Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

in Moskau.
merere schon zu der Zeit, da sie noch kaum ange-
fangen, Athem zu schöpfen, von ihren grausamen
Müttern, und deren unmenschlichen Helfern und
Helferinnen, desselben in der Stille wieder berau-
bet werden. Und doch ist es nicht möglich, diesem
Frevel und Mord vorzukommen, noch solchen durch
die Furcht der Strafen abzuwenden.

Das menschenfreundliche und mitleidende Herz
Ewr. Kaiserl. Majt. wird zweifelsohne schon
durch diese, obgleich nur schwache, Abschilderung
von dem beklagenswürdigen Zustande solcher un-
glückseligen Geschöpfe gerühret seyn. Allerhöchst-
dero weltbekannten Gottesfurcht aber muß es ein
kränkender Vorwurf seyn, daß so viele grausame
Mordtaten das Reich bedrücken. Allein Ewr.
Kaiserl. Majt.
unermüdete und unvergleichliche
Vorsorge für das Wohl des Vaterlandes wird um
so mehr Dero Mitleiden rege machen, wenn Aller-
höchstdieselben diejenige große Anzal von Unterta-
nen in Erwegung zu ziehen geruhen, die Dero
Zepter järlich auf diese Weise entrissen werden, die
aber eine vernünftige und nach eines jeden Fähigkeit
und Gaben eingerichtete Erziehung zu brauchbaren
und nützlichen Gliedern des gemeinen Wesens hätte
machen können.

Da ich mich also erdreistet, das Unglück die-
ser armen Kinder vorzustellen, und die Großmuth
und das Erbarmen Ewr. Kaiserl. Majt., als

einer

in Moſkau.
merere ſchon zu der Zeit, da ſie noch kaum ange-
fangen, Athem zu ſchoͤpfen, von ihren grauſamen
Muͤttern, und deren unmenſchlichen Helfern und
Helferinnen, deſſelben in der Stille wieder berau-
bet werden. Und doch iſt es nicht moͤglich, dieſem
Frevel und Mord vorzukommen, noch ſolchen durch
die Furcht der Strafen abzuwenden.

Das menſchenfreundliche und mitleidende Herz
Ewr. Kaiſerl. Majt. wird zweifelsohne ſchon
durch dieſe, obgleich nur ſchwache, Abſchilderung
von dem beklagenswuͤrdigen Zuſtande ſolcher un-
gluͤckſeligen Geſchoͤpfe geruͤhret ſeyn. Allerhoͤchſt-
dero weltbekannten Gottesfurcht aber muß es ein
kraͤnkender Vorwurf ſeyn, daß ſo viele grauſame
Mordtaten das Reich bedruͤcken. Allein Ewr.
Kaiſerl. Majt.
unermuͤdete und unvergleichliche
Vorſorge fuͤr das Wohl des Vaterlandes wird um
ſo mehr Dero Mitleiden rege machen, wenn Aller-
hoͤchſtdieſelben diejenige große Anzal von Unterta-
nen in Erwegung zu ziehen geruhen, die Dero
Zepter jaͤrlich auf dieſe Weiſe entriſſen werden, die
aber eine vernuͤnftige und nach eines jeden Faͤhigkeit
und Gaben eingerichtete Erziehung zu brauchbaren
und nuͤtzlichen Gliedern des gemeinen Weſens haͤtte
machen koͤnnen.

Da ich mich alſo erdreiſtet, das Ungluͤck die-
ſer armen Kinder vorzuſtellen, und die Großmuth
und das Erbarmen Ewr. Kaiſerl. Majt., als

