Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.die Wahrnehmung, daß ich mich ärgerte, nicht länger daheim geblieben zu sein. Ich suchte einige Tage nach meiner Ankunft seine Familie auf, und jetzt sahen wir uns fast jeden Tag. Auch er kam häufig zu mir, bestimmt aber, wenn ich einmal es unterlassen hatte, ihn zu sehen. Ich freute mich, in Ernst einen so aufrichtigen, treuen Gefährten fürs Leben gefunden zu haben. Seine Freundschaft zu mir konnte allein meine Rettung werden, meine Rettung aus der entsetzlichen Entnervung, die meiner Herr geworden war, als ich, kaum neunzehn Jahre alt, wahrgenommen hatte, daß ich - kein Mann mehr war, oder besser gesagt, kein Mann mehr werden konnte. Zu einer Zeit, wo die andern erst beginnen, das Gift des Geschlechtsgenusses kennen zu lernen, war meine Liebe nur mehr das ohnmächtige Zucken halbgelähmter Nervenendigungen. Und so schwand meine ganze Thatkraft dahin, ich wurde zu jeder, selbst der geringsten körperlichen oder geistigen Anstrengung unfähig, wurde es mir unmöglich, für mich selbst auch nur den kleinen Finger zu rühren. Und doch, seit Ernst wieder bei mir war, fühlte ich eine gewisse Energie in mir aufkeimen, wenigstens den Willen, für ihn etwas zu thun. Während des Herbstes die Wahrnehmung, daß ich mich ärgerte, nicht länger daheim geblieben zu sein. Ich suchte einige Tage nach meiner Ankunft seine Familie auf, und jetzt sahen wir uns fast jeden Tag. Auch er kam häufig zu mir, bestimmt aber, wenn ich einmal es unterlassen hatte, ihn zu sehen. Ich freute mich, in Ernst einen so aufrichtigen, treuen Gefährten fürs Leben gefunden zu haben. Seine Freundschaft zu mir konnte allein meine Rettung werden, meine Rettung aus der entsetzlichen Entnervung, die meiner Herr geworden war, als ich, kaum neunzehn Jahre alt, wahrgenommen hatte, daß ich – kein Mann mehr war, oder besser gesagt, kein Mann mehr werden konnte. Zu einer Zeit, wo die andern erst beginnen, das Gift des Geschlechtsgenusses kennen zu lernen, war meine Liebe nur mehr das ohnmächtige Zucken halbgelähmter Nervenendigungen. Und so schwand meine ganze Thatkraft dahin, ich wurde zu jeder, selbst der geringsten körperlichen oder geistigen Anstrengung unfähig, wurde es mir unmöglich, für mich selbst auch nur den kleinen Finger zu rühren. Und doch, seit Ernst wieder bei mir war, fühlte ich eine gewisse Energie in mir aufkeimen, wenigstens den Willen, für ihn etwas zu thun. Während des Herbstes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0028" n="30"/> die Wahrnehmung, daß ich mich ärgerte, nicht länger daheim geblieben zu sein. Ich suchte einige Tage nach meiner Ankunft seine Familie auf, und jetzt sahen wir uns fast jeden Tag. Auch er kam häufig zu mir, bestimmt aber, wenn ich einmal es unterlassen hatte, ihn zu sehen.</p> <p>Ich freute mich, in Ernst einen so aufrichtigen, treuen Gefährten fürs Leben gefunden zu haben.</p> <p>Seine Freundschaft zu mir konnte allein meine Rettung werden, meine Rettung aus der entsetzlichen Entnervung, die meiner Herr geworden war, als ich, kaum neunzehn Jahre alt, wahrgenommen hatte, daß ich – kein Mann mehr war, oder besser gesagt, kein Mann mehr werden konnte. Zu einer Zeit, wo die andern erst beginnen, das Gift des Geschlechtsgenusses kennen zu lernen, war meine Liebe nur mehr das ohnmächtige Zucken halbgelähmter Nervenendigungen. Und so schwand meine ganze Thatkraft dahin, ich wurde zu jeder, selbst der geringsten körperlichen oder geistigen Anstrengung unfähig, wurde es mir unmöglich, für mich selbst auch nur den kleinen Finger zu rühren. Und doch, seit Ernst wieder bei mir war, fühlte ich eine gewisse Energie in mir aufkeimen, wenigstens den Willen, für ihn etwas zu thun. Während des Herbstes </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0028]
die Wahrnehmung, daß ich mich ärgerte, nicht länger daheim geblieben zu sein. Ich suchte einige Tage nach meiner Ankunft seine Familie auf, und jetzt sahen wir uns fast jeden Tag. Auch er kam häufig zu mir, bestimmt aber, wenn ich einmal es unterlassen hatte, ihn zu sehen.
Ich freute mich, in Ernst einen so aufrichtigen, treuen Gefährten fürs Leben gefunden zu haben.
Seine Freundschaft zu mir konnte allein meine Rettung werden, meine Rettung aus der entsetzlichen Entnervung, die meiner Herr geworden war, als ich, kaum neunzehn Jahre alt, wahrgenommen hatte, daß ich – kein Mann mehr war, oder besser gesagt, kein Mann mehr werden konnte. Zu einer Zeit, wo die andern erst beginnen, das Gift des Geschlechtsgenusses kennen zu lernen, war meine Liebe nur mehr das ohnmächtige Zucken halbgelähmter Nervenendigungen. Und so schwand meine ganze Thatkraft dahin, ich wurde zu jeder, selbst der geringsten körperlichen oder geistigen Anstrengung unfähig, wurde es mir unmöglich, für mich selbst auch nur den kleinen Finger zu rühren. Und doch, seit Ernst wieder bei mir war, fühlte ich eine gewisse Energie in mir aufkeimen, wenigstens den Willen, für ihn etwas zu thun. Während des Herbstes
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