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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.

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Anthropistischer Monotheismus. XV.
bezeugten *). -- Weniger bedeutend als dieser Solarismus ist
der Lunarismus oder Selenotheismus, der Mond-
Kultus
; wenn auch einige Naturvölker den Mond allein als
Gottheit verehren, so werden doch meistens daneben noch die
Sterne und die Sonne angebetet.

Anthropistischer Monotheismus. Die Vermenschlichung
Gottes, die Vorstellung, daß das "höchste Wesen" dem Menschen
gleich empfindet, denkt und handelt (wenn auch in erhabenster
Form), spielt als anthropomorpher Monotheismus die
größte Rolle in der Kulturgeschichte. Vor allen anderen treten
hier in den Vordergrund die drei großen Religionen der medi-
terranen Menschenart, die ältere mosaische, die mittlere christliche
und die jüngere mohammedanische. Diese drei großen
Mittelmeer-Religionen
, alle drei an der gesegneten Ost-
küste des interessantesten aller Meere entstanden, alle drei in
ähnlicher Weise von einem phantasiereichen Schwärmer semitischer
Rasse gestiftet, hängen nicht nur äußerlich durch diesen gemein-
samen Ursprung innig zusammen, sondern auch durch zahlreiche
gemeinsame Züge ihrer inneren Glaubens-Vorstellungen. Wie
das Christenthum einen großen Theil seiner Mythologie aus
dem älteren Judenthum direkt übernommen hat, so hat der
jüngere Islam wiederum von diesen beiden Religionen viele
Erbschaften beibehalten. Alle drei Mediterran-Religionen waren
ursprünglich rein monotheistisch; alle drei sind späterhin
den mannigfaltigsten polytheistischen Umbildungen unter-
legen, je weiter sie sich zunächst an den vieltheiligen Küsten des
mannigfach bevölkerten Mittelmeers und sodann in den übrigen
Erdtheilen ausbreiteten.

Der Mosaismus. Der jüdische Monotheismus, wie ihn
Moses (1600 vor Chr.) begründete, gilt gewöhnlich als die-

*) Ernst Haeckel, Indische Reisebriefe, dritte Auflage 1895, S. 56.

Anthropiſtiſcher Monotheismus. XV.
bezeugten *). — Weniger bedeutend als dieſer Solarismus iſt
der Lunarismus oder Selenotheismus, der Mond-
Kultus
; wenn auch einige Naturvölker den Mond allein als
Gottheit verehren, ſo werden doch meiſtens daneben noch die
Sterne und die Sonne angebetet.

Anthropiſtiſcher Monotheismus. Die Vermenſchlichung
Gottes, die Vorſtellung, daß das „höchſte Weſen“ dem Menſchen
gleich empfindet, denkt und handelt (wenn auch in erhabenſter
Form), ſpielt als anthropomorpher Monotheismus die
größte Rolle in der Kulturgeſchichte. Vor allen anderen treten
hier in den Vordergrund die drei großen Religionen der medi-
terranen Menſchenart, die ältere moſaiſche, die mittlere chriſtliche
und die jüngere mohammedaniſche. Dieſe drei großen
Mittelmeer-Religionen
, alle drei an der geſegneten Oſt-
küſte des intereſſanteſten aller Meere entſtanden, alle drei in
ähnlicher Weiſe von einem phantaſiereichen Schwärmer ſemitiſcher
Raſſe geſtiftet, hängen nicht nur äußerlich durch dieſen gemein-
ſamen Urſprung innig zuſammen, ſondern auch durch zahlreiche
gemeinſame Züge ihrer inneren Glaubens-Vorſtellungen. Wie
das Chriſtenthum einen großen Theil ſeiner Mythologie aus
dem älteren Judenthum direkt übernommen hat, ſo hat der
jüngere Islam wiederum von dieſen beiden Religionen viele
Erbſchaften beibehalten. Alle drei Mediterran-Religionen waren
urſprünglich rein monotheiſtiſch; alle drei ſind ſpäterhin
den mannigfaltigſten polytheiſtiſchen Umbildungen unter-
legen, je weiter ſie ſich zunächſt an den vieltheiligen Küſten des
mannigfach bevölkerten Mittelmeers und ſodann in den übrigen
Erdtheilen ausbreiteten.

Der Moſaismus. Der jüdiſche Monotheismus, wie ihn
Moſes (1600 vor Chr.) begründete, gilt gewöhnlich als die-

*) Ernſt Haeckel, Indiſche Reiſebriefe, dritte Auflage 1895, S. 56.
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[326/0342] Anthropiſtiſcher Monotheismus. XV. bezeugten *). — Weniger bedeutend als dieſer Solarismus iſt der Lunarismus oder Selenotheismus, der Mond- Kultus; wenn auch einige Naturvölker den Mond allein als Gottheit verehren, ſo werden doch meiſtens daneben noch die Sterne und die Sonne angebetet. Anthropiſtiſcher Monotheismus. Die Vermenſchlichung Gottes, die Vorſtellung, daß das „höchſte Weſen“ dem Menſchen gleich empfindet, denkt und handelt (wenn auch in erhabenſter Form), ſpielt als anthropomorpher Monotheismus die größte Rolle in der Kulturgeſchichte. Vor allen anderen treten hier in den Vordergrund die drei großen Religionen der medi- terranen Menſchenart, die ältere moſaiſche, die mittlere chriſtliche und die jüngere mohammedaniſche. Dieſe drei großen Mittelmeer-Religionen, alle drei an der geſegneten Oſt- küſte des intereſſanteſten aller Meere entſtanden, alle drei in ähnlicher Weiſe von einem phantaſiereichen Schwärmer ſemitiſcher Raſſe geſtiftet, hängen nicht nur äußerlich durch dieſen gemein- ſamen Urſprung innig zuſammen, ſondern auch durch zahlreiche gemeinſame Züge ihrer inneren Glaubens-Vorſtellungen. Wie das Chriſtenthum einen großen Theil ſeiner Mythologie aus dem älteren Judenthum direkt übernommen hat, ſo hat der jüngere Islam wiederum von dieſen beiden Religionen viele Erbſchaften beibehalten. Alle drei Mediterran-Religionen waren urſprünglich rein monotheiſtiſch; alle drei ſind ſpäterhin den mannigfaltigſten polytheiſtiſchen Umbildungen unter- legen, je weiter ſie ſich zunächſt an den vieltheiligen Küſten des mannigfach bevölkerten Mittelmeers und ſodann in den übrigen Erdtheilen ausbreiteten. Der Moſaismus. Der jüdiſche Monotheismus, wie ihn Moſes (1600 vor Chr.) begründete, gilt gewöhnlich als die- *) Ernſt Haeckel, Indiſche Reiſebriefe, dritte Auflage 1895, S. 56.

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/342>, abgerufen am 22.11.2024.