daß sich nämlich der närende Saft in dem Harne und Schweisse zerstreuet, davon man an derjenigen Krank- heit, da eine übermäßige Menge Harn abgefüret wird (diabetes), und an dem übermäßigen zerenden Schweisse (colliquations sudor), ein Beispiel hat. Jch will indessen damit nicht leugnen, daß nicht Salzwasser von einer grossen Gewalt des Blutumlaufes endlich verdünnt, auf- gelöst werden, und verrauchen könne. Doch alsdenn hat es bereits seine Verrichtungen mit der Gerinnbarkeit zugleich abgelegt.
Notwendig ist es gegenteils, daß Salzwasser ein wenig dünner, als Blut sei, damit sich die Kügelchen nicht einander anziehen, und Gerinnungen verursachen mögen, zu denen sie so ohnedem sehr aufgelegt sind (f). Und daher kömmt es eben, daß, wenn sich das Wasser und Salzwasser im Blute vermindern, das Rote im Blute in hizzigen Krankheiten sein Wasser von sich stöst (g) und sich mit demselben durchaus nicht vermischen lassen will. Es sind so gar Aerzte, welche in Furcht stehen, daß das Rote mit seinen eignen Kanälen zusammenwachsen könn- te (h), welches nicht gänzlich unnatürlich ist, da man von dergleichen Verwachsung in dem Schlagadergange, in Schlagadersäkken, in unterbundnen Schlagadern, und in einigen seltnern Uebeln, darüber ich selbst Beschrei- bungen mitgeteilt habe (i), Exempel aufzeigen kann.
Der Schleim hat seinen vielfältigen Nuzzen, wovon ich anderswo eigentlicher handeln will. Er ist es, der die Empfindungsnerven vor der Schärfe der Luft, des (h*)
Harns,
[Spaltenumbruch]
Froschlaich geronnen. Ephem. Nat. Curios. Dec. I. Ann. 8. Obs. 30. Daß aber in dem Harne der Kna- ben ein Gallert befindlich seyn soll, ist zuviel von allen mit einander gesagt. brovzaz Educat. medicin. T. II. S. 181.
(f) 5 Buch. 2 Abschn. §. 6.
(g)hvxham on fevers S. 8.
(h)[Spaltenumbruch]
Der vortrefliche Schwenke S. 100.
(i)Opuscul. pathologic. Obs. 19. Philosoph. Transact. n. 483. 492.
(h*) Jch habe selbst mit Augen gesehen, daß sich an die innere Aderwand eine vom Blute geword- ne blutige Rinde angehängt hatte.
Fuͤnftes Buch. Das Blut.
daß ſich naͤmlich der naͤrende Saft in dem Harne und Schweiſſe zerſtreuet, davon man an derjenigen Krank- heit, da eine uͤbermaͤßige Menge Harn abgefuͤret wird (diabetes), und an dem uͤbermaͤßigen zerenden Schweiſſe (colliquations ſudor), ein Beiſpiel hat. Jch will indeſſen damit nicht leugnen, daß nicht Salzwaſſer von einer groſſen Gewalt des Blutumlaufes endlich verduͤnnt, auf- geloͤſt werden, und verrauchen koͤnne. Doch alsdenn hat es bereits ſeine Verrichtungen mit der Gerinnbarkeit zugleich abgelegt.
Notwendig iſt es gegenteils, daß Salzwaſſer ein wenig duͤnner, als Blut ſei, damit ſich die Kuͤgelchen nicht einander anziehen, und Gerinnungen verurſachen moͤgen, zu denen ſie ſo ohnedem ſehr aufgelegt ſind (f). Und daher koͤmmt es eben, daß, wenn ſich das Waſſer und Salzwaſſer im Blute vermindern, das Rote im Blute in hizzigen Krankheiten ſein Waſſer von ſich ſtoͤſt (g) und ſich mit demſelben durchaus nicht vermiſchen laſſen will. Es ſind ſo gar Aerzte, welche in Furcht ſtehen, daß das Rote mit ſeinen eignen Kanaͤlen zuſammenwachſen koͤnn- te (h), welches nicht gaͤnzlich unnatuͤrlich iſt, da man von dergleichen Verwachſung in dem Schlagadergange, in Schlagaderſaͤkken, in unterbundnen Schlagadern, und in einigen ſeltnern Uebeln, daruͤber ich ſelbſt Beſchrei- bungen mitgeteilt habe (i), Exempel aufzeigen kann.
