Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

bewegten Blutes, in den Schlagadern.
biegsame Natur haben, sie sich mit ihrem Umkreise zu
einem Kreise ballen, dessen Durchmesser etwas kleiner,
als der Durchmesser des Schlagäderchen, oder gleich
gros ist. Dieses ist also das Maas (i), welches die
Grösse eines roten Kügelchen bestimmt. Um aber die
übrige erhabne Auswüchse an einem solchen Kügelchen
abzuschleifen, dazu trägt in der That, dieser mühsame
Durchgang durch den engen Kanal, ein ansenliches
bei (k).

§. 6.
Und Ursache vom Verspäten.

Es ist ferner in den kleinsten Gefässen auch die klein-
ste Geschwindigkeit für das Blut übrig, welches so schon
bei so vielen Gelegenheiten immer etwas weniges ein-
büsset (l). Wenn sich nun die Bewegung desselben ver-
mindert, vermöge deren das Blut längst der Achse flis-
set, so vermeret sich die Kraft des Gewichts und der An-
ziehung, welche bisher die fortrükkende Schnelligkeit
des Blutes nicht aufkommen lies (m). Doch es sehnen
sich die Blutkügelchen, wenn die Gewalt des Herzens
aufgehoben worden, um zu einer Art von trägen
Muße zusammenzulaufen (n), und folglich entstehet hier
die gröste Neigung zu Gerinnungen, wenn man sich
noch ausserdem erinnert, daß eine grosse Menge Flies-
wasser von dem Schlagaderblute abgegangen sey, wel-
ches endlich durch die Flieswassergefässe in die grossen
Blutadern ausgeschüttet wird. Denn so bald dieses

dünne
(i) [Spaltenumbruch] Schreiber angef. Ort. S.
246. Vergl. damit leeuwenhoek
Experim. et contemplat. T. II.
S.
15. 161.
(k) Ein Kochen (coctio) nennt
J. von Gorter die Bildung der
im Blute nicht einheimischen
Stoffe, zu Kügelchen, de perspi-
rat.
S. 42.
(l) 1. Abschnitt.
(m) [Spaltenumbruch] Von dem Gewichte. Second
Memoi. Exp.
212. 222. Von der
Anziehung ist bekannt, daß Gerin-
nungen allererst entstehen, wenn
das Herz schwach geworden. Exp.
6. 7. 155. u. f.
(n) An kurz vorher augeführt.
Orte. Sie verwandeln sich in
Schwämmchen. simson. S. 114.
F f 4

bewegten Blutes, in den Schlagadern.
biegſame Natur haben, ſie ſich mit ihrem Umkreiſe zu
einem Kreiſe ballen, deſſen Durchmeſſer etwas kleiner,
als der Durchmeſſer des Schlagaͤderchen, oder gleich
gros iſt. Dieſes iſt alſo das Maas (i), welches die
Groͤſſe eines roten Kuͤgelchen beſtimmt. Um aber die
uͤbrige erhabne Auswuͤchſe an einem ſolchen Kuͤgelchen
abzuſchleifen, dazu traͤgt in der That, dieſer muͤhſame
Durchgang durch den engen Kanal, ein anſenliches
bei (k).

§. 6.
Und Urſache vom Verſpaͤten.

Es iſt ferner in den kleinſten Gefaͤſſen auch die klein-
ſte Geſchwindigkeit fuͤr das Blut uͤbrig, welches ſo ſchon
bei ſo vielen Gelegenheiten immer etwas weniges ein-
buͤſſet (l). Wenn ſich nun die Bewegung deſſelben ver-
mindert, vermoͤge deren das Blut laͤngſt der Achſe fliſ-
ſet, ſo vermeret ſich die Kraft des Gewichts und der An-
ziehung, welche bisher die fortruͤkkende Schnelligkeit
des Blutes nicht aufkommen lies (m). Doch es ſehnen
ſich die Blutkuͤgelchen, wenn die Gewalt des Herzens
aufgehoben worden, um zu einer Art von traͤgen
Muße zuſammenzulaufen (n), und folglich entſtehet hier
die groͤſte Neigung zu Gerinnungen, wenn man ſich
noch auſſerdem erinnert, daß eine groſſe Menge Flies-
waſſer von dem Schlagaderblute abgegangen ſey, wel-
ches endlich durch die Flieswaſſergefaͤſſe in die groſſen
Blutadern ausgeſchuͤttet wird. Denn ſo bald dieſes

