Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.jedem Kochbuch, in dem sich auch stets eine große Anzahl von Menüs zur Auswahl angegeben finden. Die Hausfrau kann aus ihnen ihre Wahl treffen. Nur bedarf es auch hier eines gewissen Taktgefühles. Es würde sich nicht gut machen, wenn man zu einem feinen Diner Speisen aufsetzen wollte, die "guter Hausmannskost" entsprächen, während es anderseits nicht am Platz ist, alle möglichen feinsten Genüsse zu bieten, wenn man Leute bei sich sieht, die, in kleineren Verhältnissen vielleicht lebend, derlei Gerichte gar nicht kennen und nicht wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen, und denen ein guter, solider Rinderbraten oder dergleichen das höchste der Gefühle ist. Ja, solche Leute werden gerade durch luxuriöses Essen und Trinken oft vielmehr gedemütigt, als man im ersten Augenblick meint, und man sollte daher, ganz im allgemeinen und nicht nur in Bezug auf den Verkehr bei Tisch gesagt, ihnen gegenüber allzugroßen Aufwand, der einem selbst vielleicht gar nicht einmal als solcher erscheint, den sie in ihrer beschränkten Lage aber nur viel mehr empfinden, da sie ihn nicht auch machen können, vermeiden. Das ist eben eine Sache des Gefühls. Mancher wird dadurch verletzt, daß man sich bemüht, zu jedem Kochbuch, in dem sich auch stets eine große Anzahl von Menüs zur Auswahl angegeben finden. Die Hausfrau kann aus ihnen ihre Wahl treffen. Nur bedarf es auch hier eines gewissen Taktgefühles. Es würde sich nicht gut machen, wenn man zu einem feinen Diner Speisen aufsetzen wollte, die „guter Hausmannskost“ entsprächen, während es anderseits nicht am Platz ist, alle möglichen feinsten Genüsse zu bieten, wenn man Leute bei sich sieht, die, in kleineren Verhältnissen vielleicht lebend, derlei Gerichte gar nicht kennen und nicht wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen, und denen ein guter, solider Rinderbraten oder dergleichen das höchste der Gefühle ist. Ja, solche Leute werden gerade durch luxuriöses Essen und Trinken oft vielmehr gedemütigt, als man im ersten Augenblick meint, und man sollte daher, ganz im allgemeinen und nicht nur in Bezug auf den Verkehr bei Tisch gesagt, ihnen gegenüber allzugroßen Aufwand, der einem selbst vielleicht gar nicht einmal als solcher erscheint, den sie in ihrer beschränkten Lage aber nur viel mehr empfinden, da sie ihn nicht auch machen können, vermeiden. Das ist eben eine Sache des Gefühls. Mancher wird dadurch verletzt, daß man sich bemüht, zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0097" n="87"/> jedem Kochbuch, in dem sich auch stets eine große Anzahl von Menüs zur Auswahl angegeben finden. Die Hausfrau kann aus ihnen ihre Wahl treffen. Nur bedarf es auch hier eines gewissen Taktgefühles. Es würde sich nicht gut machen, wenn man zu einem feinen Diner Speisen aufsetzen wollte, die „guter Hausmannskost“ entsprächen, während es anderseits nicht am Platz ist, alle möglichen feinsten Genüsse zu bieten, wenn man Leute bei sich sieht, die, in kleineren Verhältnissen vielleicht lebend, derlei Gerichte gar nicht kennen und nicht wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen, und denen ein guter, solider Rinderbraten oder dergleichen das höchste der Gefühle ist. Ja, solche Leute werden gerade durch luxuriöses Essen und Trinken oft vielmehr gedemütigt, als man im ersten Augenblick meint, und man sollte daher, ganz im allgemeinen und nicht nur in Bezug auf den Verkehr bei Tisch gesagt, ihnen gegenüber allzugroßen Aufwand, der einem selbst vielleicht gar nicht einmal als solcher erscheint, den sie in ihrer beschränkten Lage aber nur viel mehr empfinden, da sie ihn nicht auch machen können, vermeiden. Das ist eben eine Sache des Gefühls. Mancher wird dadurch verletzt, daß man sich bemüht, zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0097]
jedem Kochbuch, in dem sich auch stets eine große Anzahl von Menüs zur Auswahl angegeben finden. Die Hausfrau kann aus ihnen ihre Wahl treffen. Nur bedarf es auch hier eines gewissen Taktgefühles. Es würde sich nicht gut machen, wenn man zu einem feinen Diner Speisen aufsetzen wollte, die „guter Hausmannskost“ entsprächen, während es anderseits nicht am Platz ist, alle möglichen feinsten Genüsse zu bieten, wenn man Leute bei sich sieht, die, in kleineren Verhältnissen vielleicht lebend, derlei Gerichte gar nicht kennen und nicht wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen, und denen ein guter, solider Rinderbraten oder dergleichen das höchste der Gefühle ist. Ja, solche Leute werden gerade durch luxuriöses Essen und Trinken oft vielmehr gedemütigt, als man im ersten Augenblick meint, und man sollte daher, ganz im allgemeinen und nicht nur in Bezug auf den Verkehr bei Tisch gesagt, ihnen gegenüber allzugroßen Aufwand, der einem selbst vielleicht gar nicht einmal als solcher erscheint, den sie in ihrer beschränkten Lage aber nur viel mehr empfinden, da sie ihn nicht auch machen können, vermeiden. Das ist eben eine Sache des Gefühls. Mancher wird dadurch verletzt, daß man sich bemüht, zu
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