Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 3. Hamburg, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite
Er kannte wirklich weit und breit
Geheime Staats-Jntrigues,
Und wusste ganz genau die Zeit
Des dreyssigjährgen Krieges.
Herr Jost bewies, als Knabe schon,
Bey vier Zusammenkünften,
Der Sechste Carl sey nicht ein Sohn
Von Kaiser Carl dem Fünften.
Er kam zurück und ließ sich sehn,
Wo man Jhn sehen sollte.
Nun hieß Er iedem klug und schön,
Der Jhn so nennen wollte.
Doch rieth man Jhm mit gutem Fug,
Den ritterlichen Degen,
Den Er an Seiner Seite trug,
Nur Sonntags anzulegen.
Das Werk der Handlung wohlgemuth
Ward nun von Jhm begriffen.
Jhm träumte nur von Geld und Guth,
Von Frachten und von Schiffen.
Gelehrte sucht' Er weiter nicht,
Als etwa bey Processen;
Sonst macht' Er ihnen ein Gesicht,
Als wollt' Er alle fressen.
Der Reich-Entschlafne wollte drauf
Sich doppelt reich durch Ehen,
Ja Sich und Seinen Lebens-Lauf
Jn echten Erben sehen.
Madame starb Jhm plötzlich ab,
Eh Er die andre freyte;
Die dritte, die Sein Geld Jhm gab,
Beerdiget Jhn heute.
Er kannte wirklich weit und breit
Geheime Staats-Jntrigues,
Und wuſſte ganz genau die Zeit
Des dreyſſigjaͤhrgen Krieges.
Herr Joſt bewies, als Knabe ſchon,
Bey vier Zuſammenkuͤnften,
Der Sechſte Carl ſey nicht ein Sohn
Von Kaiſer Carl dem Fuͤnften.
Er kam zuruͤck und ließ ſich ſehn,
Wo man Jhn ſehen ſollte.
Nun hieß Er iedem klug und ſchoͤn,
Der Jhn ſo nennen wollte.
Doch rieth man Jhm mit gutem Fug,
Den ritterlichen Degen,
Den Er an Seiner Seite trug,
Nur Sonntags anzulegen.
Das Werk der Handlung wohlgemuth
Ward nun von Jhm begriffen.
Jhm traͤumte nur von Geld und Guth,
Von Frachten und von Schiffen.
Gelehrte ſucht’ Er weiter nicht,
Als etwa bey Proceſſen;
Sonſt macht’ Er ihnen ein Geſicht,
Als wollt’ Er alle freſſen.
Der Reich-Entſchlafne wollte drauf
Sich doppelt reich durch Ehen,
Ja Sich und Seinen Lebens-Lauf
Jn echten Erben ſehen.
Madame ſtarb Jhm ploͤtzlich ab,
Eh Er die andre freyte;
Die dritte, die Sein Geld Jhm gab,
Beerdiget Jhn heute.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0045" n="31"/>
          <lg n="9">
            <l>Er kannte wirklich weit und breit</l><lb/>
            <l>Geheime Staats-Jntrigues,</l><lb/>
            <l>Und wu&#x017F;&#x017F;te ganz genau die Zeit</l><lb/>
            <l>Des drey&#x017F;&#x017F;igja&#x0364;hrgen Krieges.</l><lb/>
            <l>Herr Jo&#x017F;t bewies, als Knabe &#x017F;chon,</l><lb/>
            <l>Bey vier Zu&#x017F;ammenku&#x0364;nften,</l><lb/>
            <l>Der Sech&#x017F;te Carl &#x017F;ey nicht ein Sohn</l><lb/>
            <l>Von Kai&#x017F;er Carl dem Fu&#x0364;nften.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <l>Er kam zuru&#x0364;ck und ließ &#x017F;ich &#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Wo man Jhn &#x017F;ehen &#x017F;ollte.</l><lb/>
            <l>Nun hieß Er iedem klug und &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Der Jhn &#x017F;o nennen wollte.</l><lb/>
            <l>Doch rieth man Jhm mit gutem Fug,</l><lb/>
            <l>Den ritterlichen Degen,</l><lb/>
            <l>Den Er an Seiner Seite trug,</l><lb/>
            <l>Nur Sonntags anzulegen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="11">
            <l>Das Werk der Handlung wohlgemuth</l><lb/>
            <l>Ward nun von Jhm begriffen.</l><lb/>
            <l>Jhm tra&#x0364;umte nur von Geld und Guth,</l><lb/>
            <l>Von Frachten und von Schiffen.</l><lb/>
            <l>Gelehrte &#x017F;ucht&#x2019; Er weiter nicht,</l><lb/>
            <l>Als etwa bey Proce&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Son&#x017F;t macht&#x2019; Er ihnen ein Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
            <l>Als wollt&#x2019; Er alle fre&#x017F;&#x017F;en.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="12">
            <l>Der Reich-Ent&#x017F;chlafne wollte drauf</l><lb/>
            <l>Sich doppelt reich durch Ehen,</l><lb/>
            <l>Ja Sich und Seinen Lebens-Lauf</l><lb/>
            <l>Jn echten Erben &#x017F;ehen.</l><lb/>
            <l>Madame &#x017F;tarb Jhm plo&#x0364;tzlich ab,</l><lb/>
            <l>Eh Er die andre freyte;</l><lb/>
            <l>Die dritte, die Sein Geld Jhm gab,</l><lb/>
            <l>Beerdiget Jhn heute.</l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0045] Er kannte wirklich weit und breit Geheime Staats-Jntrigues, Und wuſſte ganz genau die Zeit Des dreyſſigjaͤhrgen Krieges. Herr Joſt bewies, als Knabe ſchon, Bey vier Zuſammenkuͤnften, Der Sechſte Carl ſey nicht ein Sohn Von Kaiſer Carl dem Fuͤnften. Er kam zuruͤck und ließ ſich ſehn, Wo man Jhn ſehen ſollte. Nun hieß Er iedem klug und ſchoͤn, Der Jhn ſo nennen wollte. Doch rieth man Jhm mit gutem Fug, Den ritterlichen Degen, Den Er an Seiner Seite trug, Nur Sonntags anzulegen. Das Werk der Handlung wohlgemuth Ward nun von Jhm begriffen. Jhm traͤumte nur von Geld und Guth, Von Frachten und von Schiffen. Gelehrte ſucht’ Er weiter nicht, Als etwa bey Proceſſen; Sonſt macht’ Er ihnen ein Geſicht, Als wollt’ Er alle freſſen. Der Reich-Entſchlafne wollte drauf Sich doppelt reich durch Ehen, Ja Sich und Seinen Lebens-Lauf Jn echten Erben ſehen. Madame ſtarb Jhm ploͤtzlich ab, Eh Er die andre freyte; Die dritte, die Sein Geld Jhm gab, Beerdiget Jhn heute.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung03_1752/45
Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 3. Hamburg, 1752, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung03_1752/45>, abgerufen am 21.11.2024.