Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

des Mirowitsch.
zu Glück und zu Ehren zu kommen, das gött-
liche Gesetz und den Uns geschwornen Eid der
Treue dergestalt vergessen, daß, ob ihm gleich
der Namen des Prinzen Johann nur aus
dem Gerüchte bekannt war, und er noch viel-
weniger von dessen Gemüthsart und körper-
licher Beschaffenheit das geringste wußte, er
ihn dennoch zum Gegenstand wählte, um durch
eine unter dem Volke anzurichtende blutige
Empörung sein Glück zu machen.

Zur Ausführung dieses gottesvergeßnen,
für das Vaterland empörerischen, für seine
eigne Person aber verzweifelten Entschlusses,
erbat er sich die Erlaubniß, außer seiner Tour
die Wache in der Festung Schlüsselburg, welche
wöchentlich abgelöst wurde, beziehen zu dürfen.
Dies that er während Unsrer Reise nach den
Provinzen an der Ostsee. Zwischen dem 4ten
und 5ten abgewichnen Monats, um 2 Uhr
nach Mitternacht, befal er seinem auf der
Hauptwache in der Vestung stehenden Com-
mando, nachdem er dasselbe plötzlich aufgeweckt,
vor die Fronte auszurücken, und das Gewehr
scharf zu laden. So bald der Commandant
Berednikov den Lermen hörte, kam derselbe
aus seinem Quartier heraus, und erkundigte
sich darnach bei dem Mirowicz selbst. Statt
aller Antwort aber versetzte ihm dieser Aufrüh-

rer
Q 2

des Mirowitſch.
zu Gluͤck und zu Ehren zu kommen, das goͤtt-
liche Geſetz und den Uns geſchwornen Eid der
Treue dergeſtalt vergeſſen, daß, ob ihm gleich
der Namen des Prinzen Johann nur aus
dem Geruͤchte bekannt war, und er noch viel-
weniger von deſſen Gemuͤthsart und koͤrper-
licher Beſchaffenheit das geringſte wußte, er
ihn dennoch zum Gegenſtand waͤhlte, um durch
eine unter dem Volke anzurichtende blutige
Empoͤrung ſein Gluͤck zu machen.

Zur Ausfuͤhrung dieſes gottesvergeßnen,
fuͤr das Vaterland empoͤreriſchen, fuͤr ſeine
eigne Perſon aber verzweifelten Entſchluſſes,
erbat er ſich die Erlaubniß, außer ſeiner Tour
die Wache in der Feſtung Schluͤſſelburg, welche
woͤchentlich abgeloͤſt wurde, beziehen zu duͤrfen.
Dies that er waͤhrend Unſrer Reiſe nach den
Provinzen an der Oſtſee. Zwiſchen dem 4ten
und 5ten abgewichnen Monats, um 2 Uhr
nach Mitternacht, befal er ſeinem auf der
Hauptwache in der Veſtung ſtehenden Com-
mando, nachdem er daſſelbe ploͤtzlich aufgeweckt,
vor die Fronte auszuruͤcken, und das Gewehr
ſcharf zu laden. So bald der Commandant
Berednikov den Lermen hoͤrte, kam derſelbe
aus ſeinem Quartier heraus, und erkundigte
ſich darnach bei dem Mirowicz ſelbſt. Statt
aller Antwort aber verſetzte ihm dieſer Aufruͤh-

