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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Sechstes Buch. Die Wirkung des
durch den Todt (p), oder in starken Ohnmachten, und
wenn der Pulsschlag aufhört, auf denjenigen Grad
der Wärm zurükkesinkt, welcher alsdenn in dem Luft-
kreise die Oberhand hat, und der gemeiniglich dreißig
farenheitsche Thermometergrade, unter der dem Blute
des Menschen gewönlichen Wärme, beträgt.

Hingegen erzeugen Thiere, auch so gar die kalten,
überhaupt Wärme, wenn sie sich ohne Unterlas bewegen,
wie davon die Bienen ein Beispiel sind, welche im Win-
ter schlafend Kälte leiden, wenn sie sich aber, wie wir
gezeigt haben, der Kälte wegen in Haufen beisammen
legen, nach dem oft angefürten Thermometer, den 32sten
Grad erreichen, und keine geringere Hizze (q), als in den
Sommermonaten, unter sich hervorbringen. Eben so er-
reicht ein Mensch, den die Kälte der äussern Luft erstarrt
gemacht, oder der im Wasser untergegangen, oder dessen
Pulsschlag offenbar aufgehört, so wohl als ein im Win-
terschlafe erstarrtes Thier, seine Wärme von 94 und 96
Graden von neuem wieder, und folglich verschaffen sie
sich 62 Grade darüber, wofern man in ihnen den Herz-
schlag, und folglich den Kreislauf des Blutes, ohne
künstliche Erwärmungsarten, blos durch einig einfache
Reizungen wiederherzustellen weis.

Weiter erweisen sie die stärkere Bewegungskraft, mit
der der Lebenssaft in den Gefässen schwimmt, noch durch
andre Gründe. Es bedekkt nämlich in den strengsten
Weltgegenden, ein ewiges, und von keiner Sommer-
hizze schmelzbares Eis, das Jnnere der Erde, und es
fällt der der Thermometersaft nicht bis auf 28 (r) und

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(p) [Spaltenumbruch] Ein Leichnam ist durchgän-
gig kalt schreiber Almagest. S.
273. Man hat zwar Erzälungen, da
todte Körper auch 24 Stunden
nach dem Tode etwas warm ge-
blieben. Ephem. Nat. Curios. Dec.
II. ann. 4. obs.
22. ich schreibe aber
die Ursache davon einem unvoll-
kommnen Tode, einigem Ueber-
[Spaltenumbruch] reste des Lebens, oder einem Zu-
falle zu, den die Urheber dieser Be-
richte übersehen haben.
(q) 5. Buch. 2. Abschn. §. 1.
reavmvr. T. V. S. 671. 672.
(r) Zu Petersburg. maty Jour-
nal Brit. 1750. Avril. martine

S. 285. 286.

Sechſtes Buch. Die Wirkung des
durch den Todt (p), oder in ſtarken Ohnmachten, und
wenn der Pulsſchlag aufhoͤrt, auf denjenigen Grad
der Waͤrm zuruͤkkeſinkt, welcher alsdenn in dem Luft-
kreiſe die Oberhand hat, und der gemeiniglich dreißig
farenheitſche Thermometergrade, unter der dem Blute
des Menſchen gewoͤnlichen Waͤrme, betraͤgt.

Hingegen erzeugen Thiere, auch ſo gar die kalten,
uͤberhaupt Waͤrme, wenn ſie ſich ohne Unterlas bewegen,
wie davon die Bienen ein Beiſpiel ſind, welche im Win-
ter ſchlafend Kaͤlte leiden, wenn ſie ſich aber, wie wir
gezeigt haben, der Kaͤlte wegen in Haufen beiſammen
legen, nach dem oft angefuͤrten Thermometer, den 32ſten
Grad erreichen, und keine geringere Hizze (q), als in den
Sommermonaten, unter ſich hervorbringen. Eben ſo er-
reicht ein Menſch, den die Kaͤlte der aͤuſſern Luft erſtarrt
gemacht, oder der im Waſſer untergegangen, oder deſſen
Pulsſchlag offenbar aufgehoͤrt, ſo wohl als ein im Win-
terſchlafe erſtarrtes Thier, ſeine Waͤrme von 94 und 96
Graden von neuem wieder, und folglich verſchaffen ſie
ſich 62 Grade daruͤber, wofern man in ihnen den Herz-
ſchlag, und folglich den Kreislauf des Blutes, ohne
kuͤnſtliche Erwaͤrmungsarten, blos durch einig einfache
Reizungen wiederherzuſtellen weis.