Der Schleim hat ſeinen vielfaͤltigen Nuzzen, wovon ich anderswo eigentlicher handeln will. Er iſt es, der die Empfindungsnerven vor der Schaͤrfe der Luft, des (h*)
Harns,
[Spaltenumbruch]
Froſchlaich geronnen. Ephem. Nat. Curioſ. Dec. I. Ann. 8. Obſ. 30. Daß aber in dem Harne der Kna- ben ein Gallert befindlich ſeyn ſoll, iſt zuviel von allen mit einander geſagt. brovzaz Educat. medicin. T. II. S. 181.
(f) 5 Buch. 2 Abſchn. §. 6.
(g)hvxham on fevers S. 8.
(h)[Spaltenumbruch]
Der vortrefliche Schwenke S. 100.
(i)Opuſcul. pathologic. Obſ. 19. Philoſoph. Transact. n. 483. 492.
(h*) Jch habe ſelbſt mit Augen geſehen, daß ſich an die innere Aderwand eine vom Blute geword- ne blutige Rinde angehaͤngt hatte.
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Fuͤnftes Buch. Das Blut.
daß ſich naͤmlich der naͤrende Saft in dem Harne und
Schweiſſe zerſtreuet, davon man an derjenigen Krank-
heit, da eine uͤbermaͤßige Menge Harn abgefuͤret wird
(diabetes), und an dem uͤbermaͤßigen zerenden Schweiſſe
(colliquations ſudor), ein Beiſpiel hat. Jch will indeſſen
damit nicht leugnen, daß nicht Salzwaſſer von einer
groſſen Gewalt des Blutumlaufes endlich verduͤnnt, auf-
geloͤſt werden, und verrauchen koͤnne. Doch alsdenn
hat es bereits ſeine Verrichtungen mit der Gerinnbarkeit
zugleich abgelegt.
Notwendig iſt es gegenteils, daß Salzwaſſer ein
wenig duͤnner, als Blut ſei, damit ſich die Kuͤgelchen
nicht einander anziehen, und Gerinnungen verurſachen
moͤgen, zu denen ſie ſo ohnedem ſehr aufgelegt ſind (f).
Und daher koͤmmt es eben, daß, wenn ſich das Waſſer
und Salzwaſſer im Blute vermindern, das Rote im Blute
in hizzigen Krankheiten ſein Waſſer von ſich ſtoͤſt (g) und
ſich mit demſelben durchaus nicht vermiſchen laſſen will.
Es ſind ſo gar Aerzte, welche in Furcht ſtehen, daß das
Rote mit ſeinen eignen Kanaͤlen zuſammenwachſen koͤnn-
te (h), welches nicht gaͤnzlich unnatuͤrlich iſt, da man von
dergleichen Verwachſung in dem Schlagadergange, in
Schlagaderſaͤkken, in unterbundnen Schlagadern, und
in einigen ſeltnern Uebeln, daruͤber ich ſelbſt Beſchrei-
bungen mitgeteilt habe (i), Exempel aufzeigen kann.
Der Schleim hat ſeinen vielfaͤltigen Nuzzen, wovon
ich anderswo eigentlicher handeln will. Er iſt es, der
die Empfindungsnerven vor der Schaͤrfe der Luft, des
Harns,
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(h*)
(f) 5 Buch. 2 Abſchn. §. 6.
(g) hvxham on fevers S. 8.
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Der vortrefliche Schwenke
S. 100.
(i) Opuſcul. pathologic. Obſ. 19.
Philoſoph. Transact. n. 483. 492.
(e)
Froſchlaich geronnen. Ephem. Nat.
Curioſ. Dec. I. Ann. 8. Obſ. 30.
Daß aber in dem Harne der Kna-
ben ein Gallert befindlich ſeyn ſoll,
iſt zuviel von allen mit einander
geſagt. brovzaz Educat. medicin.
T. II. S. 181.
(h*) Jch habe ſelbſt mit Augen
geſehen, daß ſich an die innere
Aderwand eine vom Blute geword-
ne blutige Rinde angehaͤngt hatte.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/262>, abgerufen am 16.07.2024.
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