Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.Name Erziehung paßte eigentlich gar nicht, dazu war seine Umgebung zu ungebildet - und ein nicht zur rechten Zeit eingeschränkter Eigendünkel gemacht hatten - ein boshafter, ekelerregender Narr. Aber ich hatte mit ihm Mitleid, er erschien mir erblich belastet. Sein Vater, von Natur aus tief-geistig veranlagt, ward durch die leidigen, pecuniären Verhältnisse schon als Student in eine Laufbahn gedrängt, die ihm für die Zukunft keine rettenden Aussichten bot, höchstens eine mittelmäßige Bourgeoisexistenz, und versumpfte langsam in dem geistlosen, maschinellen Dienst seines Bureaus. Dann gieng er, bereits enttäuscht und nicht mehr im vollen Bewußtsein seinem verfehlten Daseins, eine Ehe mit einer direct geistesschwachen, wenn auch gutmüthig veranlagten Person ein, die, nicht einmal hübsch, keinen andern Vorzug hatte, als ihre grenzenlose Borniertheit und ein mittelmäßiges, bürgerliches Vermögen. Je mehr seine jugendliche Elasticität nachließ, desto mehr zog es ihn von seinen wissenschaftlichen - meist linguistischen - Studien weg zum Weinkrug. Er trank viel, noch dazu in einer philiströsen Gesellschaft mit durch und durch verblödeten Ansichten, und machte im vorgerückten Alter den Eindruck eines ziemlich hochgradigen Alkoholikers. Name Erziehung paßte eigentlich gar nicht, dazu war seine Umgebung zu ungebildet – und ein nicht zur rechten Zeit eingeschränkter Eigendünkel gemacht hatten – ein boshafter, ekelerregender Narr. Aber ich hatte mit ihm Mitleid, er erschien mir erblich belastet. Sein Vater, von Natur aus tief–geistig veranlagt, ward durch die leidigen, pecuniären Verhältnisse schon als Student in eine Laufbahn gedrängt, die ihm für die Zukunft keine rettenden Aussichten bot, höchstens eine mittelmäßige Bourgeoisexistenz, und versumpfte langsam in dem geistlosen, maschinellen Dienst seines Bureaus. Dann gieng er, bereits enttäuscht und nicht mehr im vollen Bewußtsein seinem verfehlten Daseins, eine Ehe mit einer direct geistesschwachen, wenn auch gutmüthig veranlagten Person ein, die, nicht einmal hübsch, keinen andern Vorzug hatte, als ihre grenzenlose Borniertheit und ein mittelmäßiges, bürgerliches Vermögen. Je mehr seine jugendliche Elasticität nachließ, desto mehr zog es ihn von seinen wissenschaftlichen – meist linguistischen – Studien weg zum Weinkrug. Er trank viel, noch dazu in einer philiströsen Gesellschaft mit durch und durch verblödeten Ansichten, und machte im vorgerückten Alter den Eindruck eines ziemlich hochgradigen Alkoholikers. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="35"/> Name Erziehung paßte eigentlich gar nicht, dazu war seine Umgebung zu ungebildet – und ein nicht zur rechten Zeit eingeschränkter Eigendünkel gemacht hatten – ein boshafter, ekelerregender Narr. Aber ich hatte mit ihm Mitleid, er erschien mir erblich belastet. Sein Vater, von Natur aus tief–geistig veranlagt, ward durch die leidigen, pecuniären Verhältnisse schon als Student in eine Laufbahn gedrängt, die ihm für die Zukunft keine rettenden Aussichten bot, höchstens eine mittelmäßige Bourgeoisexistenz, und versumpfte langsam in dem geistlosen, maschinellen Dienst seines Bureaus. Dann gieng er, bereits enttäuscht und nicht mehr im vollen Bewußtsein seinem verfehlten Daseins, eine Ehe mit einer direct geistesschwachen, wenn auch gutmüthig veranlagten Person ein, die, nicht einmal hübsch, keinen andern Vorzug hatte, als ihre grenzenlose Borniertheit und ein mittelmäßiges, bürgerliches Vermögen. Je mehr seine jugendliche Elasticität nachließ, desto mehr zog es ihn von seinen wissenschaftlichen – meist linguistischen – Studien weg zum Weinkrug. Er trank viel, noch dazu in einer philiströsen Gesellschaft mit durch und durch verblödeten Ansichten, und machte im vorgerückten Alter den Eindruck eines ziemlich hochgradigen Alkoholikers. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [35/0033]
Name Erziehung paßte eigentlich gar nicht, dazu war seine Umgebung zu ungebildet – und ein nicht zur rechten Zeit eingeschränkter Eigendünkel gemacht hatten – ein boshafter, ekelerregender Narr. Aber ich hatte mit ihm Mitleid, er erschien mir erblich belastet. Sein Vater, von Natur aus tief–geistig veranlagt, ward durch die leidigen, pecuniären Verhältnisse schon als Student in eine Laufbahn gedrängt, die ihm für die Zukunft keine rettenden Aussichten bot, höchstens eine mittelmäßige Bourgeoisexistenz, und versumpfte langsam in dem geistlosen, maschinellen Dienst seines Bureaus. Dann gieng er, bereits enttäuscht und nicht mehr im vollen Bewußtsein seinem verfehlten Daseins, eine Ehe mit einer direct geistesschwachen, wenn auch gutmüthig veranlagten Person ein, die, nicht einmal hübsch, keinen andern Vorzug hatte, als ihre grenzenlose Borniertheit und ein mittelmäßiges, bürgerliches Vermögen. Je mehr seine jugendliche Elasticität nachließ, desto mehr zog es ihn von seinen wissenschaftlichen – meist linguistischen – Studien weg zum Weinkrug. Er trank viel, noch dazu in einer philiströsen Gesellschaft mit durch und durch verblödeten Ansichten, und machte im vorgerückten Alter den Eindruck eines ziemlich hochgradigen Alkoholikers.
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