duͤnne
(i) [Spaltenumbruch] Schreiber angef. Ort. S.
246. Vergl. damit leeuwenhoek
Experim. et contemplat. T. II.
S.
15. 161.
(k) Ein Kochen (coctio) nennt
J. von Gorter die Bildung der
im Blute nicht einheimiſchen
Stoffe, zu Kuͤgelchen, de perſpi-
rat.
S. 42.
(l) 1. Abſchnitt.
(m) [Spaltenumbruch] Von dem Gewichte. Second
Memoi. Exp.
212. 222. Von der
Anziehung iſt bekannt, daß Gerin-
nungen allererſt entſtehen, wenn
das Herz ſchwach geworden. Exp.
6. 7. 155. u. f.
(n) An kurz vorher augefuͤhrt.
Orte. Sie verwandeln ſich in
Schwaͤmmchen. ſimſon. S. 114.
F f 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0475" n="455"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bewegten Blutes, in den Schlagadern.</hi></fw><lb/>
bieg&#x017F;ame Natur haben, &#x017F;ie &#x017F;ich mit ihrem Umkrei&#x017F;e zu<lb/>
einem Krei&#x017F;e ballen, de&#x017F;&#x017F;en Durchme&#x017F;&#x017F;er etwas kleiner,<lb/>
als der Durchme&#x017F;&#x017F;er des Schlaga&#x0364;derchen, oder gleich<lb/>
gros i&#x017F;t. Die&#x017F;es i&#x017F;t al&#x017F;o das Maas <note place="foot" n="(i)"><cb/><hi rendition="#fr">Schreiber</hi> angef. Ort. S.<lb/>
246. Vergl. damit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">leeuwenhoek</hi><lb/>
Experim. et contemplat. T. II.</hi> S.<lb/>
15. 161.</note>, welches die<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eines roten Ku&#x0364;gelchen be&#x017F;timmt. Um aber die<lb/>
u&#x0364;brige erhabne Auswu&#x0364;ch&#x017F;e an einem &#x017F;olchen Ku&#x0364;gelchen<lb/>
abzu&#x017F;chleifen, dazu tra&#x0364;gt in der That, die&#x017F;er mu&#x0364;h&#x017F;ame<lb/>
Durchgang durch den engen Kanal, ein an&#x017F;enliches<lb/>
bei <note place="foot" n="(k)">Ein Kochen (<hi rendition="#aq">coctio</hi>) nennt<lb/>
J. von <hi rendition="#fr">Gorter</hi> die Bildung der<lb/>
im Blute nicht einheimi&#x017F;chen<lb/>
Stoffe, zu Ku&#x0364;gelchen, <hi rendition="#aq">de per&#x017F;pi-<lb/>
rat.</hi> S. 42.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 6.<lb/>
Und Ur&#x017F;ache vom Ver&#x017F;pa&#x0364;ten.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t ferner in den klein&#x017F;ten Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch die klein-<lb/>
&#x017F;te Ge&#x017F;chwindigkeit fu&#x0364;r das Blut u&#x0364;brig, welches &#x017F;o &#x017F;chon<lb/>
bei &#x017F;o vielen Gelegenheiten immer etwas weniges ein-<lb/>
bu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et <note place="foot" n="(l)">1. Ab&#x017F;chnitt.</note>. Wenn &#x017F;ich nun die Bewegung de&#x017F;&#x017F;elben ver-<lb/>
mindert, vermo&#x0364;ge deren das Blut la&#x0364;ng&#x017F;t der Ach&#x017F;e fli&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et, &#x017F;o vermeret &#x017F;ich die Kraft des Gewichts und der An-<lb/>
ziehung, welche bisher die fortru&#x0364;kkende Schnelligkeit<lb/>
des Blutes nicht aufkommen lies <note place="foot" n="(m)"><cb/>
Von dem Gewichte. <hi rendition="#aq">Second<lb/>
Memoi. Exp.</hi> 212. 222. Von der<lb/>
Anziehung i&#x017F;t bekannt, daß Gerin-<lb/>
nungen allerer&#x017F;t ent&#x017F;tehen, wenn<lb/>
das Herz &#x017F;chwach geworden. <hi rendition="#aq">Exp.</hi><lb/>
