[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772.I. Kinderhaus u. Accouchier-Hospital sonderes Hospital zu errichten, und an selbiges allesmögliche zu verwenden. Wenn nun ein solches kleines Fürstentum, ein so verwüstetes Land, und so ruinirte Einwoner, Stiftungen von dieser Art, und zwar noch zu so einer Zeit und mit solchem Ei- fer unternemen: so ist kein Zweifel, daß das von Gott erleuchtete Rußland seine Vorsorge und Beeiferung für eine so nützliche und gottselige Stif- tung bei seinem so beglückten Wolstande nicht ver- doppeln sollte. Allein diese Beispiele mögen noch so wirksam seyn, bei einem jeden die Menschenliebe und das Mitleiden rege zu machen, und die Liebe des Nächsten und das Erbarmen zu erwecken: so wird doch das eigene Nachdenken einen jeden von dem Nutzen einer Stiftung am stärksten überfüh- ren können, welche nur zu dem Ende errichtet wird, um unglückliche Kinder, die unschuldiger Weise umkommen, zu erhalten, und sie mit so vie- ler Sorgfalt zu erziehen, damit sie künftig nützliche Glieder des gemeinen Wesens abgeben mögen. Da man nun dergleichen zum allgemeinen Be- schul-
I. Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital ſonderes Hoſpital zu errichten, und an ſelbiges allesmoͤgliche zu verwenden. Wenn nun ein ſolches kleines Fuͤrſtentum, ein ſo verwuͤſtetes Land, und ſo ruinirte Einwoner, Stiftungen von dieſer Art, und zwar noch zu ſo einer Zeit und mit ſolchem Ei- fer unternemen: ſo iſt kein Zweifel, daß das von Gott erleuchtete Rußland ſeine Vorſorge und Beeiferung fuͤr eine ſo nuͤtzliche und gottſelige Stif- tung bei ſeinem ſo begluͤckten Wolſtande nicht ver- doppeln ſollte. Allein dieſe Beiſpiele moͤgen noch ſo wirkſam ſeyn, bei einem jeden die Menſchenliebe und das Mitleiden rege zu machen, und die Liebe des Naͤchſten und das Erbarmen zu erwecken: ſo wird doch das eigene Nachdenken einen jeden von dem Nutzen einer Stiftung am ſtaͤrkſten uͤberfuͤh- ren koͤnnen, welche nur zu dem Ende errichtet wird, um ungluͤckliche Kinder, die unſchuldiger Weiſe umkommen, zu erhalten, und ſie mit ſo vie- ler Sorgfalt zu erziehen, damit ſie kuͤnftig nuͤtzliche Glieder des gemeinen Weſens abgeben moͤgen. Da man nun dergleichen zum allgemeinen Be- ſchul-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0050" n="30"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital</hi></fw><lb/> ſonderes Hoſpital zu errichten, und an ſelbiges <hi rendition="#fr">alles<lb/> moͤgliche</hi> zu verwenden. Wenn nun ein ſolches<lb/> kleines Fuͤrſtentum, ein ſo verwuͤſtetes Land, und<lb/> ſo ruinirte Einwoner, Stiftungen von dieſer Art,<lb/> und zwar noch zu ſo einer Zeit und mit ſolchem Ei-<lb/> fer unternemen: ſo iſt kein Zweifel, daß <hi rendition="#fr">das von<lb/> Gott erleuchtete Rußland</hi> ſeine Vorſorge und<lb/> Beeiferung fuͤr eine ſo nuͤtzliche und gottſelige Stif-<lb/> tung bei ſeinem ſo begluͤckten Wolſtande nicht ver-<lb/> doppeln ſollte. Allein dieſe Beiſpiele moͤgen noch<lb/> ſo wirkſam ſeyn, bei einem jeden die Menſchenliebe<lb/> und das Mitleiden rege zu machen, und die Liebe<lb/> des Naͤchſten und das Erbarmen zu erwecken: ſo<lb/> wird doch das eigene Nachdenken einen jeden von<lb/> dem Nutzen einer Stiftung am ſtaͤrkſten uͤberfuͤh-<lb/> ren koͤnnen, welche nur zu dem Ende errichtet<lb/> wird, um ungluͤckliche Kinder, die unſchuldiger<lb/> Weiſe umkommen, zu erhalten, und ſie mit ſo vie-<lb/> ler Sorgfalt zu erziehen, damit ſie kuͤnftig nuͤtzliche<lb/> Glieder des gemeinen Weſens abgeben moͤgen.</p><lb/> <p>Da man nun dergleichen zum allgemeinen Be-<lb/> ſten gereichende heilſame Abſichten ſiehet, und da<lb/> man weiß, daß ſolche eine Wirkung der unbegraͤnz-<lb/> ten Gnade <hi rendition="#fr">Jhrer Kaiſerl. Majeſtaͤt</hi> ſind: ſollte<lb/> man wol daran zweifeln koͤnnen, daß nicht ohne<lb/> Unterſcheid, jedermann ſowol vom geiſtlichen als<lb/> weltlichen Stande, aus gutem Herzen und chriſtli-<lb/> cher Pflicht willig und bereit ſeyn ſollte, dieſen un-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſchul-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0050]
I. Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital
ſonderes Hoſpital zu errichten, und an ſelbiges alles
moͤgliche zu verwenden. Wenn nun ein ſolches
kleines Fuͤrſtentum, ein ſo verwuͤſtetes Land, und
ſo ruinirte Einwoner, Stiftungen von dieſer Art,
und zwar noch zu ſo einer Zeit und mit ſolchem Ei-
fer unternemen: ſo iſt kein Zweifel, daß das von
Gott erleuchtete Rußland ſeine Vorſorge und
Beeiferung fuͤr eine ſo nuͤtzliche und gottſelige Stif-
tung bei ſeinem ſo begluͤckten Wolſtande nicht ver-
doppeln ſollte. Allein dieſe Beiſpiele moͤgen noch
ſo wirkſam ſeyn, bei einem jeden die Menſchenliebe
und das Mitleiden rege zu machen, und die Liebe
des Naͤchſten und das Erbarmen zu erwecken: ſo
wird doch das eigene Nachdenken einen jeden von
dem Nutzen einer Stiftung am ſtaͤrkſten uͤberfuͤh-
ren koͤnnen, welche nur zu dem Ende errichtet
wird, um ungluͤckliche Kinder, die unſchuldiger
Weiſe umkommen, zu erhalten, und ſie mit ſo vie-
ler Sorgfalt zu erziehen, damit ſie kuͤnftig nuͤtzliche
Glieder des gemeinen Weſens abgeben moͤgen.
Da man nun dergleichen zum allgemeinen Be-
ſten gereichende heilſame Abſichten ſiehet, und da
man weiß, daß ſolche eine Wirkung der unbegraͤnz-
ten Gnade Jhrer Kaiſerl. Majeſtaͤt ſind: ſollte
man wol daran zweifeln koͤnnen, daß nicht ohne
Unterſcheid, jedermann ſowol vom geiſtlichen als
weltlichen Stande, aus gutem Herzen und chriſtli-
cher Pflicht willig und bereit ſeyn ſollte, dieſen un-
ſchul-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |