Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Tausendfüßer (Myriapoden). Jnsecten (Hexapoden). wurme sehr ähnlich ist und oft mehrere hundert Beinpaare trägt.Aber auch sie hat sich ursprünglich aus einer sechsbeinigen Tracheaten- form entwickelt, wie die individuelle Entwickelung der Tausendfüßer im Eie deutlich beweist. Jhre Embryonen haben zuerst nur drei Beinpaare, gleich den echten Jnsecten, und erst später knospen Stück für Stück die folgenden Beinpaare aus den wuchernden Hinterleibs- ringen hervor. Von den beiden Ordnungen der Tausendfüßer (welche bei uns unter Baumrinden, im Mose u. s. w. leben), haben sich wahr- scheinlich die runden Doppelfüßer (Diplopoda) erst später aus den älteren platten Einfachfüßern (Chilopoda) entwickelt. Von den letz- teren finden sich fossile Reste zuerst im Jura vor. Die dritte und letzte Klasse unter den tracheenathmenden Arthro- Tauſendfuͤßer (Myriapoden). Jnſecten (Hexapoden). wurme ſehr aͤhnlich iſt und oft mehrere hundert Beinpaare traͤgt.Aber auch ſie hat ſich urſpruͤnglich aus einer ſechsbeinigen Tracheaten- form entwickelt, wie die individuelle Entwickelung der Tauſendfuͤßer im Eie deutlich beweiſt. Jhre Embryonen haben zuerſt nur drei Beinpaare, gleich den echten Jnſecten, und erſt ſpaͤter knospen Stuͤck fuͤr Stuͤck die folgenden Beinpaare aus den wuchernden Hinterleibs- ringen hervor. Von den beiden Ordnungen der Tauſendfuͤßer (welche bei uns unter Baumrinden, im Moſe u. ſ. w. leben), haben ſich wahr- ſcheinlich die runden Doppelfuͤßer (Diplopoda) erſt ſpaͤter aus den aͤlteren platten Einfachfuͤßern (Chilopoda) entwickelt. Von den letz- teren finden ſich foſſile Reſte zuerſt im Jura vor. Die dritte und letzte Klaſſe unter den tracheenathmenden Arthro- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0452" n="427"/><fw place="top" type="header">Tauſendfuͤßer (Myriapoden). Jnſecten (Hexapoden).</fw><lb/> wurme ſehr aͤhnlich iſt und oft mehrere hundert Beinpaare traͤgt.<lb/> Aber auch ſie hat ſich urſpruͤnglich aus einer ſechsbeinigen Tracheaten-<lb/> form entwickelt, wie die individuelle Entwickelung der Tauſendfuͤßer<lb/> im Eie deutlich beweiſt. Jhre Embryonen haben zuerſt nur drei<lb/> Beinpaare, gleich den echten Jnſecten, und erſt ſpaͤter knospen Stuͤck<lb/> fuͤr Stuͤck die folgenden Beinpaare aus den wuchernden Hinterleibs-<lb/> ringen hervor. Von den beiden Ordnungen der Tauſendfuͤßer (welche<lb/> bei uns unter Baumrinden, im Moſe u. ſ. w. leben), haben ſich wahr-<lb/> ſcheinlich die runden <hi rendition="#g">Doppelfuͤßer</hi> <hi rendition="#aq">(Diplopoda)</hi> erſt ſpaͤter aus den<lb/> aͤlteren platten <hi rendition="#g">Einfachfuͤßern</hi> <hi rendition="#aq">(Chilopoda)</hi> entwickelt. Von den letz-<lb/> teren finden ſich foſſile Reſte zuerſt im Jura vor.</p><lb/> <p>Die dritte und letzte Klaſſe unter den tracheenathmenden Arthro-<lb/> poden iſt die der <hi rendition="#g">Jnſecten</hi> (<hi rendition="#aq">Insecta</hi> oder <hi rendition="#aq">Hexapoda</hi>), die umfang-<lb/> reichſte von allen Thierklaſſen, und naͤchſt derjenigen der Saͤugethiere<lb/> auch die wichtigſte von allen. Trotzdem die Jnſecten eine groͤßere<lb/> Mannichfaltigkeit von Gattungen und Arten entwickeln, als die uͤbrigen<lb/> Thiere zuſammengenommen, ſind das alles doch im Grunde nur<lb/> oberflaͤchliche Variationen eines einzigen Themas, welches in ſeinen<lb/> weſentlichen Charakteren ſich ganz beſtaͤndig erhaͤlt. Bei allen Jn-<lb/> ſecten ſind die drei Abſchnitte des Rumpfes, Kopf, Bruſt und Hinter-<lb/> leib deutlich getrennt. Der <hi rendition="#g">Hinterleib</hi> oder das <hi rendition="#g">Abdomen</hi> traͤgt,<lb/> wie bei den Spinnen, gar keine gegliederten Anhaͤnge. Der mittlere<lb/> Abſchnitt, die <hi rendition="#g">Bruſt</hi> oder der <hi rendition="#g">Thorax</hi> traͤgt auf der Bauchſeite die<lb/><hi rendition="#g">drei Beinpaare,</hi> auf der Ruͤckenſeite urſpruͤnglich <hi rendition="#g">zwei Fluͤgel-<lb/> paare.