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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Lurchfische (Dipneusten). Lurche (Amphibien).
noch das andere, und werden wohl am richtigsten als eine besondere
Wirbelthierklasse aufgefaßt, welche den Uebergang zwischen jenen bei-
den Klassen vermittelt. Die heute noch lebenden Dipneusten sind wahr-
scheinlich die letzten überlebenden Reste einer vormals formenreichen
Gruppe, welche aber wegen Mangels fester Skelettheile keine verstei-
nerten Spuren hinterlassen konnte. Sie verhalten sich in dieser Be-
ziehung ganz ähnlich den Monorrhinen und den Leptocardiern, mit
denen sie gewöhnlich zu den Fischen gerechnet werden. Wahrschein-
lich sind ausgestorbene Dipneusten der paläolithischen Periode, welche
sich entweder in antedevonischer oder in devonischer oder in antecarbo-
nischer Zeit aus Urfischen entwickelt hatten, die Stammformen der
Amphibien, und somit auch aller höheren Wirbelthiere. Mindestens
werden die unbekannten Uebergangsformen von den Urfischen zu den
Amphibien, welche wir als Stammgruppe der letzteren zu betrachten
haben, den Dipneusten wohl sehr ähnlich gewesen sein.

Die Lurche (Amphibia) sind jedenfalls von den Urfischen oder
Selachiern abzuleiten, entweder direct oder durch Vermittlung der
Lurchfische. Wir theilen diese Klasse in zwei Unterklassen ein, in die
Panzerlurche und Nacktlurche, von denen die ersteren durch die Be-
deckung des Körpers mit Knochentafeln oder Schuppen ausgezeichnet
sind. Die älteren von diesen sind die Panzerlurche (Phractam-
phibia),
die ältesten landbewohnenden Wirbelthiere, von denen uns
fossile Reste erhalten sind. Wohlerhaltene Versteinerungen derselben
finden sich schon in der Steinkohle vor, nämlich die den Fischen noch
am nächsten stehenden Schmelzköpfe (Ganocephala), der Arche-
gosaurus von Saarbrücken, und das Dendrerpeton aus Nordame-
rika. Auf diese folgen dann später die riesigen Wickelzähner (La-
byrinthodonta),
schon im permischen System durch Zygosaurus,
später aber vorzüglich in der Trias durch Mastodonsaurus, Tremato-
saurus, Kapitosaurus u. s. w. vertreten. Diese furchtbaren Raub-
thiere scheinen in der Körperform zwischen den Krokodilen, Salaman-
dern und Fröschen in der Mitte gestanden zu haben, waren aber den
beiden letzteren mehr durch ihren inneren Bau verwandt, während sie

Lurchfiſche (Dipneuſten). Lurche (Amphibien).
noch das andere, und werden wohl am richtigſten als eine beſondere
Wirbelthierklaſſe aufgefaßt, welche den Uebergang zwiſchen jenen bei-
den Klaſſen vermittelt. Die heute noch lebenden Dipneuſten ſind wahr-
ſcheinlich die letzten uͤberlebenden Reſte einer vormals formenreichen
Gruppe, welche aber wegen Mangels feſter Skelettheile keine verſtei-
nerten Spuren hinterlaſſen konnte. Sie verhalten ſich in dieſer Be-
ziehung ganz aͤhnlich den Monorrhinen und den Leptocardiern, mit
denen ſie gewoͤhnlich zu den Fiſchen gerechnet werden. Wahrſchein-
lich ſind ausgeſtorbene Dipneuſten der palaͤolithiſchen Periode, welche
ſich entweder in antedevoniſcher oder in devoniſcher oder in antecarbo-
niſcher Zeit aus Urfiſchen entwickelt hatten, die Stammformen der
Amphibien, und ſomit auch aller hoͤheren Wirbelthiere. Mindeſtens
werden die unbekannten Uebergangsformen von den Urfiſchen zu den
Amphibien, welche wir als Stammgruppe der letzteren zu betrachten
haben, den Dipneuſten wohl ſehr aͤhnlich geweſen ſein.

