Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Pflanzenfressende Beutelthiere. Schiefer gehören der Bathformation oder dem unteren Oolith an, der-jenigen Schichtengruppe, welche unmittelbar über dem Lias, der ältesten Jurabildung liegt (Vergl. S. 307). Allerdings bestehen die Beutelthierreste, welche in den Schiefern von Stonesfield gefunden wurden, und ebenso diejenigen, welche man später in den Purbeckschich- ten fand, nur aus Unterkiefern (Vergl. S. 311). Allein glücklicherweise gehört gerade der Unterkiefer zu den am meisten charakteristischen Skelettheilen der Beutelthiere. Er zeichnet sich nämlich durch einen hakenförmigen Fortsatz des nach unten und hinten gekehrten Unter- kieferwinkels aus, welcher weder den Placentalthieren noch den (heute lebenden) Schnabelthieren zukömmt, und wir können aus der An- wesenheit dieses Fortsatzes an den Unterkiefern von Stonesfield schlie- ßen, daß sie Beutelthieren angehört haben. Von den pflanzenfressenden Beutelthieren (Botano- Pflanzenfreſſende Beutelthiere. Schiefer gehoͤren der Bathformation oder dem unteren Oolith an, der-jenigen Schichtengruppe, welche unmittelbar uͤber dem Lias, der aͤlteſten Jurabildung liegt (Vergl. S. 307). Allerdings beſtehen die Beutelthierreſte, welche in den Schiefern von Stonesfield gefunden wurden, und ebenſo diejenigen, welche man ſpaͤter in den Purbeckſchich- ten fand, nur aus Unterkiefern (Vergl. S. 311). Allein gluͤcklicherweiſe gehoͤrt gerade der Unterkiefer zu den am meiſten charakteriſtiſchen Skelettheilen der Beutelthiere. Er zeichnet ſich naͤmlich durch einen hakenfoͤrmigen Fortſatz des nach unten und hinten gekehrten Unter- kieferwinkels aus, welcher weder den Placentalthieren noch den (heute lebenden) Schnabelthieren zukoͤmmt, und wir koͤnnen aus der An- weſenheit dieſes Fortſatzes an den Unterkiefern von Stonesfield ſchlie- ßen, daß ſie Beutelthieren angehoͤrt haben. Von den pflanzenfreſſenden Beutelthieren (Botano- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0491" n="466"/><fw place="top" type="header">Pflanzenfreſſende Beutelthiere.</fw><lb/> Schiefer gehoͤren der Bathformation oder dem unteren Oolith an, der-<lb/> jenigen Schichtengruppe, welche unmittelbar uͤber dem Lias, der<lb/> aͤlteſten Jurabildung liegt (Vergl. S. 307). Allerdings beſtehen die<lb/> Beutelthierreſte, welche in den Schiefern von Stonesfield gefunden<lb/> wurden, und ebenſo diejenigen, welche man ſpaͤter in den Purbeckſchich-<lb/> ten fand, nur aus Unterkiefern (Vergl. S. 311). Allein gluͤcklicherweiſe<lb/> gehoͤrt gerade der Unterkiefer zu den am meiſten charakteriſtiſchen<lb/> Skelettheilen der Beutelthiere. Er zeichnet ſich naͤmlich durch einen<lb/> hakenfoͤrmigen Fortſatz des nach unten und hinten gekehrten Unter-<lb/> kieferwinkels aus, welcher weder den Placentalthieren noch den (heute<lb/> lebenden) Schnabelthieren zukoͤmmt, und wir koͤnnen aus der An-<lb/> weſenheit dieſes Fortſatzes an den Unterkiefern von Stonesfield ſchlie-<lb/> ßen, daß ſie Beutelthieren angehoͤrt haben.