Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Geschichte der Organismen. XIII. Nebelringe ab, welche sich allmählich zu selbständigen Weltkörpernverdichteten. Aus dem gasförmigen Nebelball wurde durch Ab- kühlung der gluthflüssige Erdball, und weiterhin entstand an dessen Oberfläche durch fortschreitende Wärme-Ausstrahlung die dünne feste Rinde, welche wir bewohnen. Erst nachdem die Temperatur an der Oberfläche bis zu einem gewissen Grade gesunken war, konnte sich aus der umgebenden Dampfhülle das erste tropfbar-flüssige Wasser niederschlagen, und damit war die wichtigste Vorbedingung für die Entstehung des organischen Lebens gegeben. Viele Millionen Jahre -- jedenfalls mehr als hundert! -- sind verflossen, seitdem dieser bedeutungsvolle Vor- gang, der der Wasserbildung, eintrat und damit die Einleitung zum dritten Hauptabschnitt der Kosmogenie, zur Biogenie. III. Monistische Biogenie. Der dritte Hauptabschnitt Geſchichte der Organismen. XIII. Nebelringe ab, welche ſich allmählich zu ſelbſtändigen Weltkörpernverdichteten. Aus dem gasförmigen Nebelball wurde durch Ab- kühlung der gluthflüſſige Erdball, und weiterhin entſtand an deſſen Oberfläche durch fortſchreitende Wärme-Ausſtrahlung die dünne feſte Rinde, welche wir bewohnen. Erſt nachdem die Temperatur an der Oberfläche bis zu einem gewiſſen Grade geſunken war, konnte ſich aus der umgebenden Dampfhülle das erſte tropfbar-flüſſige Waſſer niederſchlagen, und damit war die wichtigſte Vorbedingung für die Entſtehung des organiſchen Lebens gegeben. Viele Millionen Jahre — jedenfalls mehr als hundert! — ſind verfloſſen, ſeitdem dieſer bedeutungsvolle Vor- gang, der der Waſſerbildung, eintrat und damit die Einleitung zum dritten Hauptabſchnitt der Kosmogenie, zur Biogenie. III. Moniſtiſche Biogenie. Der dritte Hauptabſchnitt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0306" n="290"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Organismen. <hi rendition="#aq">XIII.</hi></fw><lb/> Nebelringe ab, welche ſich allmählich zu ſelbſtändigen Weltkörpern<lb/> verdichteten. Aus dem gasförmigen Nebelball wurde durch Ab-<lb/> kühlung der gluthflüſſige Erdball, und weiterhin entſtand an<lb/> deſſen Oberfläche durch fortſchreitende Wärme-Ausſtrahlung die<lb/> dünne feſte <hi rendition="#g">Rinde</hi>, welche wir bewohnen. Erſt nachdem die<lb/> Temperatur an der Oberfläche bis zu einem gewiſſen Grade<lb/> geſunken war, konnte ſich aus der umgebenden Dampfhülle das<lb/> erſte tropfbar-flüſſige Waſſer niederſchlagen, und damit war die<lb/> wichtigſte Vorbedingung für die Entſtehung des organiſchen<lb/> Lebens gegeben. Viele Millionen Jahre — jedenfalls mehr als<lb/> hundert! — ſind verfloſſen, ſeitdem dieſer bedeutungsvolle Vor-<lb/> gang, der der Waſſerbildung, eintrat und damit die Einleitung<lb/> zum dritten Hauptabſchnitt der Kosmogenie, zur <hi rendition="#g">Biogenie</hi>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#b">Moniſtiſche Biogenie.