Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742.Ein Leitstern lichtbedürftger Künste, Ein junger Metaphysicus, Webt ein durchsichtiges Gespinnste, Und stellt und heftet Schluß an Schluß. So glaubt er dir, o Wolf, zu gleichen, Und hat dennoch, du grosser Mann! Von dir nur die Verbindungszeichen, Und sonst nichts, was dir gleichen kann. Der Thorheit unverjährte Rechte Erstrecken sich auf iedes Haupt: Es ist im menschlichen Geschlechte Jhr Anhang grösser, als man glaubt. Doch, wenn sie nicht Vergnügen brächte: So wär ihr schon die Macht geraubt. Ein Schnarcher voller Schulgeschwätze Hält sich für einen Kirchenheld Und gönnet dem Naemanns Krätze, Dem sein Systema nicht gefällt. Doch halt - - Jhr kennt der Eifrer Weise: Jhr Anhang horcht und rächet sich. O singt nicht, oder singt ganz leise; Denn dieß Geschlecht ist fürchterlich. Der Thorheit unverjährte Rechte Erstrecken sich auf iedes Haupt: Es ist im menschlichen Geschlechte Jhr Anhang grösser, als man glaubt. Doch, wenn sie nicht Vergnügen brächte: So wär ihr schon die Macht geraubt. Ein Leitſtern lichtbeduͤrftger Kuͤnſte, Ein junger Metaphyſicus, Webt ein durchſichtiges Geſpinnſte, Und ſtellt und heftet Schluß an Schluß. So glaubt er dir, o Wolf, zu gleichen, Und hat dennoch, du groſſer Mann! Von dir nur die Verbindungszeichen, Und ſonſt nichts, was dir gleichen kann. Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte Erſtrecken ſich auf iedes Haupt: Es iſt im menſchlichen Geſchlechte Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt. Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte: So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt. Ein Schnarcher voller Schulgeſchwaͤtze Haͤlt ſich fuͤr einen Kirchenheld Und goͤnnet dem Naemanns Kraͤtze, Dem ſein Syſtema nicht gefaͤllt. Doch halt - - Jhr kennt der Eifrer Weiſe: Jhr Anhang horcht und raͤchet ſich. O ſingt nicht, oder ſingt ganz leiſe; Denn dieß Geſchlecht iſt fuͤrchterlich. Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte Erſtrecken ſich auf iedes Haupt: Es iſt im menſchlichen Geſchlechte Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt. Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte: So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0074" n="52"/> <lg> <l>Ein Leitſtern lichtbeduͤrftger Kuͤnſte,</l><lb/> <l>Ein junger Metaphyſicus,</l><lb/> <l>Webt ein durchſichtiges Geſpinnſte,</l><lb/> <l>Und ſtellt und heftet Schluß an Schluß.</l><lb/> <l>So glaubt er dir, o Wolf, zu gleichen,</l><lb/> <l>Und hat dennoch, du groſſer Mann!</l><lb/> <l>Von dir nur die Verbindungszeichen,</l><lb/> <l>Und ſonſt nichts, was dir gleichen kann.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte</l><lb/> <l>Erſtrecken ſich auf iedes Haupt:</l><lb/> <l>Es iſt im menſchlichen Geſchlechte</l><lb/> <l>Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt.</l><lb/> <l>Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte:</l><lb/> <l>So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Ein Schnarcher voller Schulgeſchwaͤtze</l><lb/> <l>Haͤlt ſich fuͤr einen Kirchenheld</l><lb/> <l>Und goͤnnet dem Naemanns Kraͤtze,</l><lb/> <l>Dem ſein Syſtema nicht gefaͤllt.</l><lb/> <l>Doch halt - - Jhr kennt der Eifrer Weiſe:</l><lb/> <l>Jhr Anhang horcht und raͤchet ſich.</l><lb/> <l>O ſingt nicht, oder ſingt ganz leiſe;</l><lb/> <l>Denn dieß Geſchlecht iſt fuͤrchterlich.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte</l><lb/> <l>Erſtrecken ſich auf iedes Haupt:</l><lb/> <l>Es iſt im menſchlichen Geſchlechte</l><lb/> <l>Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt.</l><lb/> <l>Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte:</l><lb/> <l>So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.</l> </lg><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [52/0074]
Ein Leitſtern lichtbeduͤrftger Kuͤnſte,
Ein junger Metaphyſicus,
Webt ein durchſichtiges Geſpinnſte,
Und ſtellt und heftet Schluß an Schluß.
So glaubt er dir, o Wolf, zu gleichen,
Und hat dennoch, du groſſer Mann!
Von dir nur die Verbindungszeichen,
Und ſonſt nichts, was dir gleichen kann.
Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte
Erſtrecken ſich auf iedes Haupt:
Es iſt im menſchlichen Geſchlechte
Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt.
Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte:
So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.
Ein Schnarcher voller Schulgeſchwaͤtze
Haͤlt ſich fuͤr einen Kirchenheld
Und goͤnnet dem Naemanns Kraͤtze,
Dem ſein Syſtema nicht gefaͤllt.
Doch halt - - Jhr kennt der Eifrer Weiſe:
Jhr Anhang horcht und raͤchet ſich.
O ſingt nicht, oder ſingt ganz leiſe;
Denn dieß Geſchlecht iſt fuͤrchterlich.
Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte
Erſtrecken ſich auf iedes Haupt:
Es iſt im menſchlichen Geſchlechte
Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt.
Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte:
So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.
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Zitationshilfe: | Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/74>, abgerufen am 16.02.2025. |