dieser Gewalt durchs Herz und die Lunge verschaft wür- den (f). Denn es ist die Gewalt des beiderseitigen Blu- tes genau einerlei, indem sich in der Holader um so viel mehr Blut befindet, je kleiner dessen Geschwindigkeit ist.
§. 16. Zu welcher Zeit das Blut seinen grossen Kreis- lauf verrichtet.
Nicht lange darnach, als man den grossen Umlauf des Blutes aus dem Herzen in die äusserste Schlagadern, und aus diesen mittelst der Blutadern ins Herz erfun- den hatte, so erhob sich auch ein heftiger Streit darüber, in welcher Zeit das gesammte Blut diesen Kreislauf zu Ende bringe. Die meresten Schriftsteller des vorigen Jarhunderts bedienten sich hierzu einer der einfachsten Metoden. Sie schäzzten die Blutmasse nach so und so viel Pfunden; hierauf wogen sie die Blutwelle, die ein Pulsschlag aus dem Herzen treibt nach Quentchen, sie zälten die Pulsschläge für eine Stunde, und sie fanden, daß innerhalb einer Stunde so und so viel Unzen aus dem Herzen flossen, und daß in allen Gefässen überhaupt nicht mehr als so und so viel Pfunde wären, als sie an- fangs angenommen hatten, folglich hätten alle diese Pfunde in einer Stunde so und so oft durchs Herz um- laufen müssen, als es geschähe, damit dieses Werkzeug in dieser Stunde so und so viel Quentchen und Unzen von sich geben könnte, folglich wäre in diesem Theile einer Stunde eben so viel Blut, als die ganze Blutmasse beträgt, durchs Herz und den ganzen Körper herumge- führet worden.
Es hat demnach Harvei, dessen Sache es war, zu zeigen, daß das Herz, ohne das aus den Schlagadern rükkerende Blut, denjenigen Vorrat nicht emfangen würde, den es wieder an die Aorte gibt, als einer, der
unter
(f)whytt Physiolog. ess. S. 34.
des Blutes, in den Blutadern.
dieſer Gewalt durchs Herz und die Lunge verſchaft wuͤr- den (f). Denn es iſt die Gewalt des beiderſeitigen Blu- tes genau einerlei, indem ſich in der Holader um ſo viel mehr Blut befindet, je kleiner deſſen Geſchwindigkeit iſt.
§. 16. Zu welcher Zeit das Blut ſeinen groſſen Kreis- lauf verrichtet.
Nicht lange darnach, als man den groſſen Umlauf des Blutes aus dem Herzen in die aͤuſſerſte Schlagadern, und aus dieſen mittelſt der Blutadern ins Herz erfun- den hatte, ſo erhob ſich auch ein heftiger Streit daruͤber, in welcher Zeit das geſammte Blut dieſen Kreislauf zu Ende bringe. Die mereſten Schriftſteller des vorigen Jarhunderts bedienten ſich hierzu einer der einfachſten Metoden. Sie ſchaͤzzten die Blutmaſſe nach ſo und ſo viel Pfunden; hierauf wogen ſie die Blutwelle, die ein Pulsſchlag aus dem Herzen treibt nach Quentchen, ſie zaͤlten die Pulsſchlaͤge fuͤr eine Stunde, und ſie fanden, daß innerhalb einer Stunde ſo und ſo viel Unzen aus dem Herzen floſſen, und daß in allen Gefaͤſſen uͤberhaupt nicht mehr als ſo und ſo viel Pfunde waͤren, als ſie an- fangs angenommen hatten, folglich haͤtten alle dieſe Pfunde in einer Stunde ſo und ſo oft durchs Herz um- laufen muͤſſen, als es geſchaͤhe, damit dieſes Werkzeug in dieſer Stunde ſo und ſo viel Quentchen und Unzen von ſich geben koͤnnte, folglich waͤre in dieſem Theile einer Stunde eben ſo viel Blut, als die ganze Blutmaſſe betraͤgt, durchs Herz und den ganzen Koͤrper herumge- fuͤhret worden.
