Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

einen Bruch mit Ernsts Familie. Er wurde bald darauf krank. Wieder genesen, diente er sein Einjährig-Freiwilligenjahr in einer fremden Garnison, irgendwo an der polnischen Grenze, weit entfernt von der Residenz, ab. Inzwischen starb meine Mutter. Ich fühlte mich furchtbar vereinsamt. Mit aller Macht suchte ich die Lethargie meines Geistes, die über mich gekommen war, abzuschütteln. In nicht ganz zwei Jahren vergeudete ich mein Vermögen fast bis zum letzten Rest. Ernst hatte ich vergessen.

An einem der ersten Sommertage stand ich im Hofe des herrlichen, gothischen Rathhauses der Residenz.

Plötzlich klopfte mir jemand auf die Schulter.

"Alter!"

"O, Ernst, Servus!"

"Wie geht's?"

"Danke, und Dir?"

"So so, lala."

"Na, na!"

"Warst Du vergangenen Sommer in Tirol oder in Deiner Heimat?"

"Ich war in Dänemark, zu Hause, heuer gehe ich aber wieder nach Tirol."

einen Bruch mit Ernsts Familie. Er wurde bald darauf krank. Wieder genesen, diente er sein Einjährig-Freiwilligenjahr in einer fremden Garnison, irgendwo an der polnischen Grenze, weit entfernt von der Residenz, ab. Inzwischen starb meine Mutter. Ich fühlte mich furchtbar vereinsamt. Mit aller Macht suchte ich die Lethargie meines Geistes, die über mich gekommen war, abzuschütteln. In nicht ganz zwei Jahren vergeudete ich mein Vermögen fast bis zum letzten Rest. Ernst hatte ich vergessen.

An einem der ersten Sommertage stand ich im Hofe des herrlichen, gothischen Rathhauses der Residenz.

Plötzlich klopfte mir jemand auf die Schulter.

„Alter!“

„O, Ernst, Servus!“

„Wie geht’s?“

„Danke, und Dir?“

„So so, lala.“

„Na, na!“

„Warst Du vergangenen Sommer in Tirol oder in Deiner Heimat?“

„Ich war in Dänemark, zu Hause, heuer gehe ich aber wieder nach Tirol.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0023" n="25"/>
einen Bruch mit Ernsts Familie. Er wurde bald darauf krank. Wieder genesen, diente er sein Einjährig-Freiwilligenjahr in einer fremden Garnison, irgendwo an der polnischen Grenze, weit entfernt von der Residenz, ab. Inzwischen starb meine Mutter. Ich fühlte mich furchtbar vereinsamt. Mit aller Macht suchte ich die Lethargie meines Geistes, die über mich gekommen war, abzuschütteln. In nicht ganz zwei Jahren vergeudete ich mein Vermögen fast bis zum letzten Rest. Ernst hatte ich vergessen.</p>
          <p>An einem der ersten Sommertage stand ich im Hofe des herrlichen, gothischen Rathhauses der Residenz.</p>
          <p>Plötzlich klopfte mir jemand auf die Schulter.</p>
          <p>&#x201E;Alter!&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;O, Ernst, Servus!&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Wie geht&#x2019;s?&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Danke, und Dir?&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;So so, lala.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Na, na!&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Warst Du vergangenen Sommer in Tirol oder in Deiner Heimat?&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Ich war in Dänemark, zu Hause, heuer gehe ich aber wieder nach Tirol.&#x201C;
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0023] einen Bruch mit Ernsts Familie. Er wurde bald darauf krank. Wieder genesen, diente er sein Einjährig-Freiwilligenjahr in einer fremden Garnison, irgendwo an der polnischen Grenze, weit entfernt von der Residenz, ab. Inzwischen starb meine Mutter. Ich fühlte mich furchtbar vereinsamt. Mit aller Macht suchte ich die Lethargie meines Geistes, die über mich gekommen war, abzuschütteln. In nicht ganz zwei Jahren vergeudete ich mein Vermögen fast bis zum letzten Rest. Ernst hatte ich vergessen. An einem der ersten Sommertage stand ich im Hofe des herrlichen, gothischen Rathhauses der Residenz. Plötzlich klopfte mir jemand auf die Schulter. „Alter!“ „O, Ernst, Servus!“ „Wie geht’s?“ „Danke, und Dir?“ „So so, lala.“ „Na, na!“ „Warst Du vergangenen Sommer in Tirol oder in Deiner Heimat?“ „Ich war in Dänemark, zu Hause, heuer gehe ich aber wieder nach Tirol.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/23
Zitationshilfe: Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/23>, abgerufen am 21.11.2024.