</hi> Der dritte Hauptabſchnitt<lb/> der Weltentwickelung beginnt mit der erſten Entſtehung der<lb/> Organismen auf unſerem Erdball und dauert ſeitdem ununter-<lb/> brochen bis zur Gegenwart fort. Die großen Welträthſel, welche<lb/> dieſer intereſſanteſte Theil der Erdgeſchichte uns vorlegt, galten<lb/> noch im Anfange des 19. Jahrhunderts allgemein für unlösbar<lb/> oder doch für ſo ſchwierig, daß ihre Löſung in weiteſter Ferne<lb/> zu liegen ſchien; am Ende desſelben dürfen wir mit berechtigtem<lb/> Stolze ſagen, daß ſie durch die moderne <hi rendition="#g">Biologie</hi> und ihren<lb/><hi rendition="#g">Transformismus im Princip</hi> gelöſt ſind; ja ſelbſt viele<lb/> einzelne Erſcheinungen dieſes wunderbaren „Lebensreiches“ ſind<lb/> heute ſo vollkommen phyſikaliſch erklärt wie irgend ein wohl-<lb/> bekanntes phyſikaliſches Phänomen in der anorganiſchen Natur.<lb/> Das Verdienſt, den erſten ausſichtsreichen Schritt auf dieſer<lb/> ſchwierigen Bahn gethan und den Weg zur moniſtiſchen Löſung<lb/> aller biologiſchen Probleme gezeigt zu haben, gebührt dem geiſt-<lb/> vollen franzöſiſchen Naturforſcher <hi rendition="#g">Jean Lamarck</hi>; er veröffent-<lb/> lichte 1809, im Geburtsjahre von <hi rendition="#g">Charles Darwin</hi>, ſeine<lb/> gedankenreiche „<hi rendition="#aq">Philoſophie zoologique</hi>“. In dieſem originellen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [290/0306]
Geſchichte der Organismen. XIII.
Nebelringe ab, welche ſich allmählich zu ſelbſtändigen Weltkörpern
verdichteten. Aus dem gasförmigen Nebelball wurde durch Ab-
kühlung der gluthflüſſige Erdball, und weiterhin entſtand an
deſſen Oberfläche durch fortſchreitende Wärme-Ausſtrahlung die
dünne feſte Rinde, welche wir bewohnen. Erſt nachdem die
Temperatur an der Oberfläche bis zu einem gewiſſen Grade
geſunken war, konnte ſich aus der umgebenden Dampfhülle das
erſte tropfbar-flüſſige Waſſer niederſchlagen, und damit war die
wichtigſte Vorbedingung für die Entſtehung des organiſchen
Lebens gegeben. Viele Millionen Jahre — jedenfalls mehr als
hundert! — ſind verfloſſen, ſeitdem dieſer bedeutungsvolle Vor-
gang, der der Waſſerbildung, eintrat und damit die Einleitung
zum dritten Hauptabſchnitt der Kosmogenie, zur Biogenie.
III. Moniſtiſche Biogenie. Der dritte Hauptabſchnitt
der Weltentwickelung beginnt mit der erſten Entſtehung der
Organismen auf unſerem Erdball und dauert ſeitdem ununter-
brochen bis zur Gegenwart fort. Die großen Welträthſel, welche
dieſer intereſſanteſte Theil der Erdgeſchichte uns vorlegt, galten
noch im Anfange des 19. Jahrhunderts allgemein für unlösbar
oder doch für ſo ſchwierig, daß ihre Löſung in weiteſter Ferne
zu liegen ſchien; am Ende desſelben dürfen wir mit berechtigtem
Stolze ſagen, daß ſie durch die moderne Biologie und ihren
Transformismus im Princip gelöſt ſind; ja ſelbſt viele
einzelne Erſcheinungen dieſes wunderbaren „Lebensreiches“ ſind
heute ſo vollkommen phyſikaliſch erklärt wie irgend ein wohl-
bekanntes phyſikaliſches Phänomen in der anorganiſchen Natur.
Das Verdienſt, den erſten ausſichtsreichen Schritt auf dieſer
ſchwierigen Bahn gethan und den Weg zur moniſtiſchen Löſung
aller biologiſchen Probleme gezeigt zu haben, gebührt dem geiſt-
vollen franzöſiſchen Naturforſcher Jean Lamarck; er veröffent-
lichte 1809, im Geburtsjahre von Charles Darwin, ſeine
gedankenreiche „Philoſophie zoologique“. In dieſem originellen
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