Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch. Die Seitenbewegung
lassen; ich sage eingebildete Zeit, denn es wächst entwe-
den der Durchmesser der Schlagader beständig fort, und
es gelangt die Erweiterung von der kleinsten zur höch-
sten Breite: oder es vermindert fich wechselweise dieser
Durchmesser von der grösten bis zur kleinsten Breite,
welches der ganze Jnbegriff der Zusammenziehung ist.
Kaum wäre es in unserm Jahrhunderte notwendig, die-
jenige Pulsirungskraft zu wiederlegen, welche, ich weis
selbst nicht wie, längst den Membranen krichen, und
das Blut vom Herzen herbeirufen soll. Doch da sich
Galen auf einen Versuch beruft (n), so verdient diese
Sache auch noch in unserm Jahrhunderte kurz abgefer-
tigt zu werden. Er stekkte einen Federkiel in eine
Schlagader, wodurch der Fortgang der Pulsirungskraft
gehemmt wurde; er sahe, wenn man diesem berümten
Manne Glauben beimessen darf, daß unterhalb dieser
Schreibfeder (calamus) der Pulsschlag aufhörte. Und
so haben sich unter den Neuern berümte Leute gefun-
den (o), ob sie sich gleich im übrigen durch das Ansehn
Galens wenig überreden lissen, die dem ohngeachtet doch
etwas Wares in diesem Versuche anzutreffen geglaubt.

Allein, Vesal hat diesen Versuch vorlängst wieder
vor die Hand genommen, (p), und die Schlagader wirk-
lich unter der Feder klopfen gesehen, welchen Versuch
auch Thomas Kornelius Consentinus (q) wiederholt
hat, wie auch der Vertheidiger des Plempius (r) und
Raymund Vieussens (s). Ferner hat Vesal (t) noch
vor dem Harvei (u) und mit recht erinnert, daß der
Pulsschlag auch vom Herzen seyn Entstehen bekomme.
Daß der Pulsschlag mit der Zusammenziehung des Her-

zens
(n) [Spaltenumbruch] An sanguis natura in arte-
riis contineatur. c. 7. administ.
Anat. L. VII. c ult.
S. 214. und es
stimmt Waläus am angef. S.
404. oder Vieussens damit über-
ein. Neurograph. S. 25. auch J.
B. Senac T. II. S. 224.
(p) [Spaltenumbruch] De fabric. corp. huma. S.
819. 820.
(q) Progymnasm. S. 274.
(r) Munit. fund. plemp. S. 105.
(s) Angef. Ort. S. 23.
(t) Angef. Ort.
(u) Angef. Ort. S. 35. 271. u. f.

Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
laſſen; ich ſage eingebildete Zeit, denn es waͤchſt entwe-
den der Durchmeſſer der Schlagader beſtaͤndig fort, und
es gelangt die Erweiterung von der kleinſten zur hoͤch-
ſten Breite: oder es vermindert fich wechſelweiſe dieſer
Durchmeſſer von der groͤſten bis zur kleinſten Breite,
welches der ganze Jnbegriff der Zuſammenziehung iſt.
Kaum waͤre es in unſerm Jahrhunderte notwendig, die-
jenige Pulſirungskraft zu wiederlegen, welche, ich weis
ſelbſt nicht wie, laͤngſt den Membranen krichen, und
das Blut vom Herzen herbeirufen ſoll. Doch da ſich
Galen auf einen Verſuch beruft (n), ſo verdient dieſe
Sache auch noch in unſerm Jahrhunderte kurz abgefer-
tigt zu werden. Er ſtekkte einen Federkiel in eine
Schlagader, wodurch der Fortgang der Pulſirungskraft
gehemmt wurde; er ſahe, wenn man dieſem beruͤmten
Manne Glauben beimeſſen darf, daß unterhalb dieſer
Schreibfeder (calamus) der Pulsſchlag aufhoͤrte. Und
ſo haben ſich unter den Neuern beruͤmte Leute gefun-
den (o), ob ſie ſich gleich im uͤbrigen durch das Anſehn
Galens wenig uͤberreden liſſen, die dem ohngeachtet doch
etwas Wares in dieſem Verſuche anzutreffen geglaubt.

