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Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1744.

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Der schöne Mund, den man verehrt,
Bestrafet, zürnt gelinder,
Wird zärtlich, küßt geschwinder,
Wann nichts die sichern Küsse stört.
Ja, ja! die Nacht ist vorzugswehrt:
Sie dient und ist verschwiegen,
Und liefert dem Vergnügen
Den süssen Mund, den man verehrt.
Der Tag hat, als ein falscher Freund,
Zu oft der Welt erzehlet,
Was ihr die Nacht verhehlet,
Die Liebende nach Wunsch vereint.
Du bist der Sorg und Unruh feind
Und gönnest sie dem Tage,
Und widerlegst die Sage:
Du, holde Nacht, seyst niemands Freund.
Oft schränkt der strenge Tag uns ein;
Doch hält in schweren Stunden
Uns mancher Tag gebunden,
So muß die freye Nacht erfreun.
Das Glück vertraut und froh zu seyn,
Das Glück zufriedner Herzen,
Die in der Stille scherzen,
Räumt uns der Tag nur selten ein.
O Nacht, da nur der Scherz sich regt,
Da keine Neider lauschen,
Und nur die Küsse rauschen,
Wie sinnreich wirst du angelegt!
Wie wird der Liebes-Gott verpflegt,
Wann selbst die Huld-Göttinnen
Auf sein Vergnügen sinnen,
Und nichts als Lust und Scherz sich regt.


D
Der ſchoͤne Mund, den man verehrt,
Beſtrafet, zuͤrnt gelinder,
Wird zaͤrtlich, kuͤßt geſchwinder,
Wann nichts die ſichern Kuͤſſe ſtoͤrt.
Ja, ja! die Nacht iſt vorzugswehrt:
Sie dient und iſt verſchwiegen,
Und liefert dem Vergnuͤgen
Den ſuͤſſen Mund, den man verehrt.
Der Tag hat, als ein falſcher Freund,
Zu oft der Welt erzehlet,
Was ihr die Nacht verhehlet,
Die Liebende nach Wunſch vereint.
Du biſt der Sorg und Unruh feind
Und goͤnneſt ſie dem Tage,
Und widerlegſt die Sage:
Du, holde Nacht, ſeyſt niemands Freund.
Oft ſchraͤnkt der ſtrenge Tag uns ein;
Doch haͤlt in ſchweren Stunden
Uns mancher Tag gebunden,
So muß die freye Nacht erfreun.
Das Gluͤck vertraut und froh zu ſeyn,
Das Gluͤck zufriedner Herzen,
Die in der Stille ſcherzen,
Raͤumt uns der Tag nur ſelten ein.
O Nacht, da nur der Scherz ſich regt,
Da keine Neider lauſchen,
Und nur die Kuͤſſe rauſchen,
Wie ſinnreich wirſt du angelegt!
Wie wird der Liebes-Gott verpflegt,
Wann ſelbſt die Huld-Goͤttinnen
Auf ſein Vergnuͤgen ſinnen,
Und nichts als Luſt und Scherz ſich regt.


D
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[25/0075] Der ſchoͤne Mund, den man verehrt, Beſtrafet, zuͤrnt gelinder, Wird zaͤrtlich, kuͤßt geſchwinder, Wann nichts die ſichern Kuͤſſe ſtoͤrt. Ja, ja! die Nacht iſt vorzugswehrt: Sie dient und iſt verſchwiegen, Und liefert dem Vergnuͤgen Den ſuͤſſen Mund, den man verehrt. Der Tag hat, als ein falſcher Freund, Zu oft der Welt erzehlet, Was ihr die Nacht verhehlet, Die Liebende nach Wunſch vereint. Du biſt der Sorg und Unruh feind Und goͤnneſt ſie dem Tage, Und widerlegſt die Sage: Du, holde Nacht, ſeyſt niemands Freund. Oft ſchraͤnkt der ſtrenge Tag uns ein; Doch haͤlt in ſchweren Stunden Uns mancher Tag gebunden, So muß die freye Nacht erfreun. Das Gluͤck vertraut und froh zu ſeyn, Das Gluͤck zufriedner Herzen, Die in der Stille ſcherzen, Raͤumt uns der Tag nur ſelten ein. O Nacht, da nur der Scherz ſich regt, Da keine Neider lauſchen, Und nur die Kuͤſſe rauſchen, Wie ſinnreich wirſt du angelegt! Wie wird der Liebes-Gott verpflegt, Wann ſelbſt die Huld-Goͤttinnen Auf ſein Vergnuͤgen ſinnen, Und nichts als Luſt und Scherz ſich regt. D

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Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1744, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung02_1744/75>, abgerufen am 09.11.2024.