Die Lurche (Amphibia) ſind jedenfalls von den Urfiſchen oder
Selachiern abzuleiten, entweder direct oder durch Vermittlung der
Lurchfiſche. Wir theilen dieſe Klaſſe in zwei Unterklaſſen ein, in die
Panzerlurche und Nacktlurche, von denen die erſteren durch die Be-
deckung des Koͤrpers mit Knochentafeln oder Schuppen ausgezeichnet
ſind. Die aͤlteren von dieſen ſind die Panzerlurche (Phractam-
phibia),
die aͤlteſten landbewohnenden Wirbelthiere, von denen uns
foſſile Reſte erhalten ſind. Wohlerhaltene Verſteinerungen derſelben
finden ſich ſchon in der Steinkohle vor, naͤmlich die den Fiſchen noch
am naͤchſten ſtehenden Schmelzkoͤpfe (Ganocephala), der Arche-
goſaurus von Saarbruͤcken, und das Dendrerpeton aus Nordame-
rika. Auf dieſe folgen dann ſpaͤter die rieſigen Wickelzaͤhner (La-
byrinthodonta),
ſchon im permiſchen Syſtem durch Zygoſaurus,
ſpaͤter aber vorzuͤglich in der Trias durch Maſtodonſaurus, Tremato-
ſaurus, Kapitoſaurus u. ſ. w. vertreten. Dieſe furchtbaren Raub-
thiere ſcheinen in der Koͤrperform zwiſchen den Krokodilen, Salaman-
dern und Froͤſchen in der Mitte geſtanden zu haben, waren aber den
beiden letzteren mehr durch ihren inneren Bau verwandt, waͤhrend ſie

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[448/0473] Lurchfiſche (Dipneuſten). Lurche (Amphibien). noch das andere, und werden wohl am richtigſten als eine beſondere Wirbelthierklaſſe aufgefaßt, welche den Uebergang zwiſchen jenen bei- den Klaſſen vermittelt. Die heute noch lebenden Dipneuſten ſind wahr- ſcheinlich die letzten uͤberlebenden Reſte einer vormals formenreichen Gruppe, welche aber wegen Mangels feſter Skelettheile keine verſtei- nerten Spuren hinterlaſſen konnte. Sie verhalten ſich in dieſer Be- ziehung ganz aͤhnlich den Monorrhinen und den Leptocardiern, mit denen ſie gewoͤhnlich zu den Fiſchen gerechnet werden. Wahrſchein- lich ſind ausgeſtorbene Dipneuſten der palaͤolithiſchen Periode, welche ſich entweder in antedevoniſcher oder in devoniſcher oder in antecarbo- niſcher Zeit aus Urfiſchen entwickelt hatten, die Stammformen der Amphibien, und ſomit auch aller hoͤheren Wirbelthiere. Mindeſtens werden die unbekannten Uebergangsformen von den Urfiſchen zu den Amphibien, welche wir als Stammgruppe der letzteren zu betrachten haben, den Dipneuſten wohl ſehr aͤhnlich geweſen ſein. Die Lurche (Amphibia) ſind jedenfalls von den Urfiſchen oder Selachiern abzuleiten, entweder direct oder durch Vermittlung der Lurchfiſche. Wir theilen dieſe Klaſſe in zwei Unterklaſſen ein, in die Panzerlurche und Nacktlurche, von denen die erſteren durch die Be- deckung des Koͤrpers mit Knochentafeln oder Schuppen ausgezeichnet ſind. Die aͤlteren von dieſen ſind die Panzerlurche (Phractam- phibia), die aͤlteſten landbewohnenden Wirbelthiere, von denen uns foſſile Reſte erhalten ſind. Wohlerhaltene Verſteinerungen derſelben finden ſich ſchon in der Steinkohle vor, naͤmlich die den Fiſchen noch am naͤchſten ſtehenden Schmelzkoͤpfe (Ganocephala), der Arche- goſaurus von Saarbruͤcken, und das Dendrerpeton aus Nordame- rika. Auf dieſe folgen dann ſpaͤter die rieſigen Wickelzaͤhner (La- byrinthodonta), ſchon im permiſchen Syſtem durch Zygoſaurus, ſpaͤter aber vorzuͤglich in der Trias durch Maſtodonſaurus, Tremato- ſaurus, Kapitoſaurus u. ſ. w. vertreten. Dieſe furchtbaren Raub- thiere ſcheinen in der Koͤrperform zwiſchen den Krokodilen, Salaman- dern und Froͤſchen in der Mitte geſtanden zu haben, waren aber den beiden letzteren mehr durch ihren inneren Bau verwandt, waͤhrend ſie

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/473>, abgerufen am 24.11.2024.