Allein, Veſal hat dieſen Verſuch vorlaͤngſt wieder
vor die Hand genommen, (p), und die Schlagader wirk-
lich unter der Feder klopfen geſehen, welchen Verſuch
auch Thomas Kornelius Conſentinus (q) wiederholt
hat, wie auch der Vertheidiger des Plempius (r) und
Raymund Vieuſſens (s). Ferner hat Veſal (t) noch
vor dem Harvei (u) und mit recht erinnert, daß der
Pulsſchlag auch vom Herzen ſeyn Entſtehen bekomme.
Daß der Pulsſchlag mit der Zuſammenziehung des Her-

zens
(n) [Spaltenumbruch] An ſanguis natura in arte-
riis contineatur. c. 7. adminiſt.
Anat. L. VII. c ult.
S. 214. und es
ſtimmt Waläus am angef. S.
404. oder Vieuſſens damit uͤber-
ein. Neurograph. S. 25. auch J.
B. Senac T. II. S. 224.
(p) [Spaltenumbruch] De fabric. corp. huma. S.
819. 820.
(q) Progymnaſm. S. 274.
(r) Munit. fund. plemp. S. 105.
(s) Angef. Ort. S. 23.
(t) Angef. Ort.
(u) Angef. Ort. S. 35. 271. u. f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0412" n="392"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch. Die Seitenbewegung</hi></fw><lb/>
la&#x017F;&#x017F;en; ich &#x017F;age eingebildete Zeit, denn es wa&#x0364;ch&#x017F;t entwe-<lb/>
den der Durchme&#x017F;&#x017F;er der Schlagader be&#x017F;ta&#x0364;ndig fort, und<lb/>
es gelangt die Erweiterung von der klein&#x017F;ten zur ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Breite: oder es vermindert fich wech&#x017F;elwei&#x017F;e die&#x017F;er<lb/>
Durchme&#x017F;&#x017F;er von der gro&#x0364;&#x017F;ten bis zur klein&#x017F;ten Breite,<lb/>
welches der ganze Jnbegriff der Zu&#x017F;ammenziehung i&#x017F;t.<lb/>
Kaum wa&#x0364;re es in un&#x017F;erm Jahrhunderte notwendig, die-<lb/>
jenige Pul&#x017F;irungskraft zu wiederlegen, welche, ich weis<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nicht wie, la&#x0364;ng&#x017F;t den Membranen krichen, und<lb/>
das Blut vom Herzen herbeirufen &#x017F;oll. Doch da &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#fr">Galen</hi> auf einen Ver&#x017F;uch beruft <note place="foot" n="(n)"><cb/><hi rendition="#aq">An &#x017F;anguis natura in arte-<lb/>
riis contineatur. c. 7. admini&#x017F;t.<lb/>
Anat. L. VII. c ult.</hi> S. 214. und es<lb/>
&#x017F;timmt <hi rendition="#fr">Waläus</hi> am angef. S.<lb/>
404. oder <hi rendition="#fr">Vieu&#x017F;&#x017F;ens</hi> damit u&#x0364;ber-<lb/>
ein. <hi rendition="#aq">Neurograph.</hi> S. 25. auch J.<lb/><hi rendition="#fr">B. Senac</hi> <hi rendition="#aq">T. II.</hi> S. 224.</note>, &#x017F;o verdient die&#x017F;e<lb/>
Sache auch noch in un&#x017F;erm Jahrhunderte kurz abgefer-<lb/>
tigt zu werden. Er &#x017F;tekkte einen Federkiel in eine<lb/>
Schlagader, wodurch der Fortgang der Pul&#x017F;irungskraft<lb/>
gehemmt wurde; er &#x017F;ahe, wenn man die&#x017F;em beru&#x0364;mten<lb/>
Manne Glauben beime&#x017F;&#x017F;en darf, daß unterhalb die&#x017F;er<lb/>
Schreibfeder (<hi rendition="#aq">calamus</hi>) der Puls&#x017F;chlag aufho&#x0364;rte. Und<lb/>
&#x017F;o haben &#x017F;ich unter den Neuern beru&#x0364;mte Leute gefun-<lb/>
den (o), ob &#x017F;ie &#x017F;ich gleich im u&#x0364;brigen durch das An&#x017F;ehn<lb/><hi rendition="#fr">Galens</hi> wenig u&#x0364;berreden li&#x017F;&#x017F;en, die dem ohngeachtet doch<lb/>
etwas Wares in die&#x017F;em Ver&#x017F;uche anzutreffen geglaubt.</p><lb/>
            <p>Allein, <hi rendition="#fr">Ve&#x017F;al</hi> hat die&#x017F;en Ver&#x017F;uch vorla&#x0364;ng&#x017F;t wieder<lb/>
