Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

seinen Bart und hatte seine Augen und seinen Mund. Mit seiner rechten Hand rührte er an sein Herz, welches sofort barst. Neue, rothe, rauchende Springquellen floßen heraus. Plötzlich hielt er einen goldenen Becher in der Hand und füllte ihn mit seinem Blut und bot ihn mir dar. Aber ich konnte ihn nicht erreichen.

Gib, gib mir, gib mir, bat ich, gib mir, denn ich verdurste.

"Ich verdurste!" schrie ich mit aller Kraft.

Dumpf hallte meine Stimme in dem engen Raume wieder und kroch in alle Ecken.

Da kam ich zu mir.

Welch ein auffallendes Benehmen!

Aber ich war zum Glücke ganz allein. Die Lichter am Altar waren erloschen, die Messe beendet, der Priester fort.

Ich trat aus der Bank, stäubte mit meinem Taschentuche meine Knie ab und verließ die Kirche.

Mein Gott! Was einen doch so ein bißchen Mord in Aufregung versetzen kann!

Tant de bruit pour une ommellette!

31.

Die Sonnenstrahlen fielen schräg in die stille Straße. Am Ende derselben an der rechten Ecke

seinen Bart und hatte seine Augen und seinen Mund. Mit seiner rechten Hand rührte er an sein Herz, welches sofort barst. Neue, rothe, rauchende Springquellen floßen heraus. Plötzlich hielt er einen goldenen Becher in der Hand und füllte ihn mit seinem Blut und bot ihn mir dar. Aber ich konnte ihn nicht erreichen.

Gib, gib mir, gib mir, bat ich, gib mir, denn ich verdurste.

„Ich verdurste!“ schrie ich mit aller Kraft.

Dumpf hallte meine Stimme in dem engen Raume wieder und kroch in alle Ecken.

Da kam ich zu mir.

Welch ein auffallendes Benehmen!

Aber ich war zum Glücke ganz allein. Die Lichter am Altar waren erloschen, die Messe beendet, der Priester fort.

Ich trat aus der Bank, stäubte mit meinem Taschentuche meine Knie ab und verließ die Kirche.

Mein Gott! Was einen doch so ein bißchen Mord in Aufregung versetzen kann!

Tant de bruit pour une ommellette!

31.

Die Sonnenstrahlen fielen schräg in die stille Straße. Am Ende derselben an der rechten Ecke

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0132" n="134"/><hi rendition="#g">seinen</hi> Bart und hatte <hi rendition="#g">seine</hi> Augen und <hi rendition="#g">seinen</hi> Mund. Mit seiner rechten Hand rührte er an sein Herz, welches sofort barst. Neue, rothe, rauchende Springquellen floßen heraus. Plötzlich hielt er einen goldenen Becher in der Hand und füllte ihn mit seinem Blut und bot ihn mir dar. Aber ich konnte ihn nicht erreichen.</p>
          <p>Gib, gib mir, gib mir, bat ich, gib mir, denn ich verdurste.</p>
          <p>&#x201E;Ich verdurste!&#x201C; schrie ich mit aller Kraft.</p>
          <p>Dumpf hallte meine Stimme in dem engen Raume wieder und kroch in alle Ecken.</p>
          <p>Da kam ich zu mir.</p>
          <p>Welch ein auffallendes Benehmen!</p>
          <p>Aber ich war zum Glücke ganz allein. Die Lichter am Altar waren erloschen, die Messe beendet, der Priester fort.</p>
          <p>Ich trat aus der Bank, stäubte mit meinem Taschentuche meine Knie ab und verließ die Kirche.</p>
          <p>Mein Gott! Was einen doch so ein bißchen Mord in Aufregung versetzen kann!</p>
          <p> <hi rendition="#aq">Tant de bruit pour une ommellette!</hi> </p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>31.</head><lb/>
          <p>Die Sonnenstrahlen fielen schräg in die stille Straße. Am Ende derselben an der rechten Ecke
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0132] seinen Bart und hatte seine Augen und seinen Mund. Mit seiner rechten Hand rührte er an sein Herz, welches sofort barst. Neue, rothe, rauchende Springquellen floßen heraus. Plötzlich hielt er einen goldenen Becher in der Hand und füllte ihn mit seinem Blut und bot ihn mir dar. Aber ich konnte ihn nicht erreichen. Gib, gib mir, gib mir, bat ich, gib mir, denn ich verdurste. „Ich verdurste!“ schrie ich mit aller Kraft. Dumpf hallte meine Stimme in dem engen Raume wieder und kroch in alle Ecken. Da kam ich zu mir. Welch ein auffallendes Benehmen! Aber ich war zum Glücke ganz allein. Die Lichter am Altar waren erloschen, die Messe beendet, der Priester fort. Ich trat aus der Bank, stäubte mit meinem Taschentuche meine Knie ab und verließ die Kirche. Mein Gott! Was einen doch so ein bißchen Mord in Aufregung versetzen kann! Tant de bruit pour une ommellette! 31. Die Sonnenstrahlen fielen schräg in die stille Straße. Am Ende derselben an der rechten Ecke

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/132
Zitationshilfe: Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/132>, abgerufen am 24.11.2024.