Am Schlusse des neunzehnten Jahrhunderts, vor dem wir heute stehen, bietet sich dem denkenden Beobachter eines der merkwürdigsten Schauspiele. Alle Gebildeten sind darüber einig, daß dasselbe in vieler Beziehung alle seine Vorgänger unendlich überflügelt und Aufgaben gelöst hat, welche in seinem Anfange unlösbar erschienen. Nicht nur die überraschenden theoretischen Fortschritte in der wirklichen Natur-Erkenntniß, sondern auch deren erstaunlich fruchtbare praktische Verwerthung in Technik, Industrie, Verkehr u. s. w. haben unserem ganzen modernen Kulturleben ein völlig neues Gepräge gegeben. Auf der anderen Seite haben wir aber auf wichtigen Gebieten des geistigen Lebens und der Gesellschafts-Beziehungen wenige oder gar keine Fortschritte gegen frühere Jahrhunderte aufzuweisen, oft sogar leider bedenkliche Rückschritte. Aus diesem offenkundigen Kon- flikte entspringt nicht nur ein unbehagliches Gefühl innerer Zer- rissenheit und Unwahrheit, sondern auch die Gefahr schwerer Katastrophen auf politischem und socialem Gebiete. Es erscheint daher nicht nur als das gute Recht, sondern auch als die heilige Pflicht jedes ehrlichen und von Menschenliebe beseelten Forschers, nach bestem Gewissen zur Lösung jenes Konfliktes und zur Vermeidung der daraus entspringenden Gefahren beizutragen. Dies kann aber nach unserer Ueberzeugung nur durch muthiges
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Am Schluſſe des neunzehnten Jahrhunderts, vor dem wir heute ſtehen, bietet ſich dem denkenden Beobachter eines der merkwürdigſten Schauſpiele. Alle Gebildeten ſind darüber einig, daß dasſelbe in vieler Beziehung alle ſeine Vorgänger unendlich überflügelt und Aufgaben gelöſt hat, welche in ſeinem Anfange unlösbar erſchienen. Nicht nur die überraſchenden theoretiſchen Fortſchritte in der wirklichen Natur-Erkenntniß, ſondern auch deren erſtaunlich fruchtbare praktiſche Verwerthung in Technik, Induſtrie, Verkehr u. ſ. w. haben unſerem ganzen modernen Kulturleben ein völlig neues Gepräge gegeben. Auf der anderen Seite haben wir aber auf wichtigen Gebieten des geiſtigen Lebens und der Geſellſchafts-Beziehungen wenige oder gar keine Fortſchritte gegen frühere Jahrhunderte aufzuweiſen, oft ſogar leider bedenkliche Rückſchritte. Aus dieſem offenkundigen Kon- flikte entſpringt nicht nur ein unbehagliches Gefühl innerer Zer- riſſenheit und Unwahrheit, ſondern auch die Gefahr ſchwerer Kataſtrophen auf politiſchem und ſocialem Gebiete. Es erſcheint daher nicht nur als das gute Recht, ſondern auch als die heilige Pflicht jedes ehrlichen und von Menſchenliebe beſeelten Forſchers, nach beſtem Gewiſſen zur Löſung jenes Konfliktes und zur Vermeidung der daraus entſpringenden Gefahren beizutragen. Dies kann aber nach unſerer Ueberzeugung nur durch muthiges
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Am Schluſſe des neunzehnten Jahrhunderts, vor dem wir
heute ſtehen, bietet ſich dem denkenden Beobachter eines der
merkwürdigſten Schauſpiele. Alle Gebildeten ſind darüber einig,
daß dasſelbe in vieler Beziehung alle ſeine Vorgänger unendlich
überflügelt und Aufgaben gelöſt hat, welche in ſeinem Anfange
unlösbar erſchienen. Nicht nur die überraſchenden theoretiſchen
Fortſchritte in der wirklichen Natur-Erkenntniß, ſondern auch
deren erſtaunlich fruchtbare praktiſche Verwerthung in Technik,
Induſtrie, Verkehr u. ſ. w. haben unſerem ganzen modernen
Kulturleben ein völlig neues Gepräge gegeben. Auf der anderen
Seite haben wir aber auf wichtigen Gebieten des geiſtigen
Lebens und der Geſellſchafts-Beziehungen wenige oder gar keine
Fortſchritte gegen frühere Jahrhunderte aufzuweiſen, oft ſogar
leider bedenkliche Rückſchritte. Aus dieſem offenkundigen Kon-
flikte entſpringt nicht nur ein unbehagliches Gefühl innerer Zer-
riſſenheit und Unwahrheit, ſondern auch die Gefahr ſchwerer
Kataſtrophen auf politiſchem und ſocialem Gebiete. Es erſcheint
daher nicht nur als das gute Recht, ſondern auch als die
heilige Pflicht jedes ehrlichen und von Menſchenliebe beſeelten
Forſchers, nach beſtem Gewiſſen zur Löſung jenes Konfliktes und
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Dies kann aber nach unſerer Ueberzeugung nur durch muthiges
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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/19>, abgerufen am 21.11.2024.
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