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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Kloakenthiere (Monotremen) oder Brustlose (Amasten).
der Ordnung der Schnabelthiere (Monotrema) zusammenfaßt,
sind offenbar die letzten überlebenden Reste einer vormals formenrei-
chen Thiergruppe, welche in der älteren Secundärzeit allein die Säu-
gethierklasse vertrat, und aus der sich erst später, wahrscheinlich in der
Jurazeit, die zweite Unterklasse, die Didelphien entwickelten. Leider
sind uns von dieser ältesten Stammgruppe der Säugethiere, welche
wir als Stammsäuger (Promammalia) bezeichnen wollen, bis
jetzt noch keine fossilen Reste mit voller Sicherheit bekannt. Doch ge-
hören dazu möglicherweise die ältesten bekannten von allen versteiner-
ten Säugethierresten, nämlich der Microlestes antiquus, von dem
man bis jetzt allerdings nur einige kleine Backzähne kennt. Diese sind
in den obersten Schichten der Trias, im Keuper, und zwar zuerst
(1847) in Deutschland (bei Degerloch unweit Stuttgart), später auch
(1858) in England (bei Frome) gefunden worden. Aehnliche Zähne
sind neuerdings auch in der nordamerikanischen Trias gefunden und
als Dromatherium sylvestre beschrieben. Diese merkwürdigen Zähne,
aus deren charakteristischer Form man auf ein insectenfressendes Säuge-
thier schließen kann, sind die einzigen Reste von Säugethieren, welche
man bis jetzt in den älteren Tertiärschichten, in der Trias gefunden
hat. Vielleicht gehörten aber außer diesen auch noch manche andere,
im Jura und der Kreide gefundene Säugethierzähne, welche jetzt ge-
wöhnlich Beutelthieren zugeschrieben werden, eigentlich Kloakenthieren
an. Bei dem Mangel der charakteristischen Weichtheile läßt sich dies
nicht sicher entscheiden. Jedenfalls müssen dem Auftreten der Beutel-
thiere zahlreiche, mit entwickeltem Gebiß und mit einer Kloake versehene
Gabelthiere vorangegangen sein.

Die Bezeichnung: "Kloakenthiere" (Monotrema) im weiteren
Sinne haben die Ornithodelphien wegen der Kloake erhalten, durch
deren Besitz sie sich von allen übrigen Säugethieren unterscheiden, und
dagegen mit den Vögeln, Reptilien, Amphibien, überhaupt mit den
niederen Wirbelthieren übereinstimmen. Die Kloakenbildung besteht
darin, daß der letzte Abschnitt des Darmkanals die Mündungen des
Urogenitalapparats, d. h. der vereinigten Harn- und Geschlechtsorgane

Kloakenthiere (Monotremen) oder Bruſtloſe (Amaſten).
der Ordnung der Schnabelthiere (Monotrema) zuſammenfaßt,
ſind offenbar die letzten uͤberlebenden Reſte einer vormals formenrei-
chen Thiergruppe, welche in der aͤlteren Secundaͤrzeit allein die Saͤu-
gethierklaſſe vertrat, und aus der ſich erſt ſpaͤter, wahrſcheinlich in der
Jurazeit, die zweite Unterklaſſe, die Didelphien entwickelten. Leider
ſind uns von dieſer aͤlteſten Stammgruppe der Saͤugethiere, welche
wir als Stammſaͤuger (Promammalia) bezeichnen wollen, bis
jetzt noch keine foſſilen Reſte mit voller Sicherheit bekannt. Doch ge-
hoͤren dazu moͤglicherweiſe die aͤlteſten bekannten von allen verſteiner-
ten Saͤugethierreſten, naͤmlich der Microlestes antiquus, von dem
man bis jetzt allerdings nur einige kleine Backzaͤhne kennt. Dieſe ſind
in den oberſten Schichten der Trias, im Keuper, und zwar zuerſt
(1847) in Deutſchland (bei Degerloch unweit Stuttgart), ſpaͤter auch
(1858) in England (bei Frome) gefunden worden. Aehnliche Zaͤhne
ſind neuerdings auch in der nordamerikaniſchen Trias gefunden und
als Dromatherium sylvestre beſchrieben. Dieſe merkwuͤrdigen Zaͤhne,
aus deren charakteriſtiſcher Form man auf ein inſectenfreſſendes Saͤuge-
thier ſchließen kann, ſind die einzigen Reſte von Saͤugethieren, welche
man bis jetzt in den aͤlteren Tertiaͤrſchichten, in der Trias gefunden
hat. Vielleicht gehoͤrten aber außer dieſen auch noch manche andere,
im Jura und der Kreide gefundene Saͤugethierzaͤhne, welche jetzt ge-
woͤhnlich Beutelthieren zugeſchrieben werden, eigentlich Kloakenthieren
an. Bei dem Mangel der charakteriſtiſchen Weichtheile laͤßt ſich dies
nicht ſicher entſcheiden. Jedenfalls muͤſſen dem Auftreten der Beutel-
thiere zahlreiche, mit entwickeltem Gebiß und mit einer Kloake verſehene
Gabelthiere vorangegangen ſein.