6. 7. 155. u. f.</note>. Doch es &#x017F;ehnen<lb/>
&#x017F;ich die Blutku&#x0364;gelchen, wenn die Gewalt des Herzens<lb/>
aufgehoben worden, um zu einer Art von tra&#x0364;gen<lb/>
Muße zu&#x017F;ammenzulaufen <note place="foot" n="(n)">An kurz vorher augefu&#x0364;hrt.<lb/>
Orte. Sie verwandeln &#x017F;ich in<lb/>
Schwa&#x0364;mmchen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">&#x017F;im&#x017F;on.</hi></hi> S. 114.</note>, und folglich ent&#x017F;tehet hier<lb/>
die gro&#x0364;&#x017F;te Neigung zu Gerinnungen, wenn man &#x017F;ich<lb/>
noch au&#x017F;&#x017F;erdem erinnert, daß eine gro&#x017F;&#x017F;e Menge Flies-<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;er von dem Schlagaderblute abgegangen &#x017F;ey, wel-<lb/>
ches endlich durch die Flieswa&#x017F;&#x017F;ergefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e in die gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Blutadern ausge&#x017F;chu&#x0364;ttet wird. Denn &#x017F;o bald die&#x017F;es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 4</fw><fw place="bottom" type="catch">du&#x0364;nne</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[455/0475] bewegten Blutes, in den Schlagadern. biegſame Natur haben, ſie ſich mit ihrem Umkreiſe zu einem Kreiſe ballen, deſſen Durchmeſſer etwas kleiner, als der Durchmeſſer des Schlagaͤderchen, oder gleich gros iſt. Dieſes iſt alſo das Maas (i), welches die Groͤſſe eines roten Kuͤgelchen beſtimmt. Um aber die uͤbrige erhabne Auswuͤchſe an einem ſolchen Kuͤgelchen abzuſchleifen, dazu traͤgt in der That, dieſer muͤhſame Durchgang durch den engen Kanal, ein anſenliches bei (k). §. 6. Und Urſache vom Verſpaͤten. Es iſt ferner in den kleinſten Gefaͤſſen auch die klein- ſte Geſchwindigkeit fuͤr das Blut uͤbrig, welches ſo ſchon bei ſo vielen Gelegenheiten immer etwas weniges ein- buͤſſet (l). Wenn ſich nun die Bewegung deſſelben ver- mindert, vermoͤge deren das Blut laͤngſt der Achſe fliſ- ſet, ſo vermeret ſich die Kraft des Gewichts und der An- ziehung, welche bisher die fortruͤkkende Schnelligkeit des Blutes nicht aufkommen lies (m). Doch es ſehnen ſich die Blutkuͤgelchen, wenn die Gewalt des Herzens aufgehoben worden, um zu einer Art von traͤgen Muße zuſammenzulaufen (n), und folglich entſtehet hier die groͤſte Neigung zu Gerinnungen, wenn man ſich noch auſſerdem erinnert, daß eine groſſe Menge Flies- waſſer von dem Schlagaderblute abgegangen ſey, wel- ches endlich durch die Flieswaſſergefaͤſſe in die groſſen Blutadern ausgeſchuͤttet wird. Denn ſo bald dieſes duͤnne (i) Schreiber angef. Ort. S. 246. Vergl. damit leeuwenhoek Experim. et contemplat. T. II. S. 15. 161. (k) Ein Kochen (coctio) nennt J. von Gorter die Bildung der im Blute nicht einheimiſchen Stoffe, zu Kuͤgelchen, de perſpi- rat. S. 42. (l) 1. Abſchnitt. (m) Von dem Gewichte. Second Memoi. Exp. 212. 222. Von der Anziehung iſt bekannt, daß Gerin- nungen allererſt entſtehen, wenn das Herz ſchwach geworden. Exp. 6. 7. 155. u. f. (n) An kurz vorher augefuͤhrt. Orte. Sie verwandeln ſich in Schwaͤmmchen. ſimſon. S. 114. F f 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/475
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/475>, abgerufen am 22.11.2024.