nicht bieten lassen will, ausgeschlossen werden. Wird man aufgefordert, seine Ansicht zu äußern, so thue man dies in bescheidener Weise, und hat man überhaupt keine eigne Ansicht, so ist dies durchaus keine Schande, nur gebe man es einfach zu; dadurch wird man sich nicht lächerlich machen, wohl aber, wenn man irgend eine Kritik oder eine Folgerung, die man einer Zeitung oder dem Konversationslexikon entnommen hat, als aus seinem eignen Verstand entsprungen vorbringt. Man lasse sich aber auch durch das Urteil andrer nicht imponieren, wenn man es nicht teilen oder billigen kann, und prüfe stets bei sich, ob jener, der seine Meinung so unumstößlich hinstellt, nicht vielleicht selbst in den eben gerügten Fehler verfallen ist und sich mit fremden Federn geschmückt hat, die gar nicht zu seinem sonstigen Wesen passen. Weiß man aber etwas Näheres, vielleicht über den Verfasser des Stückes, den Komponisten der betreffenden Oper, den Maler, den Bildhauer, deren Werke gerade das herrschende Thema in der Unterhaltung der Gesellschaft bilden, so halte man damit nicht hinter dem Berg. Ja, man kann sich geradezu vorher darüber unterrichten, nur muß man dann beim Gespräch auch gleich die Quelle mitteilen, aus der man geschöpft hat. Es würde
nicht bieten lassen will, ausgeschlossen werden. Wird man aufgefordert, seine Ansicht zu äußern, so thue man dies in bescheidener Weise, und hat man überhaupt keine eigne Ansicht, so ist dies durchaus keine Schande, nur gebe man es einfach zu; dadurch wird man sich nicht lächerlich machen, wohl aber, wenn man irgend eine Kritik oder eine Folgerung, die man einer Zeitung oder dem Konversationslexikon entnommen hat, als aus seinem eignen Verstand entsprungen vorbringt. Man lasse sich aber auch durch das Urteil andrer nicht imponieren, wenn man es nicht teilen oder billigen kann, und prüfe stets bei sich, ob jener, der seine Meinung so unumstößlich hinstellt, nicht vielleicht selbst in den eben gerügten Fehler verfallen ist und sich mit fremden Federn geschmückt hat, die gar nicht zu seinem sonstigen Wesen passen. Weiß man aber etwas Näheres, vielleicht über den Verfasser des Stückes, den Komponisten der betreffenden Oper, den Maler, den Bildhauer, deren Werke gerade das herrschende Thema in der Unterhaltung der Gesellschaft bilden, so halte man damit nicht hinter dem Berg. Ja, man kann sich geradezu vorher darüber unterrichten, nur muß man dann beim Gespräch auch gleich die Quelle mitteilen, aus der man geschöpft hat. Es würde
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nicht bieten lassen will, ausgeschlossen werden. Wird man aufgefordert, seine Ansicht zu äußern, so thue man dies in bescheidener Weise, und hat man überhaupt keine eigne Ansicht, so ist dies durchaus keine Schande, nur gebe man es einfach zu; dadurch wird man sich nicht lächerlich machen, wohl aber, wenn man irgend eine Kritik oder eine Folgerung, die man einer Zeitung oder dem Konversationslexikon entnommen hat, als aus seinem eignen Verstand entsprungen vorbringt. Man lasse sich aber auch durch das Urteil andrer nicht imponieren, wenn man es nicht teilen oder billigen kann, und prüfe stets bei sich, ob jener, der seine Meinung so unumstößlich hinstellt, nicht vielleicht selbst in den eben gerügten Fehler verfallen ist und sich mit fremden Federn geschmückt hat, die gar nicht zu seinem sonstigen Wesen passen. Weiß man aber etwas Näheres, vielleicht über den Verfasser des Stückes, den Komponisten der betreffenden Oper, den Maler, den Bildhauer, deren Werke gerade das herrschende Thema in der Unterhaltung der Gesellschaft bilden, so halte man damit nicht hinter dem Berg. Ja, man kann sich geradezu vorher darüber unterrichten, nur muß man dann beim Gespräch auch gleich die Quelle mitteilen, aus der man geschöpft hat. Es würde
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nicht bieten lassen will, ausgeschlossen werden. Wird man aufgefordert, seine Ansicht zu äußern, so thue man dies in bescheidener Weise, und hat man überhaupt keine eigne Ansicht, so ist dies durchaus keine Schande, nur gebe man es einfach zu; dadurch wird man sich nicht lächerlich machen, wohl aber, wenn man irgend eine Kritik oder eine Folgerung, die man einer Zeitung oder dem Konversationslexikon entnommen hat, als aus seinem eignen Verstand entsprungen vorbringt. Man lasse sich aber auch durch das Urteil andrer nicht imponieren, wenn man es nicht teilen oder billigen kann, und prüfe stets bei sich, ob jener, der seine Meinung so unumstößlich hinstellt, nicht vielleicht selbst in den eben gerügten Fehler verfallen ist und sich mit fremden Federn geschmückt hat, die gar nicht zu seinem sonstigen Wesen passen. Weiß man aber etwas Näheres, vielleicht über den Verfasser des Stückes, den Komponisten der betreffenden Oper, den Maler, den Bildhauer, deren Werke gerade das herrschende Thema in der Unterhaltung der Gesellschaft bilden, so halte man damit nicht hinter dem Berg. Ja, man kann sich geradezu vorher darüber unterrichten, nur muß man dann beim Gespräch auch gleich die Quelle mitteilen, aus der man geschöpft hat. Es würde
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Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hahn_verkehr_1898/197>, abgerufen am 23.02.2025.
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