Weiter erweiſen ſie die ſtaͤrkere Bewegungskraft, mit
der der Lebensſaft in den Gefaͤſſen ſchwimmt, noch durch
andre Gruͤnde. Es bedekkt naͤmlich in den ſtrengſten
Weltgegenden, ein ewiges, und von keiner Sommer-
hizze ſchmelzbares Eis, das Jnnere der Erde, und es
faͤllt der der Thermometerſaft nicht bis auf 28 (r) und

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(p) [Spaltenumbruch] Ein Leichnam iſt durchgaͤn-
gig kalt ſchreiber Almageſt. S.
273. Man hat zwar Erzaͤlungen, da
todte Koͤrper auch 24 Stunden
nach dem Tode etwas warm ge-
blieben. Ephem. Nat. Curioſ. Dec.
II. ann. 4. obſ.
22. ich ſchreibe aber
die Urſache davon einem unvoll-
kommnen Tode, einigem Ueber-
[Spaltenumbruch] reſte des Lebens, oder einem Zu-
falle zu, den die Urheber dieſer Be-
richte uͤberſehen haben.
(q) 5. Buch. 2. Abſchn. §. 1.
reavmvr. T. V. S. 671. 672.
(r) Zu Petersburg. maty Jour-
nal Brit. 1750. Avril. martine

S. 285. 286.
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[476/0496] Sechſtes Buch. Die Wirkung des durch den Todt (p), oder in ſtarken Ohnmachten, und wenn der Pulsſchlag aufhoͤrt, auf denjenigen Grad der Waͤrm zuruͤkkeſinkt, welcher alsdenn in dem Luft- kreiſe die Oberhand hat, und der gemeiniglich dreißig farenheitſche Thermometergrade, unter der dem Blute des Menſchen gewoͤnlichen Waͤrme, betraͤgt. Hingegen erzeugen Thiere, auch ſo gar die kalten, uͤberhaupt Waͤrme, wenn ſie ſich ohne Unterlas bewegen, wie davon die Bienen ein Beiſpiel ſind, welche im Win- ter ſchlafend Kaͤlte leiden, wenn ſie ſich aber, wie wir gezeigt haben, der Kaͤlte wegen in Haufen beiſammen legen, nach dem oft angefuͤrten Thermometer, den 32ſten Grad erreichen, und keine geringere Hizze (q), als in den Sommermonaten, unter ſich hervorbringen. Eben ſo er- reicht ein Menſch, den die Kaͤlte der aͤuſſern Luft erſtarrt gemacht, oder der im Waſſer untergegangen, oder deſſen Pulsſchlag offenbar aufgehoͤrt, ſo wohl als ein im Win- terſchlafe erſtarrtes Thier, ſeine Waͤrme von 94 und 96 Graden von neuem wieder, und folglich verſchaffen ſie ſich 62 Grade daruͤber, wofern man in ihnen den Herz- ſchlag, und folglich den Kreislauf des Blutes, ohne kuͤnſtliche Erwaͤrmungsarten, blos durch einig einfache Reizungen wiederherzuſtellen weis. Weiter erweiſen ſie die ſtaͤrkere Bewegungskraft, mit der der Lebensſaft in den Gefaͤſſen ſchwimmt, noch durch andre Gruͤnde. Es bedekkt naͤmlich in den ſtrengſten Weltgegenden, ein ewiges, und von keiner Sommer- hizze ſchmelzbares Eis, das Jnnere der Erde, und es faͤllt der der Thermometerſaft nicht bis auf 28 (r) und 33 (p) Ein Leichnam iſt durchgaͤn- gig kalt ſchreiber Almageſt. S. 273. Man hat zwar Erzaͤlungen, da todte Koͤrper auch 24 Stunden nach dem Tode etwas warm ge- blieben. Ephem. Nat. Curioſ. Dec. II. ann. 4. obſ. 22. ich ſchreibe aber die Urſache davon einem unvoll- kommnen Tode, einigem Ueber- reſte des Lebens, oder einem Zu- falle zu, den die Urheber dieſer Be- richte uͤberſehen haben. (q) 5. Buch. 2. Abſchn. §. 1. reavmvr. T. V. S. 671. 672. (r) Zu Petersburg. maty Jour- nal Brit. 1750. Avril. martine S. 285. 286.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/496>, abgerufen am 22.11.2024.