einer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0033" n="13"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in Mo&#x017F;kau.</hi></fw><lb/>
merere &#x017F;chon zu der Zeit, da &#x017F;ie noch kaum ange-<lb/>
fangen, Athem zu &#x017F;cho&#x0364;pfen, von ihren grau&#x017F;amen<lb/>
Mu&#x0364;ttern, und deren unmen&#x017F;chlichen Helfern und<lb/>
Helferinnen, de&#x017F;&#x017F;elben in der Stille wieder berau-<lb/>
bet werden. Und doch i&#x017F;t es nicht mo&#x0364;glich, die&#x017F;em<lb/>
Frevel und Mord vorzukommen, noch &#x017F;olchen durch<lb/>
die Furcht der Strafen abzuwenden.</p><lb/>
            <p>Das men&#x017F;chenfreundliche und mitleidende Herz<lb/><hi rendition="#fr">Ewr. Kai&#x017F;erl. Majt.</hi> wird zweifelsohne &#x017F;chon<lb/>
durch die&#x017F;e, obgleich nur &#x017F;chwache, Ab&#x017F;childerung<lb/>
von dem beklagenswu&#x0364;rdigen Zu&#x017F;tande &#x017F;olcher un-<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;eligen Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe geru&#x0364;hret &#x017F;eyn. Allerho&#x0364;ch&#x017F;t-<lb/>
dero weltbekannten Gottesfurcht aber muß es ein<lb/>
kra&#x0364;nkender Vorwurf &#x017F;eyn, daß &#x017F;o viele grau&#x017F;ame<lb/>
Mordtaten das Reich bedru&#x0364;cken. Allein <hi rendition="#fr">Ewr.<lb/>
Kai&#x017F;erl. Majt.</hi> unermu&#x0364;dete und unvergleichliche<lb/>
Vor&#x017F;orge fu&#x0364;r das Wohl des Vaterlandes wird um<lb/>
&#x017F;o mehr Dero Mitleiden rege machen, wenn Aller-<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;tdie&#x017F;elben diejenige große Anzal von Unterta-<lb/>
nen in Erwegung zu ziehen geruhen, die Dero<lb/>
Zepter ja&#x0364;rlich auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e entri&#x017F;&#x017F;en werden, die<lb/>
aber eine vernu&#x0364;nftige und nach eines jeden Fa&#x0364;higkeit<lb/>
und Gaben eingerichtete Erziehung zu brauchbaren<lb/>
und nu&#x0364;tzlichen Gliedern des gemeinen We&#x017F;ens ha&#x0364;tte<lb/>
machen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
            <p>Da ich mich al&#x017F;o erdrei&#x017F;tet, das Unglu&#x0364;ck die-<lb/>
&#x017F;er armen Kinder vorzu&#x017F;tellen, und die Großmuth<lb/>
und das Erbarmen <hi rendition="#fr">Ewr. Kai&#x017F;erl. Majt.</hi>, als<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einer</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0033] in Moſkau. merere ſchon zu der Zeit, da ſie noch kaum ange- fangen, Athem zu ſchoͤpfen, von ihren grauſamen Muͤttern, und deren unmenſchlichen Helfern und Helferinnen, deſſelben in der Stille wieder berau- bet werden. Und doch iſt es nicht moͤglich, dieſem Frevel und Mord vorzukommen, noch ſolchen durch die Furcht der Strafen abzuwenden. Das menſchenfreundliche und mitleidende Herz Ewr. Kaiſerl. Majt. wird zweifelsohne ſchon durch dieſe, obgleich nur ſchwache, Abſchilderung von dem beklagenswuͤrdigen Zuſtande ſolcher un- gluͤckſeligen Geſchoͤpfe geruͤhret ſeyn. Allerhoͤchſt- dero weltbekannten Gottesfurcht aber muß es ein kraͤnkender Vorwurf ſeyn, daß ſo viele grauſame Mordtaten das Reich bedruͤcken. Allein Ewr. Kaiſerl. Majt. unermuͤdete und unvergleichliche Vorſorge fuͤr das Wohl des Vaterlandes wird um ſo mehr Dero Mitleiden rege machen, wenn Aller- hoͤchſtdieſelben diejenige große Anzal von Unterta- nen in Erwegung zu ziehen geruhen, die Dero Zepter jaͤrlich auf dieſe Weiſe entriſſen werden, die aber eine vernuͤnftige und nach eines jeden Faͤhigkeit und Gaben eingerichtete Erziehung zu brauchbaren und nuͤtzlichen Gliedern des gemeinen Weſens haͤtte machen koͤnnen. Da ich mich alſo erdreiſtet, das Ungluͤck die- ſer armen Kinder vorzuſtellen, und die Großmuth und das Erbarmen Ewr. Kaiſerl. Majt., als einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/33
Zitationshilfe: [Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/33>, abgerufen am 28.04.2024.