Es hat demnach Harvei, deſſen Sache es war, zu zeigen, daß das Herz, ohne das aus den Schlagadern ruͤkkerende Blut, denjenigen Vorrat nicht emfangen wuͤrde, den es wieder an die Aorte gibt, als einer, der
unter
(f)whytt Phyſiolog. eſſ. S. 34.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0579"n="559"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Blutes, in den Blutadern.</hi></fw><lb/>
dieſer Gewalt durchs Herz und die Lunge verſchaft wuͤr-<lb/>
den <noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">whytt</hi> Phyſiolog. eſſ.</hi> S. 34.</note>. Denn es iſt die Gewalt des beiderſeitigen Blu-<lb/>
tes genau einerlei, indem ſich in der Holader um ſo viel<lb/>
mehr Blut befindet, je kleiner deſſen Geſchwindigkeit iſt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 16.<lb/>
Zu welcher Zeit das Blut ſeinen groſſen Kreis-<lb/>
lauf verrichtet.</head><lb/><p>Nicht lange darnach, als man den groſſen Umlauf<lb/>
des Blutes aus dem Herzen in die aͤuſſerſte Schlagadern,<lb/>
und aus dieſen mittelſt der Blutadern ins Herz erfun-<lb/>
den hatte, ſo erhob ſich auch ein heftiger Streit daruͤber,<lb/>
in welcher Zeit das geſammte Blut dieſen Kreislauf zu<lb/>
Ende bringe. Die mereſten Schriftſteller des vorigen<lb/>
Jarhunderts bedienten ſich hierzu einer der einfachſten<lb/>
Metoden. Sie ſchaͤzzten die Blutmaſſe nach ſo und ſo<lb/>
viel Pfunden; hierauf wogen ſie die Blutwelle, die ein<lb/>
Pulsſchlag aus dem Herzen treibt nach Quentchen, ſie<lb/>
zaͤlten die Pulsſchlaͤge fuͤr eine Stunde, und ſie fanden,<lb/>
daß innerhalb einer Stunde ſo und ſo viel Unzen aus dem<lb/>
Herzen floſſen, und daß in allen Gefaͤſſen uͤberhaupt<lb/>
nicht mehr als ſo und ſo viel Pfunde waͤren, als ſie an-<lb/>
fangs angenommen hatten, folglich haͤtten alle dieſe<lb/>
Pfunde in einer Stunde ſo und ſo oft durchs Herz um-<lb/>
laufen muͤſſen, als es geſchaͤhe, damit dieſes Werkzeug<lb/>
in dieſer Stunde ſo und ſo viel Quentchen und Unzen<lb/>
von ſich geben koͤnnte, folglich waͤre in dieſem Theile<lb/>
einer Stunde eben ſo viel Blut, als die ganze Blutmaſſe<lb/>
betraͤgt, durchs Herz und den ganzen Koͤrper herumge-<lb/>
fuͤhret worden.</p><lb/><p>Es hat demnach <hirendition="#fr">Harvei,</hi> deſſen Sache es war, zu<lb/>
zeigen, daß das Herz, ohne das aus den Schlagadern<lb/>
ruͤkkerende Blut, denjenigen Vorrat nicht emfangen<lb/>
wuͤrde, den es wieder an die Aorte gibt, als einer, der<lb/><fwplace="bottom"type="catch">unter</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[559/0579]
des Blutes, in den Blutadern.
dieſer Gewalt durchs Herz und die Lunge verſchaft wuͤr-
den (f). Denn es iſt die Gewalt des beiderſeitigen Blu-
tes genau einerlei, indem ſich in der Holader um ſo viel
mehr Blut befindet, je kleiner deſſen Geſchwindigkeit iſt.
§. 16.
Zu welcher Zeit das Blut ſeinen groſſen Kreis-
lauf verrichtet.
Nicht lange darnach, als man den groſſen Umlauf
des Blutes aus dem Herzen in die aͤuſſerſte Schlagadern,
und aus dieſen mittelſt der Blutadern ins Herz erfun-
den hatte, ſo erhob ſich auch ein heftiger Streit daruͤber,
in welcher Zeit das geſammte Blut dieſen Kreislauf zu
Ende bringe. Die mereſten Schriftſteller des vorigen
Jarhunderts bedienten ſich hierzu einer der einfachſten
Metoden. Sie ſchaͤzzten die Blutmaſſe nach ſo und ſo
viel Pfunden; hierauf wogen ſie die Blutwelle, die ein
Pulsſchlag aus dem Herzen treibt nach Quentchen, ſie
zaͤlten die Pulsſchlaͤge fuͤr eine Stunde, und ſie fanden,
daß innerhalb einer Stunde ſo und ſo viel Unzen aus dem
Herzen floſſen, und daß in allen Gefaͤſſen uͤberhaupt
nicht mehr als ſo und ſo viel Pfunde waͤren, als ſie an-
fangs angenommen hatten, folglich haͤtten alle dieſe
Pfunde in einer Stunde ſo und ſo oft durchs Herz um-
laufen muͤſſen, als es geſchaͤhe, damit dieſes Werkzeug
in dieſer Stunde ſo und ſo viel Quentchen und Unzen
von ſich geben koͤnnte, folglich waͤre in dieſem Theile
einer Stunde eben ſo viel Blut, als die ganze Blutmaſſe
betraͤgt, durchs Herz und den ganzen Koͤrper herumge-
fuͤhret worden.
Es hat demnach Harvei, deſſen Sache es war, zu
zeigen, daß das Herz, ohne das aus den Schlagadern
ruͤkkerende Blut, denjenigen Vorrat nicht emfangen
wuͤrde, den es wieder an die Aorte gibt, als einer, der
unter
(f) whytt Phyſiolog. eſſ. S. 34.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/579>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.