</p><lb/> <p>Von den <hi rendition="#g">pflanzenfreſſenden Beutelthieren</hi> <hi rendition="#aq">(Botano-<lb/> phaga)</hi> kennt man bis jetzt aus dem Jura nur zwei Verſteinerungen,<lb/> naͤmlich den <hi rendition="#aq">Stereognathus oolithicus</hi> aus den Schiefern von Sto-<lb/> nesfield (unterer Oolith) und den <hi rendition="#aq">Plagiaulax Becklesii</hi> aus den<lb/> mittleren Purbeckſchichten (oberer Oolith). Dagegen finden ſich in<lb/> Neuholland rieſige verſteinerte Reſte von ausgeſtorbenen Beutelthieren<lb/> der Diluvialzeit (<hi rendition="#aq">Diprotodon</hi> und <hi rendition="#aq">Nototherium</hi>), welche weit groͤßer<lb/> als die groͤßten noch lebenden Marſupialien waren. <hi rendition="#aq">Diprotodon<lb/> australis,</hi> deſſen Schaͤdel allein drei Fuß lang iſt, uͤbertraf das Fluß-<lb/> pferd oder den Hippopotamus, dem es im Ganzen an ſchwerfaͤlligem<lb/> und plumpem Koͤrperbau glich, noch an Groͤße. Man kann dieſe<lb/> ausgeſtorbene Gruppe, welche wahrſcheinlich den rieſigen placentalen<lb/> Hufthieren der Gegenwart, den Flußpferden und Rhinoceros, entſpricht,<lb/> wohl als <hi rendition="#g">Hufbeutler</hi> <hi rendition="#aq">(Barypoda)</hi> bezeichnen. Dieſen ſehr nahe<lb/> ſteht die Ordnung der Kaͤnguruhs oder <hi rendition="#g">Springbeutler</hi> <hi rendition="#aq">(Macro-<lb/> poda),</hi> die Sie alle aus den zoologiſchen Gaͤrten kennen. Sie ent-<lb/> ſprechen durch die ſehr verkuͤrzten Vorderbeine, die ſehr verlaͤngerten<lb/> Hinterbeine und den ſehr ſtarken Schwanz, der als Springſtange<lb/> dient, den Springmaͤuſen unter den Nagethieren. Durch ihr Gebiß<lb/> erinnern ſie dagegen an die Pferde, und durch ihre zuſammengeſetzte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [466/0491]
Pflanzenfreſſende Beutelthiere.
Schiefer gehoͤren der Bathformation oder dem unteren Oolith an, der-
jenigen Schichtengruppe, welche unmittelbar uͤber dem Lias, der
aͤlteſten Jurabildung liegt (Vergl. S. 307). Allerdings beſtehen die
Beutelthierreſte, welche in den Schiefern von Stonesfield gefunden
wurden, und ebenſo diejenigen, welche man ſpaͤter in den Purbeckſchich-
ten fand, nur aus Unterkiefern (Vergl. S. 311). Allein gluͤcklicherweiſe
gehoͤrt gerade der Unterkiefer zu den am meiſten charakteriſtiſchen
Skelettheilen der Beutelthiere. Er zeichnet ſich naͤmlich durch einen
hakenfoͤrmigen Fortſatz des nach unten und hinten gekehrten Unter-
kieferwinkels aus, welcher weder den Placentalthieren noch den (heute
lebenden) Schnabelthieren zukoͤmmt, und wir koͤnnen aus der An-
weſenheit dieſes Fortſatzes an den Unterkiefern von Stonesfield ſchlie-
ßen, daß ſie Beutelthieren angehoͤrt haben.
Von den pflanzenfreſſenden Beutelthieren (Botano-
phaga) kennt man bis jetzt aus dem Jura nur zwei Verſteinerungen,
naͤmlich den Stereognathus oolithicus aus den Schiefern von Sto-
nesfield (unterer Oolith) und den Plagiaulax Becklesii aus den
mittleren Purbeckſchichten (oberer Oolith). Dagegen finden ſich in
Neuholland rieſige verſteinerte Reſte von ausgeſtorbenen Beutelthieren
der Diluvialzeit (Diprotodon und Nototherium), welche weit groͤßer
als die groͤßten noch lebenden Marſupialien waren. Diprotodon
australis, deſſen Schaͤdel allein drei Fuß lang iſt, uͤbertraf das Fluß-
pferd oder den Hippopotamus, dem es im Ganzen an ſchwerfaͤlligem
und plumpem Koͤrperbau glich, noch an Groͤße. Man kann dieſe
ausgeſtorbene Gruppe, welche wahrſcheinlich den rieſigen placentalen
Hufthieren der Gegenwart, den Flußpferden und Rhinoceros, entſpricht,
wohl als Hufbeutler (Barypoda) bezeichnen. Dieſen ſehr nahe
ſteht die Ordnung der Kaͤnguruhs oder Springbeutler (Macro-
poda), die Sie alle aus den zoologiſchen Gaͤrten kennen. Sie ent-
ſprechen durch die ſehr verkuͤrzten Vorderbeine, die ſehr verlaͤngerten
Hinterbeine und den ſehr ſtarken Schwanz, der als Springſtange
dient, den Springmaͤuſen unter den Nagethieren. Durch ihr Gebiß
erinnern ſie dagegen an die Pferde, und durch ihre zuſammengeſetzte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |