man fich auf keinerlei Weise der Warheit genung nähern kann. Aus der Ursache werde ich das wenige, unzu- sammenhängende, wovon ich eine klare Erkenntnis be- sizze, mit kurzen Worten vortragen: und noch kürzer soll die Erzälung von den Hipotesen andrer geraten.
Es ist das erste, welches vorgeht, so lange das Blut durch die grosse Gefässe schnell hindurchgefürt wird, dieses, daß ein Reiben entsteht. Es ist dieses aber viel- fach. Es werden nämlich die Kügelchen an die Wände der Schlagadern geworfen, die Schlagadern mögen ge- bogen seyn, oder nach der Art eines Kegels in einen en- gern Durchmesser zusammengezogen werden; denn es verursachen beiderlei Beschaffenheiten, daß ein grosser Theil der Kügelchen auf die Wände aufprellen mus: unter andern thun solches, im ersten Exempel, diejenige Kügelchen, welche der Strom gerade auf den erhabnen Theil der Krümmung zu führt: im zweiten Falle thun es alle die einzubildende Reihen der Kügelchen, die sich in demjenigen Ringe befinden, welcher dem Unterschiede der Oefnungen im Lichten gleich ist. Es stossen ferner diejenigen Kugelreihen, welche die Achse besezzen, not- wendig auf die gabelförmige Verbindung der beiden Aderschenkel zu, da wo sich zween Aeste zerscheiteln, und ein Winkel entspringt. Es geschicht dieses Aufprellen, so viel unsre Versuche davon melden (o), ohne Gewalt- samkeit, doch nicht ohne Heftigkeit in warmen Thieren, und in grossen Schlagadern, da sich Schlagadern ge- meiniglich an dem gebognen Ende erweitern (p). Wenn aber die Wände einer Schlagader Veränderungen leiden, so müssen auch die Blutkügelchen, und was ausser diesen noch den Lebenssaft ausmacht, zwischen der pressenden Gewalt des Herzens, und der wiederstehenden und zu-
rükk-
(o)[Spaltenumbruch]
Vergleichet damit Mem. sur le mouvement du sang. exp. 69. 70. 82.
(p)[Spaltenumbruch]
2. Buch. 6. Buch.
E e 4
bewegten Blutes, in den Schlagadern.
man fich auf keinerlei Weiſe der Warheit genung naͤhern kann. Aus der Urſache werde ich das wenige, unzu- ſammenhaͤngende, wovon ich eine klare Erkenntnis be- ſizze, mit kurzen Worten vortragen: und noch kuͤrzer ſoll die Erzaͤlung von den Hipoteſen andrer geraten.
Es iſt das erſte, welches vorgeht, ſo lange das Blut durch die groſſe Gefaͤſſe ſchnell hindurchgefuͤrt wird, dieſes, daß ein Reiben entſteht. Es iſt dieſes aber viel- fach. Es werden naͤmlich die Kuͤgelchen an die Waͤnde der Schlagadern geworfen, die Schlagadern moͤgen ge- bogen ſeyn, oder nach der Art eines Kegels in einen en- gern Durchmeſſer zuſammengezogen werden; denn es verurſachen beiderlei Beſchaffenheiten, daß ein groſſer Theil der Kuͤgelchen auf die Waͤnde aufprellen mus: unter andern thun ſolches, im erſten Exempel, diejenige Kuͤgelchen, welche der Strom gerade auf den erhabnen Theil der Kruͤmmung zu fuͤhrt: im zweiten Falle thun es alle die einzubildende Reihen der Kuͤgelchen, die ſich in demjenigen Ringe befinden, welcher dem Unterſchiede der Oefnungen im Lichten gleich iſt. Es ſtoſſen ferner diejenigen Kugelreihen, welche die Achſe beſezzen, not- wendig auf die gabelfoͤrmige Verbindung der beiden Aderſchenkel zu, da wo ſich zween Aeſte zerſcheiteln, und ein Winkel entſpringt. Es geſchicht dieſes Aufprellen, ſo viel unſre Verſuche davon melden (o), ohne Gewalt- ſamkeit, doch nicht ohne Heftigkeit in warmen Thieren, und in groſſen Schlagadern, da ſich Schlagadern ge- meiniglich an dem gebognen Ende erweitern (p). Wenn aber die Waͤnde einer Schlagader Veraͤnderungen leiden, ſo muͤſſen auch die Blutkuͤgelchen, und was auſſer dieſen noch den Lebensſaft ausmacht, zwiſchen der preſſenden Gewalt des Herzens, und der wiederſtehenden und zu-
ruͤkk-
(o)[Spaltenumbruch]
Vergleichet damit Mem. ſur le mouvement du ſang. exp. 69. 70. 82.
(p)[Spaltenumbruch]
2. Buch. 6. Buch.
E e 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0459"n="439"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">bewegten Blutes, in den Schlagadern.</hi></fw><lb/>
man fich auf keinerlei Weiſe der Warheit genung naͤhern<lb/>
kann. Aus der Urſache werde ich das wenige, unzu-<lb/>ſammenhaͤngende, wovon ich eine klare Erkenntnis be-<lb/>ſizze, mit kurzen Worten vortragen: und noch kuͤrzer<lb/>ſoll die Erzaͤlung von den Hipoteſen andrer geraten.</p><lb/><p>Es iſt das erſte, welches vorgeht, ſo lange das<lb/>
Blut durch die groſſe Gefaͤſſe ſchnell hindurchgefuͤrt wird,<lb/>
dieſes, daß ein Reiben entſteht. Es iſt dieſes aber viel-<lb/>
fach. Es werden naͤmlich die Kuͤgelchen an die Waͤnde<lb/>
der Schlagadern geworfen, die Schlagadern moͤgen ge-<lb/>
bogen ſeyn, oder nach der Art eines Kegels in einen en-<lb/>
gern Durchmeſſer zuſammengezogen werden; denn es<lb/>
verurſachen beiderlei Beſchaffenheiten, daß ein groſſer<lb/>
Theil der Kuͤgelchen auf die Waͤnde aufprellen mus:<lb/>
unter andern thun ſolches, im erſten Exempel, diejenige<lb/>
Kuͤgelchen, welche der Strom gerade auf den erhabnen<lb/>
Theil der Kruͤmmung zu fuͤhrt: im zweiten Falle thun<lb/>
es alle die einzubildende Reihen der Kuͤgelchen, die ſich<lb/>
in demjenigen Ringe befinden, welcher dem Unterſchiede<lb/>
der Oefnungen im Lichten gleich iſt. Es ſtoſſen ferner<lb/>
diejenigen Kugelreihen, welche die Achſe beſezzen, not-<lb/>
wendig auf die gabelfoͤrmige Verbindung der beiden<lb/>
Aderſchenkel zu, da wo ſich zween Aeſte zerſcheiteln, und<lb/>
ein Winkel entſpringt. Es geſchicht dieſes Aufprellen,<lb/>ſo viel unſre Verſuche davon melden <noteplace="foot"n="(o)"><cb/>
Vergleichet damit <hirendition="#aq">Mem.<lb/>ſur le mouvement du ſang. exp.</hi><lb/>
69. 70. 82.</note>, ohne Gewalt-<lb/>ſamkeit, doch nicht ohne Heftigkeit in warmen Thieren,<lb/>
und in groſſen Schlagadern, da ſich Schlagadern ge-<lb/>
meiniglich an dem gebognen Ende erweitern <noteplace="foot"n="(p)"><cb/>
2. Buch. 6. Buch.</note>. Wenn<lb/>
aber die Waͤnde einer Schlagader Veraͤnderungen leiden,<lb/>ſo muͤſſen auch die Blutkuͤgelchen, und was auſſer dieſen<lb/>
noch den Lebensſaft ausmacht, zwiſchen der preſſenden<lb/>
Gewalt des Herzens, und der wiederſtehenden und zu-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E e 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">ruͤkk-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[439/0459]
bewegten Blutes, in den Schlagadern.
man fich auf keinerlei Weiſe der Warheit genung naͤhern
kann. Aus der Urſache werde ich das wenige, unzu-
ſammenhaͤngende, wovon ich eine klare Erkenntnis be-
ſizze, mit kurzen Worten vortragen: und noch kuͤrzer
ſoll die Erzaͤlung von den Hipoteſen andrer geraten.
Es iſt das erſte, welches vorgeht, ſo lange das
Blut durch die groſſe Gefaͤſſe ſchnell hindurchgefuͤrt wird,
dieſes, daß ein Reiben entſteht. Es iſt dieſes aber viel-
fach. Es werden naͤmlich die Kuͤgelchen an die Waͤnde
der Schlagadern geworfen, die Schlagadern moͤgen ge-
bogen ſeyn, oder nach der Art eines Kegels in einen en-
gern Durchmeſſer zuſammengezogen werden; denn es
verurſachen beiderlei Beſchaffenheiten, daß ein groſſer
Theil der Kuͤgelchen auf die Waͤnde aufprellen mus:
unter andern thun ſolches, im erſten Exempel, diejenige
Kuͤgelchen, welche der Strom gerade auf den erhabnen
Theil der Kruͤmmung zu fuͤhrt: im zweiten Falle thun
es alle die einzubildende Reihen der Kuͤgelchen, die ſich
in demjenigen Ringe befinden, welcher dem Unterſchiede
der Oefnungen im Lichten gleich iſt. Es ſtoſſen ferner
diejenigen Kugelreihen, welche die Achſe beſezzen, not-
wendig auf die gabelfoͤrmige Verbindung der beiden
Aderſchenkel zu, da wo ſich zween Aeſte zerſcheiteln, und
ein Winkel entſpringt. Es geſchicht dieſes Aufprellen,
ſo viel unſre Verſuche davon melden (o), ohne Gewalt-
ſamkeit, doch nicht ohne Heftigkeit in warmen Thieren,
und in groſſen Schlagadern, da ſich Schlagadern ge-
meiniglich an dem gebognen Ende erweitern (p). Wenn
aber die Waͤnde einer Schlagader Veraͤnderungen leiden,
ſo muͤſſen auch die Blutkuͤgelchen, und was auſſer dieſen
noch den Lebensſaft ausmacht, zwiſchen der preſſenden
Gewalt des Herzens, und der wiederſtehenden und zu-
ruͤkk-
(o)
Vergleichet damit Mem.
ſur le mouvement du ſang. exp.
69. 70. 82.
(p)
2. Buch. 6. Buch.
E e 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/459>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.