</hi> Freilich ſind bei ſehr vielen Jnſecten eines oder beide<lb/> Fluͤgelpaare verkuͤmmert, oder ſelbſt ganz verſchwunden. Allein<lb/> die vergleichende Anatomie der Jnſecten zeigt uns deutlich, daß<lb/> dieſer Mangel erſt nachtraͤglich durch Verkuͤmmerung der Fluͤgel ent-<lb/> ſtanden iſt, und daß alle (oder doch die meiſten) jetzt lebenden<lb/> Jnſecten von einem gemeinſamen Stamminſect abſtammen, wel-<lb/> ches drei Beinpaare und zwei Fluͤgelpaare beſaß (Vergl. S. 233).<lb/> Dieſe Fluͤgel, welche die Jnſecten ſo auffallend vor den uͤbrigen Glied-<lb/> fuͤßern auszeichnen, entſtanden wahrſcheinlich aus den Tracheenkie-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [427/0452]
Tauſendfuͤßer (Myriapoden). Jnſecten (Hexapoden).
wurme ſehr aͤhnlich iſt und oft mehrere hundert Beinpaare traͤgt.
Aber auch ſie hat ſich urſpruͤnglich aus einer ſechsbeinigen Tracheaten-
form entwickelt, wie die individuelle Entwickelung der Tauſendfuͤßer
im Eie deutlich beweiſt. Jhre Embryonen haben zuerſt nur drei
Beinpaare, gleich den echten Jnſecten, und erſt ſpaͤter knospen Stuͤck
fuͤr Stuͤck die folgenden Beinpaare aus den wuchernden Hinterleibs-
ringen hervor. Von den beiden Ordnungen der Tauſendfuͤßer (welche
bei uns unter Baumrinden, im Moſe u. ſ. w. leben), haben ſich wahr-
ſcheinlich die runden Doppelfuͤßer (Diplopoda) erſt ſpaͤter aus den
aͤlteren platten Einfachfuͤßern (Chilopoda) entwickelt. Von den letz-
teren finden ſich foſſile Reſte zuerſt im Jura vor.
Die dritte und letzte Klaſſe unter den tracheenathmenden Arthro-
poden iſt die der Jnſecten (Insecta oder Hexapoda), die umfang-
reichſte von allen Thierklaſſen, und naͤchſt derjenigen der Saͤugethiere
auch die wichtigſte von allen. Trotzdem die Jnſecten eine groͤßere
Mannichfaltigkeit von Gattungen und Arten entwickeln, als die uͤbrigen
Thiere zuſammengenommen, ſind das alles doch im Grunde nur
oberflaͤchliche Variationen eines einzigen Themas, welches in ſeinen
weſentlichen Charakteren ſich ganz beſtaͤndig erhaͤlt. Bei allen Jn-
ſecten ſind die drei Abſchnitte des Rumpfes, Kopf, Bruſt und Hinter-
leib deutlich getrennt. Der Hinterleib oder das Abdomen traͤgt,
wie bei den Spinnen, gar keine gegliederten Anhaͤnge. Der mittlere
Abſchnitt, die Bruſt oder der Thorax traͤgt auf der Bauchſeite die
drei Beinpaare, auf der Ruͤckenſeite urſpruͤnglich zwei Fluͤgel-
paare. Freilich ſind bei ſehr vielen Jnſecten eines oder beide
Fluͤgelpaare verkuͤmmert, oder ſelbſt ganz verſchwunden. Allein
die vergleichende Anatomie der Jnſecten zeigt uns deutlich, daß
dieſer Mangel erſt nachtraͤglich durch Verkuͤmmerung der Fluͤgel ent-
ſtanden iſt, und daß alle (oder doch die meiſten) jetzt lebenden
Jnſecten von einem gemeinſamen Stamminſect abſtammen, wel-
ches drei Beinpaare und zwei Fluͤgelpaare beſaß (Vergl. S. 233).
Dieſe Fluͤgel, welche die Jnſecten ſo auffallend vor den uͤbrigen Glied-
fuͤßern auszeichnen, entſtanden wahrſcheinlich aus den Tracheenkie-
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