rer
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0267" n="243"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Mirowit&#x017F;ch.</hi></fw><lb/>
zu Glu&#x0364;ck und zu Ehren zu kommen, das go&#x0364;tt-<lb/>
liche Ge&#x017F;etz und den Uns ge&#x017F;chwornen Eid der<lb/>
Treue derge&#x017F;talt verge&#x017F;&#x017F;en, daß, ob ihm gleich<lb/>
der Namen des Prinzen Johann nur aus<lb/>
dem Geru&#x0364;chte bekannt war, und er noch viel-<lb/>
weniger von de&#x017F;&#x017F;en Gemu&#x0364;thsart und ko&#x0364;rper-<lb/>
licher Be&#x017F;chaffenheit das gering&#x017F;te wußte, er<lb/>
ihn dennoch zum Gegen&#x017F;tand wa&#x0364;hlte, um durch<lb/>
eine unter dem Volke anzurichtende blutige<lb/>
Empo&#x0364;rung &#x017F;ein Glu&#x0364;ck zu machen.</p><lb/>
            <p>Zur Ausfu&#x0364;hrung die&#x017F;es gottesvergeßnen,<lb/>
fu&#x0364;r das Vaterland empo&#x0364;reri&#x017F;chen, fu&#x0364;r &#x017F;eine<lb/>
eigne Per&#x017F;on aber verzweifelten Ent&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;es,<lb/>
erbat er &#x017F;ich die Erlaubniß, außer &#x017F;einer Tour<lb/>
die Wache in der Fe&#x017F;tung Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;elburg, welche<lb/>
wo&#x0364;chentlich abgelo&#x0364;&#x017F;t wurde, beziehen zu du&#x0364;rfen.<lb/>
Dies that er wa&#x0364;hrend Un&#x017F;rer Rei&#x017F;e nach den<lb/>
Provinzen an der O&#x017F;t&#x017F;ee. Zwi&#x017F;chen dem 4ten<lb/>
und 5ten abgewichnen Monats, um 2 Uhr<lb/>
nach Mitternacht, befal er &#x017F;einem auf der<lb/>
Hauptwache in der Ve&#x017F;tung &#x017F;tehenden Com-<lb/>
mando, nachdem er da&#x017F;&#x017F;elbe plo&#x0364;tzlich aufgeweckt,<lb/>
vor die Fronte auszuru&#x0364;cken, und das Gewehr<lb/>
&#x017F;charf zu laden. So bald der Commandant<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Berednikov</hi></hi> den Lermen ho&#x0364;rte, kam der&#x017F;elbe<lb/>
aus &#x017F;einem Quartier heraus, und erkundigte<lb/>
&#x017F;ich darnach bei dem Mirowicz &#x017F;elb&#x017F;t. Statt<lb/>
aller Antwort aber ver&#x017F;etzte ihm die&#x017F;er Aufru&#x0364;h-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">rer</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0267] des Mirowitſch. zu Gluͤck und zu Ehren zu kommen, das goͤtt- liche Geſetz und den Uns geſchwornen Eid der Treue dergeſtalt vergeſſen, daß, ob ihm gleich der Namen des Prinzen Johann nur aus dem Geruͤchte bekannt war, und er noch viel- weniger von deſſen Gemuͤthsart und koͤrper- licher Beſchaffenheit das geringſte wußte, er ihn dennoch zum Gegenſtand waͤhlte, um durch eine unter dem Volke anzurichtende blutige Empoͤrung ſein Gluͤck zu machen. Zur Ausfuͤhrung dieſes gottesvergeßnen, fuͤr das Vaterland empoͤreriſchen, fuͤr ſeine eigne Perſon aber verzweifelten Entſchluſſes, erbat er ſich die Erlaubniß, außer ſeiner Tour die Wache in der Feſtung Schluͤſſelburg, welche woͤchentlich abgeloͤſt wurde, beziehen zu duͤrfen. Dies that er waͤhrend Unſrer Reiſe nach den Provinzen an der Oſtſee. Zwiſchen dem 4ten und 5ten abgewichnen Monats, um 2 Uhr nach Mitternacht, befal er ſeinem auf der Hauptwache in der Veſtung ſtehenden Com- mando, nachdem er daſſelbe ploͤtzlich aufgeweckt, vor die Fronte auszuruͤcken, und das Gewehr ſcharf zu laden. So bald der Commandant Berednikov den Lermen hoͤrte, kam derſelbe aus ſeinem Quartier heraus, und erkundigte ſich darnach bei dem Mirowicz ſelbſt. Statt aller Antwort aber verſetzte ihm dieſer Aufruͤh- rer Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/267
Zitationshilfe: [Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/267>, abgerufen am 22.11.2024.