vor die Hand genommen, <note place="foot" n="(p)"><cb/><hi rendition="#aq">De fabric. corp. huma.</hi> S.<lb/>
819. 820.</note>, und die Schlagader wirk-<lb/>
lich unter der Feder klopfen ge&#x017F;ehen, welchen Ver&#x017F;uch<lb/>
auch Thomas Kornelius <hi rendition="#fr">Con&#x017F;entinus</hi> <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">Progymna&#x017F;m.</hi> S. 274.</note> wiederholt<lb/>
hat, wie auch der Vertheidiger des <hi rendition="#fr">Plempius</hi> <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">Munit. fund. <hi rendition="#k">plemp.</hi></hi> S. 105.</note> und<lb/>
Raymund <hi rendition="#fr">Vieu&#x017F;&#x017F;ens</hi> <note place="foot" n="(s)">Angef. Ort. S. 23.</note>. Ferner hat <hi rendition="#fr">Ve&#x017F;al</hi> <note place="foot" n="(t)">Angef. Ort.</note> noch<lb/>
vor dem <hi rendition="#fr">Harvei</hi> <note place="foot" n="(u)">Angef. Ort. S. 35. 271. u. f.</note> und mit recht erinnert, daß der<lb/>
Puls&#x017F;chlag auch vom Herzen &#x017F;eyn Ent&#x017F;tehen bekomme.<lb/>
Daß der Puls&#x017F;chlag mit der Zu&#x017F;ammenziehung des Her-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zens</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[392/0412] Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung laſſen; ich ſage eingebildete Zeit, denn es waͤchſt entwe- den der Durchmeſſer der Schlagader beſtaͤndig fort, und es gelangt die Erweiterung von der kleinſten zur hoͤch- ſten Breite: oder es vermindert fich wechſelweiſe dieſer Durchmeſſer von der groͤſten bis zur kleinſten Breite, welches der ganze Jnbegriff der Zuſammenziehung iſt. Kaum waͤre es in unſerm Jahrhunderte notwendig, die- jenige Pulſirungskraft zu wiederlegen, welche, ich weis ſelbſt nicht wie, laͤngſt den Membranen krichen, und das Blut vom Herzen herbeirufen ſoll. Doch da ſich Galen auf einen Verſuch beruft (n), ſo verdient dieſe Sache auch noch in unſerm Jahrhunderte kurz abgefer- tigt zu werden. Er ſtekkte einen Federkiel in eine Schlagader, wodurch der Fortgang der Pulſirungskraft gehemmt wurde; er ſahe, wenn man dieſem beruͤmten Manne Glauben beimeſſen darf, daß unterhalb dieſer Schreibfeder (calamus) der Pulsſchlag aufhoͤrte. Und ſo haben ſich unter den Neuern beruͤmte Leute gefun- den (o), ob ſie ſich gleich im uͤbrigen durch das Anſehn Galens wenig uͤberreden liſſen, die dem ohngeachtet doch etwas Wares in dieſem Verſuche anzutreffen geglaubt. Allein, Veſal hat dieſen Verſuch vorlaͤngſt wieder vor die Hand genommen, (p), und die Schlagader wirk- lich unter der Feder klopfen geſehen, welchen Verſuch auch Thomas Kornelius Conſentinus (q) wiederholt hat, wie auch der Vertheidiger des Plempius (r) und Raymund Vieuſſens (s). Ferner hat Veſal (t) noch vor dem Harvei (u) und mit recht erinnert, daß der Pulsſchlag auch vom Herzen ſeyn Entſtehen bekomme. Daß der Pulsſchlag mit der Zuſammenziehung des Her- zens (n) An ſanguis natura in arte- riis contineatur. c. 7. adminiſt. Anat. L. VII. c ult. S. 214. und es ſtimmt Waläus am angef. S. 404. oder Vieuſſens damit uͤber- ein. Neurograph. S. 25. auch J. B. Senac T. II. S. 224. (p) De fabric. corp. huma. S. 819. 820. (q) Progymnaſm. S. 274. (r) Munit. fund. plemp. S. 105. (s) Angef. Ort. S. 23. (t) Angef. Ort. (u) Angef. Ort. S. 35. 271. u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/412
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/412>, abgerufen am 22.11.2024.