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Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.

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bestimmt sind, nicht doch ein wenig zerbrochen wäre, nun aber herhalten muß, da vergessen worden ist, ihn zeitig genug reparieren zu lassen, und ein Stuhl andrer Art unter den gleichen Brüdern nicht gut aussehen würde. Der Gast aber fühlt die vielleicht nur eingebildete Gefahr unausgesetzt und denkt sich schon, anstatt die köstlichste Mahlzeit würdigen zu können, die verhängnisvollen Folgen aus, wenn er plötzlich zur Erde degradiert würde. Die Servietten werden nicht mehr, wie dies früher Mode war, in der schwierigsten Weise gefaltet, da man doch unwillkürlich beim Anblick eines solchen Kunstwerkes daran denken muß, wie oftmals dasselbe durch die Hände des deckenden Dieners oder Mädchens zusammengelegt, durcheinandergesteckt und wieder ausgezogen worden sein muß, ehe der künstliche Bau entstehen konnte. An jedem Platz steht nur ein Teller, auf welchen dann der Suppenteller gesetzt wird. Zugleich mit diesem wird auch der andre weggenommen und bei jedem weiteren Gang mit einem neuen, warmen Teller vertauscht. Rechts von dem Teller liegen einmal Messer und Gabel, und zwar die letztere links von der Schneide des ersteren, auf einem Messerbänkchen, während der Löffel, mit dem Stiel nach rechts,

bestimmt sind, nicht doch ein wenig zerbrochen wäre, nun aber herhalten muß, da vergessen worden ist, ihn zeitig genug reparieren zu lassen, und ein Stuhl andrer Art unter den gleichen Brüdern nicht gut aussehen würde. Der Gast aber fühlt die vielleicht nur eingebildete Gefahr unausgesetzt und denkt sich schon, anstatt die köstlichste Mahlzeit würdigen zu können, die verhängnisvollen Folgen aus, wenn er plötzlich zur Erde degradiert würde. Die Servietten werden nicht mehr, wie dies früher Mode war, in der schwierigsten Weise gefaltet, da man doch unwillkürlich beim Anblick eines solchen Kunstwerkes daran denken muß, wie oftmals dasselbe durch die Hände des deckenden Dieners oder Mädchens zusammengelegt, durcheinandergesteckt und wieder ausgezogen worden sein muß, ehe der künstliche Bau entstehen konnte. An jedem Platz steht nur ein Teller, auf welchen dann der Suppenteller gesetzt wird. Zugleich mit diesem wird auch der andre weggenommen und bei jedem weiteren Gang mit einem neuen, warmen Teller vertauscht. Rechts von dem Teller liegen einmal Messer und Gabel, und zwar die letztere links von der Schneide des ersteren, auf einem Messerbänkchen, während der Löffel, mit dem Stiel nach rechts,

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[78/0088] bestimmt sind, nicht doch ein wenig zerbrochen wäre, nun aber herhalten muß, da vergessen worden ist, ihn zeitig genug reparieren zu lassen, und ein Stuhl andrer Art unter den gleichen Brüdern nicht gut aussehen würde. Der Gast aber fühlt die vielleicht nur eingebildete Gefahr unausgesetzt und denkt sich schon, anstatt die köstlichste Mahlzeit würdigen zu können, die verhängnisvollen Folgen aus, wenn er plötzlich zur Erde degradiert würde. Die Servietten werden nicht mehr, wie dies früher Mode war, in der schwierigsten Weise gefaltet, da man doch unwillkürlich beim Anblick eines solchen Kunstwerkes daran denken muß, wie oftmals dasselbe durch die Hände des deckenden Dieners oder Mädchens zusammengelegt, durcheinandergesteckt und wieder ausgezogen worden sein muß, ehe der künstliche Bau entstehen konnte. An jedem Platz steht nur ein Teller, auf welchen dann der Suppenteller gesetzt wird. Zugleich mit diesem wird auch der andre weggenommen und bei jedem weiteren Gang mit einem neuen, warmen Teller vertauscht. Rechts von dem Teller liegen einmal Messer und Gabel, und zwar die letztere links von der Schneide des ersteren, auf einem Messerbänkchen, während der Löffel, mit dem Stiel nach rechts,

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Zitationshilfe: Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hahn_verkehr_1898/88>, abgerufen am 09.11.2024.