[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 1. Riga u. a., 1767.Vorrede. wirken lassen sollte, diese erhabne, diesegöttliche Erfindung, von der man nicht mehr weis, ob man sie der Gewaltthä- tigkeit eines Räubers, oder der wohlthuen- den Beredsamkeit eines Menschenfreun- des, ursprünglich zu verdanken habe, ob sie zu allererst ein Werk des Zufalls, oder des Vorbedachts, oder der Noth, gewesen, zeigte bald einen erstaunlichen Einfluß in die Bestimmung des mensch- lichen Geschlechtes. Die Folgen davon hatte die Natur den ersten vereinten Menschen ungefragt und freywillig ge- wiesen: allein allmählig wurden sie Ge- genstände ihrer Ueberlegung und förmli- che Absichten. Nicht mehr zufrieden, daß ihnen ihre Vereinigung blos ein negatives Gut, blos die Versicherung ihrer Rechte und Besitzthümer gegen die Anfälle un- gerechter Mitbürger und bewaffneter Nachbarn, gewährte, dehnten sie die Be- stimmung des Staats, und mit solcher die Bestimmung des Regenten, weiter aus, und foderten von diesem, alle Kräfte, deren Richtung und Gebrauch ihm über- lassen war, wirksam zu machen, sie auf die vortheilhafteste Art wirken zu lassen, und hierdurch dem Ganzen alles dasje- nige
Vorrede. wirken laſſen ſollte, dieſe erhabne, dieſegoͤttliche Erfindung, von der man nicht mehr weis, ob man ſie der Gewaltthaͤ- tigkeit eines Raͤubers, oder der wohlthuen- den Beredſamkeit eines Menſchenfreun- des, urſpruͤnglich zu verdanken habe, ob ſie zu allererſt ein Werk des Zufalls, oder des Vorbedachts, oder der Noth, geweſen, zeigte bald einen erſtaunlichen Einfluß in die Beſtimmung des menſch- lichen Geſchlechtes. Die Folgen davon hatte die Natur den erſten vereinten Menſchen ungefragt und freywillig ge- wieſen: allein allmaͤhlig wurden ſie Ge- genſtaͤnde ihrer Ueberlegung und foͤrmli- che Abſichten. Nicht mehr zufrieden, daß ihnen ihre Vereinigung blos ein negatives Gut, blos die Verſicherung ihrer Rechte und Beſitzthuͤmer gegen die Anfaͤlle un- gerechter Mitbuͤrger und bewaffneter Nachbarn, gewaͤhrte, dehnten ſie die Be- ſtimmung des Staats, und mit ſolcher die Beſtimmung des Regenten, weiter aus, und foderten von dieſem, alle Kraͤfte, deren Richtung und Gebrauch ihm uͤber- laſſen war, wirkſam zu machen, ſie auf die vortheilhafteſte Art wirken zu laſſen, und hierdurch dem Ganzen alles dasje- nige
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Vorrede.
wirken laſſen ſollte, dieſe erhabne, dieſe
goͤttliche Erfindung, von der man nicht
mehr weis, ob man ſie der Gewaltthaͤ-
tigkeit eines Raͤubers, oder der wohlthuen-
den Beredſamkeit eines Menſchenfreun-
des, urſpruͤnglich zu verdanken habe,
ob ſie zu allererſt ein Werk des Zufalls,
oder des Vorbedachts, oder der Noth,
geweſen, zeigte bald einen erſtaunlichen
Einfluß in die Beſtimmung des menſch-
lichen Geſchlechtes. Die Folgen davon
hatte die Natur den erſten vereinten
Menſchen ungefragt und freywillig ge-
wieſen: allein allmaͤhlig wurden ſie Ge-
genſtaͤnde ihrer Ueberlegung und foͤrmli-
che Abſichten. Nicht mehr zufrieden, daß
ihnen ihre Vereinigung blos ein negatives
Gut, blos die Verſicherung ihrer Rechte
und Beſitzthuͤmer gegen die Anfaͤlle un-
gerechter Mitbuͤrger und bewaffneter
Nachbarn, gewaͤhrte, dehnten ſie die Be-
ſtimmung des Staats, und mit ſolcher die
Beſtimmung des Regenten, weiter aus,
und foderten von dieſem, alle Kraͤfte,
deren Richtung und Gebrauch ihm uͤber-
laſſen war, wirkſam zu machen, ſie auf
die vortheilhafteſte Art wirken zu laſſen,
und hierdurch dem Ganzen alles dasje-
nige
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