Die Bezeichnung: „Kloakenthiere(Monotrema) im weiteren
Sinne haben die Ornithodelphien wegen der Kloake erhalten, durch
deren Beſitz ſie ſich von allen uͤbrigen Saͤugethieren unterſcheiden, und
dagegen mit den Voͤgeln, Reptilien, Amphibien, uͤberhaupt mit den
niederen Wirbelthieren uͤbereinſtimmen. Die Kloakenbildung beſteht
darin, daß der letzte Abſchnitt des Darmkanals die Muͤndungen des
Urogenitalapparats, d. h. der vereinigten Harn- und Geſchlechtsorgane

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[462/0487] Kloakenthiere (Monotremen) oder Bruſtloſe (Amaſten). der Ordnung der Schnabelthiere (Monotrema) zuſammenfaßt, ſind offenbar die letzten uͤberlebenden Reſte einer vormals formenrei- chen Thiergruppe, welche in der aͤlteren Secundaͤrzeit allein die Saͤu- gethierklaſſe vertrat, und aus der ſich erſt ſpaͤter, wahrſcheinlich in der Jurazeit, die zweite Unterklaſſe, die Didelphien entwickelten. Leider ſind uns von dieſer aͤlteſten Stammgruppe der Saͤugethiere, welche wir als Stammſaͤuger (Promammalia) bezeichnen wollen, bis jetzt noch keine foſſilen Reſte mit voller Sicherheit bekannt. Doch ge- hoͤren dazu moͤglicherweiſe die aͤlteſten bekannten von allen verſteiner- ten Saͤugethierreſten, naͤmlich der Microlestes antiquus, von dem man bis jetzt allerdings nur einige kleine Backzaͤhne kennt. Dieſe ſind in den oberſten Schichten der Trias, im Keuper, und zwar zuerſt (1847) in Deutſchland (bei Degerloch unweit Stuttgart), ſpaͤter auch (1858) in England (bei Frome) gefunden worden. Aehnliche Zaͤhne ſind neuerdings auch in der nordamerikaniſchen Trias gefunden und als Dromatherium sylvestre beſchrieben. Dieſe merkwuͤrdigen Zaͤhne, aus deren charakteriſtiſcher Form man auf ein inſectenfreſſendes Saͤuge- thier ſchließen kann, ſind die einzigen Reſte von Saͤugethieren, welche man bis jetzt in den aͤlteren Tertiaͤrſchichten, in der Trias gefunden hat. Vielleicht gehoͤrten aber außer dieſen auch noch manche andere, im Jura und der Kreide gefundene Saͤugethierzaͤhne, welche jetzt ge- woͤhnlich Beutelthieren zugeſchrieben werden, eigentlich Kloakenthieren an. Bei dem Mangel der charakteriſtiſchen Weichtheile laͤßt ſich dies nicht ſicher entſcheiden. Jedenfalls muͤſſen dem Auftreten der Beutel- thiere zahlreiche, mit entwickeltem Gebiß und mit einer Kloake verſehene Gabelthiere vorangegangen ſein. Die Bezeichnung: „Kloakenthiere“ (Monotrema) im weiteren Sinne haben die Ornithodelphien wegen der Kloake erhalten, durch deren Beſitz ſie ſich von allen uͤbrigen Saͤugethieren unterſcheiden, und dagegen mit den Voͤgeln, Reptilien, Amphibien, uͤberhaupt mit den niederen Wirbelthieren uͤbereinſtimmen. Die Kloakenbildung beſteht darin, daß der letzte Abſchnitt des Darmkanals die Muͤndungen des Urogenitalapparats, d. h. der vereinigten Harn- und Geſchlechtsorgane

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/487>, abgerufen am 24.11.2024.