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Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742.

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Ein Schulfuchs hofft mit dürren Gründen
Den Beyfall aller Welt zu finden:
Allein er wird geprellt.
Mein Mädchen macht oft falsche Schlüsse:
Doch überzeugt sie mich durch Küsse.
Das ist der Lauf der Welt.
Ein freyes Weib von zwanzig Jahren
Jst zwar in vielen unerfahren:
Doch, was sie sagt, gefällt.
Gebt ihr noch zwanzig Jahre drüber:
So hört man ihre Tochter lieber.
Das ist der Lauf der Welt.
Leander stimmet süsse Töne,
Und singt und seufzet seiner Schöne,
Bis ihr das Ohr fast gellt.
Allein, eh er recht ausgesungen,
Hat schon ein andrer sie bezwungen.
Das ist der Lauf der Welt.
Stax sucht am Montag Doris Küsse:
Am Dingstag findt er Hindernisse:
Am Mittwoch siegt der Held.
Am Donnerstag vergehn die Triebe:
Am Freytag sucht er neue Liebe.
Das ist der Lauf der Welt.
Cephise schwört: Sie will ihr Leben
Der stillen Einsamkeit ergeben,
Und höhnt, was sich gesellt.
Drauf will sie sich durch Heirath adeln,
Und spricht zu allen, die sie tadeln:
Das ist der Lauf der Welt.
D 2
Ein Schulfuchs hofft mit duͤrren Gruͤnden
Den Beyfall aller Welt zu finden:
Allein er wird geprellt.
Mein Maͤdchen macht oft falſche Schluͤſſe:
Doch uͤberzeugt ſie mich durch Kuͤſſe.
Das iſt der Lauf der Welt.
Ein freyes Weib von zwanzig Jahren
Jſt zwar in vielen unerfahren:
Doch, was ſie ſagt, gefaͤllt.
Gebt ihr noch zwanzig Jahre druͤber:
So hoͤrt man ihre Tochter lieber.
Das iſt der Lauf der Welt.
Leander ſtimmet ſuͤſſe Toͤne,
Und ſingt und ſeufzet ſeiner Schoͤne,
Bis ihr das Ohr faſt gellt.
Allein, eh er recht ausgeſungen,
Hat ſchon ein andrer ſie bezwungen.
Das iſt der Lauf der Welt.
Stax ſucht am Montag Doris Kuͤſſe:
Am Dingstag findt er Hinderniſſe:
Am Mittwoch ſiegt der Held.
Am Donnerſtag vergehn die Triebe:
Am Freytag ſucht er neue Liebe.
Das iſt der Lauf der Welt.
Cephiſe ſchwoͤrt: Sie will ihr Leben
Der ſtillen Einſamkeit ergeben,
Und hoͤhnt, was ſich geſellt.
Drauf will ſie ſich durch Heirath adeln,
Und ſpricht zu allen, die ſie tadeln:
Das iſt der Lauf der Welt.
D 2
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[27/0049] Ein Schulfuchs hofft mit duͤrren Gruͤnden Den Beyfall aller Welt zu finden: Allein er wird geprellt. Mein Maͤdchen macht oft falſche Schluͤſſe: Doch uͤberzeugt ſie mich durch Kuͤſſe. Das iſt der Lauf der Welt. Ein freyes Weib von zwanzig Jahren Jſt zwar in vielen unerfahren: Doch, was ſie ſagt, gefaͤllt. Gebt ihr noch zwanzig Jahre druͤber: So hoͤrt man ihre Tochter lieber. Das iſt der Lauf der Welt. Leander ſtimmet ſuͤſſe Toͤne, Und ſingt und ſeufzet ſeiner Schoͤne, Bis ihr das Ohr faſt gellt. Allein, eh er recht ausgeſungen, Hat ſchon ein andrer ſie bezwungen. Das iſt der Lauf der Welt. Stax ſucht am Montag Doris Kuͤſſe: Am Dingstag findt er Hinderniſſe: Am Mittwoch ſiegt der Held. Am Donnerſtag vergehn die Triebe: Am Freytag ſucht er neue Liebe. Das iſt der Lauf der Welt. Cephiſe ſchwoͤrt: Sie will ihr Leben Der ſtillen Einſamkeit ergeben, Und hoͤhnt, was ſich geſellt. Drauf will ſie ſich durch Heirath adeln, Und ſpricht zu allen, die ſie tadeln: Das iſt der Lauf der Welt. D 2

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Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/49>, abgerufen am 21.11.2024.