Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.ich die conventionelle Lüge, das geheuchelte Glück, die mit schlechter Schminke kraß aufgetragene Zufriedenheit, wenngleich mir auch nicht alles wahr und echt erschien, was meine Augen sahen und meine Ohren hörten. Als die Pendeluhr zwölf schlug, standen wir natürlich auf und gossen heißen Punsch in unsere Gläser und stießen an auf ein glückliches, neues Jahr. Ernst küßte mit trauriger Zärtlichkeit seinen Vater, einen alten, etwas gebückten Mann, aus dessen jugendfrisch blickenden Augen jener unzerstörbare Optimismus leuchtete, welcher seinem Besitzer oft mehr des Unheils bringt als des Glücks, jene "gute Hoffnung", die dem Leichtgläubigen die abenteuerlichsten, von vorneherein verlorenen Projecte als gewinnbringend vorspiegelt, um ihm dann die Wirklichkeit zu verfälschen, damit er nie klar sehe, ein Blinder, dem man vom Märchenlande erzählt und in Farben schildert, die für ihn nur hohle Begriffe, ja noch weniger, Worte ohne Bedeutung sein müssen. Wir beschlossen beide, noch in ein nahegelegenes Restaurant zu gehen, um dort unsere Freunde aufzusuchen, welche vereinbart hatten, an diesem Orte zusammenzukommen, nachdem sie im Kreise ihrer Familien das neue Jahr erwartet hatten. ich die conventionelle Lüge, das geheuchelte Glück, die mit schlechter Schminke kraß aufgetragene Zufriedenheit, wenngleich mir auch nicht alles wahr und echt erschien, was meine Augen sahen und meine Ohren hörten. Als die Pendeluhr zwölf schlug, standen wir natürlich auf und gossen heißen Punsch in unsere Gläser und stießen an auf ein glückliches, neues Jahr. Ernst küßte mit trauriger Zärtlichkeit seinen Vater, einen alten, etwas gebückten Mann, aus dessen jugendfrisch blickenden Augen jener unzerstörbare Optimismus leuchtete, welcher seinem Besitzer oft mehr des Unheils bringt als des Glücks, jene „gute Hoffnung“, die dem Leichtgläubigen die abenteuerlichsten, von vorneherein verlorenen Projecte als gewinnbringend vorspiegelt, um ihm dann die Wirklichkeit zu verfälschen, damit er nie klar sehe, ein Blinder, dem man vom Märchenlande erzählt und in Farben schildert, die für ihn nur hohle Begriffe, ja noch weniger, Worte ohne Bedeutung sein müssen. Wir beschlossen beide, noch in ein nahegelegenes Restaurant zu gehen, um dort unsere Freunde aufzusuchen, welche vereinbart hatten, an diesem Orte zusammenzukommen, nachdem sie im Kreise ihrer Familien das neue Jahr erwartet hatten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0050" n="52"/> ich die conventionelle Lüge, das geheuchelte Glück, die mit schlechter Schminke kraß aufgetragene Zufriedenheit, wenngleich mir auch nicht alles wahr und echt erschien, was meine Augen sahen und meine Ohren hörten.</p> <p>Als die Pendeluhr zwölf schlug, standen wir natürlich auf und gossen heißen Punsch in unsere Gläser und stießen an auf ein glückliches, neues Jahr. Ernst küßte mit trauriger Zärtlichkeit seinen Vater, einen alten, etwas gebückten Mann, aus dessen jugendfrisch blickenden Augen jener unzerstörbare Optimismus leuchtete, welcher seinem Besitzer oft mehr des Unheils bringt als des Glücks, jene „gute Hoffnung“, die dem Leichtgläubigen die abenteuerlichsten, von vorneherein verlorenen Projecte als gewinnbringend vorspiegelt, um ihm dann die Wirklichkeit zu verfälschen, damit er nie klar sehe, ein Blinder, dem man vom Märchenlande erzählt und in Farben schildert, die für ihn nur hohle Begriffe, ja noch weniger, Worte ohne Bedeutung sein müssen.</p> <p>Wir beschlossen beide, noch in ein nahegelegenes Restaurant zu gehen, um dort unsere Freunde aufzusuchen, welche vereinbart hatten, an diesem Orte zusammenzukommen, nachdem sie im Kreise ihrer Familien das neue Jahr erwartet hatten.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0050]
ich die conventionelle Lüge, das geheuchelte Glück, die mit schlechter Schminke kraß aufgetragene Zufriedenheit, wenngleich mir auch nicht alles wahr und echt erschien, was meine Augen sahen und meine Ohren hörten.
Als die Pendeluhr zwölf schlug, standen wir natürlich auf und gossen heißen Punsch in unsere Gläser und stießen an auf ein glückliches, neues Jahr. Ernst küßte mit trauriger Zärtlichkeit seinen Vater, einen alten, etwas gebückten Mann, aus dessen jugendfrisch blickenden Augen jener unzerstörbare Optimismus leuchtete, welcher seinem Besitzer oft mehr des Unheils bringt als des Glücks, jene „gute Hoffnung“, die dem Leichtgläubigen die abenteuerlichsten, von vorneherein verlorenen Projecte als gewinnbringend vorspiegelt, um ihm dann die Wirklichkeit zu verfälschen, damit er nie klar sehe, ein Blinder, dem man vom Märchenlande erzählt und in Farben schildert, die für ihn nur hohle Begriffe, ja noch weniger, Worte ohne Bedeutung sein müssen.
Wir beschlossen beide, noch in ein nahegelegenes Restaurant zu gehen, um dort unsere Freunde aufzusuchen, welche vereinbart hatten, an diesem Orte zusammenzukommen, nachdem sie im Kreise ihrer Familien das neue Jahr erwartet hatten.
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