Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Seit jenem Tage trank ich nicht mehr und vernachlässigte mich nicht mehr. Ich haßte den Alkohol. Ich berauschte mich am Geschlecht, manchmal sprach oder schrieb ich sogar biblisch (alttestamentarisch natürlich).

Nie habe ich so viel gegrübelt wie damals, trotzdem hatte ich die ruhige Gewißheit, daß ich zugrunde gehen müsse, ganz elend, ganz gemein. Aber ich wollte einen würdigen Abschluß.

Wenn sie sich so lacertenhaft in die gelbe Seide meiner Decken einbohrte, in die gelbe Seide, welche meinen Nerven so wohl that, und ihren prallen und doch weichen, weißen Körper dehnte und bog und an den meinen anschmiegte, wie eine Katze, wie eine schmeichlerische, wollüstige Katze, das war ein ganz eigenartiger, ulkiger Kunstgenuß.

Und wie sie duftete.

Wie eine Rose, die in einer Schale voll Cognac lag.

Meine kleine Sphynx mit ihren perversen Räthseln.

27.

Eines schönen Tages kam sie nicht mehr.

Da begann ich zu philosophieren, ganz nach der Schablone, von Kant über Hegel zu Schopenhauer

Seit jenem Tage trank ich nicht mehr und vernachlässigte mich nicht mehr. Ich haßte den Alkohol. Ich berauschte mich am Geschlecht, manchmal sprach oder schrieb ich sogar biblisch (alttestamentarisch natürlich).

Nie habe ich so viel gegrübelt wie damals, trotzdem hatte ich die ruhige Gewißheit, daß ich zugrunde gehen müsse, ganz elend, ganz gemein. Aber ich wollte einen würdigen Abschluß.

Wenn sie sich so lacertenhaft in die gelbe Seide meiner Decken einbohrte, in die gelbe Seide, welche meinen Nerven so wohl that, und ihren prallen und doch weichen, weißen Körper dehnte und bog und an den meinen anschmiegte, wie eine Katze, wie eine schmeichlerische, wollüstige Katze, das war ein ganz eigenartiger, ulkiger Kunstgenuß.

Und wie sie duftete.

Wie eine Rose, die in einer Schale voll Cognac lag.

Meine kleine Sphynx mit ihren perversen Räthseln.

27.

Eines schönen Tages kam sie nicht mehr.

Da begann ich zu philosophieren, ganz nach der Schablone, von Kant über Hegel zu Schopenhauer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0110" n="112"/>
          <p>Seit jenem Tage trank ich nicht mehr und vernachlässigte mich nicht mehr. Ich haßte den Alkohol. Ich berauschte mich am Geschlecht, manchmal sprach oder schrieb ich sogar biblisch (alttestamentarisch natürlich).</p>
          <p>Nie habe ich so viel gegrübelt wie damals, trotzdem hatte ich die ruhige Gewißheit, daß ich zugrunde gehen müsse, ganz elend, ganz gemein. Aber ich wollte einen würdigen Abschluß.</p>
          <p>Wenn sie sich so lacertenhaft in die gelbe Seide meiner Decken einbohrte, in die gelbe Seide, welche meinen Nerven so wohl that, und ihren prallen und doch weichen, weißen Körper dehnte und bog und an den meinen anschmiegte, wie eine Katze, wie eine schmeichlerische, wollüstige Katze, das war ein ganz eigenartiger, ulkiger Kunstgenuß.</p>
          <p>Und wie sie duftete.</p>
          <p>Wie eine Rose, die in einer Schale voll Cognac lag.</p>
          <p>Meine kleine Sphynx mit ihren perversen Räthseln.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>27.</head><lb/>
          <p>Eines schönen Tages kam sie nicht mehr.</p>
          <p>Da begann ich zu philosophieren, ganz nach der Schablone, von Kant über Hegel zu Schopenhauer
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0110] Seit jenem Tage trank ich nicht mehr und vernachlässigte mich nicht mehr. Ich haßte den Alkohol. Ich berauschte mich am Geschlecht, manchmal sprach oder schrieb ich sogar biblisch (alttestamentarisch natürlich). Nie habe ich so viel gegrübelt wie damals, trotzdem hatte ich die ruhige Gewißheit, daß ich zugrunde gehen müsse, ganz elend, ganz gemein. Aber ich wollte einen würdigen Abschluß. Wenn sie sich so lacertenhaft in die gelbe Seide meiner Decken einbohrte, in die gelbe Seide, welche meinen Nerven so wohl that, und ihren prallen und doch weichen, weißen Körper dehnte und bog und an den meinen anschmiegte, wie eine Katze, wie eine schmeichlerische, wollüstige Katze, das war ein ganz eigenartiger, ulkiger Kunstgenuß. Und wie sie duftete. Wie eine Rose, die in einer Schale voll Cognac lag. Meine kleine Sphynx mit ihren perversen Räthseln. 27. Eines schönen Tages kam sie nicht mehr. Da begann ich zu philosophieren, ganz nach der Schablone, von Kant über Hegel zu Schopenhauer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/110
Zitationshilfe: Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/110>, abgerufen am 21.11.2024.