naͤmlich Cytoden und echte Zellen. Die Cy-
toden
ſind kernloſe Plasmaſtuͤcke, gleich den Moneren (S. 144,
Fig. 1). Die Zellen dagegen ſind Plasmaſtuͤcke, welche einen Kern

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[285/0310] Zellentheorie und Plaſtidentheorie. fangs weiter Nichts, als eine einfache Eizelle, ein einziges Schleim- kluͤmpchen, worin ſich ein Kern befindet. Ebenſo wie der Kern der organiſchen Zellen durch Sonderung in der inneren oder centralen Maſſe der urſpruͤnglichen gleichartigen Plasmakluͤmpchen entſtand, ſo bildete ſich die erſte Zellhaut oder Membran an deren Oberflaͤche. Auch dieſen einfachen, aber hoͤchſt wichtigen Vorgang koͤnnen wir, wie oben ſchon bemerkt, einfach phy- ſikaliſch erklaͤren, entweder durch einen chemiſchen Niederſchlag oder eine phyſikaliſche Verdichtung in der oberflaͤchlichſten Rindenſchicht, oder durch eine Ausſcheidung. Eine der erſten Anpaſſungsthaͤtigkeiten, welche die durch Urzeugung entſtandenen Moneren ausuͤbten, wird die Verdichtung einer aͤußeren Rindenſchicht geweſen ſein, welche als ſchuͤtzende Huͤlle das weichere Jnnere gegen die angreifenden Einfluͤſſe der Außenwelt abſchloß. War aber erſt durch Verdichtung der ho- mogenen Moneren im Jnneren ein Zellkern, an der Oberflaͤche eine Zellhaut entſtanden, ſo waren damit alle die fundamentalen Formen der Bauſteine gegeben, aus denen durch Zuſammenſetzung ſich erfah- rungsgemaͤß der Koͤrper ſaͤmmtlicher Organismen aufbaut. Wie ſchon fruͤher erwaͤhnt wurde, beruht unſer ganzes Verſtaͤndniß des Organismus weſentlich auf der von Schleiden und Schwann vor dreißig Jahren aufgeſtellten Zellentheorie. Danach iſt jeder Or- ganismus entweder eine einfache Zelle oder eine Gemeinde, ein Staat von eng verbundenen Zellen. Die geſammten Formen und Lebenserſcheinun- gen eines jeden Organismus ſind das Geſammtreſulrat der Formen und Lebenserſcheinungen aller einzelnen ihn zuſammenſetzenden Zellen. Durch die neueren Fortſchritte der Zellenlehre iſt es noͤthig geworden, die Elementarorganismen, oder die organiſchen „Jndividuen erſter Ord- nung,“ welche man gewoͤhnlich als „Zellen“ bezeichnet, mit dem allgemeineren und paſſenderen Namen der Bildnerinnen oder Plaſtiden zu belegen. Wir unterſcheiden unter dieſen Bildnerinnen zwei Hauptgruppen, naͤmlich Cytoden und echte Zellen. Die Cy- toden ſind kernloſe Plasmaſtuͤcke, gleich den Moneren (S. 144, Fig. 1). Die Zellen dagegen ſind Plasmaſtuͤcke, welche einen Kern

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/310>, abgerufen am 25.11.2024.