Der erste ist der vortrefliche Franz Boißier, der be- reits vorlängst (k), und nur neulich noch auf eine voll- ständigere Art (l), beinahe auf folgende Weise, diese Auf- gabe entwikkelt hat. Es sagt derselbe nämlich, es be- wege sich das Blut bereits in den lezzten Schlagäderchen mit einer einförmigen Geschwindigkeit, indem in den pulsirenden Stämmen eine frische Welle wechselweise die vorhergehende drenge, und wechselweise wieder zu dren- gen |nachlasse. Es nehme nämlich in den Schlagadern, die vom Herzen mitgeteilte Geschwindigkeit beständig bei jedwedem Schritte ab, so daß das Zusammenziehn be- ständig kleiner werde, und der Unterscheid immer kleiner sey, um welchen die folgende Blutwelle die vorherge- hende an Geschwindigkeit übertrift.
Dagegen erzeugt die Zusammenziehungskraft in den Schlagadern zur Zeit des Zusammenziehens eine Ge- schwindigkeit, welche beständig wächst, indem sie von einer längern Reihe der Schlagader bewirkt wird. Da folglich die wärend dem Zusammenziehn erzeugte Ge- schwindigkeit beständig anwächst, hingegen die vom Her- zen stammende Geschwindigkeit beständig kleiner wird, und folglich der Unterscheid beständig schwächer wird, so mus notwendig ein Punkt vorhanden seyn, wo dieser Unterscheid gar verschwindet, und wo die von einer zu- sammengezognen Schlagader hervorgebrachte Geschwin- digkeit eben so gros wird, als die vom Herzen mitgeteilte Geschwindigkeit. Wenn dieses geschehen, so wird sich das Blut im Zustande der Zusammenziehung einer Schlagader, wenn sich das Herze ausruhend nachläst, mit eben so grosser Geschwindigkeit, als in der Erweite- rung bewegen, wenn sich das Herze zusammenzieht; es wird sich nämlich das Blut mit einer einförmigen Ge- schwindigkeit bewegen, und also ganz und gar kein Puls-
schlag
(k)[Spaltenumbruch]De pulsu. S. 25. 26.
(l)[Spaltenumbruch]
Jn den Nov. Ephem. Nat. Curios. Tom. I. Obs. 36.
des Blutes in den Blutadern.
Der erſte iſt der vortrefliche Franz Boißier, der be- reits vorlaͤngſt (k), und nur neulich noch auf eine voll- ſtaͤndigere Art (l), beinahe auf folgende Weiſe, dieſe Auf- gabe entwikkelt hat. Es ſagt derſelbe naͤmlich, es be- wege ſich das Blut bereits in den lezzten Schlagaͤderchen mit einer einfoͤrmigen Geſchwindigkeit, indem in den pulſirenden Staͤmmen eine friſche Welle wechſelweiſe die vorhergehende drenge, und wechſelweiſe wieder zu dren- gen |nachlaſſe. Es nehme naͤmlich in den Schlagadern, die vom Herzen mitgeteilte Geſchwindigkeit beſtaͤndig bei jedwedem Schritte ab, ſo daß das Zuſammenziehn be- ſtaͤndig kleiner werde, und der Unterſcheid immer kleiner ſey, um welchen die folgende Blutwelle die vorherge- hende an Geſchwindigkeit uͤbertrift.
Dagegen erzeugt die Zuſammenziehungskraft in den Schlagadern zur Zeit des Zuſammenziehens eine Ge- ſchwindigkeit, welche beſtaͤndig waͤchſt, indem ſie von einer laͤngern Reihe der Schlagader bewirkt wird. Da folglich die waͤrend dem Zuſammenziehn erzeugte Ge- ſchwindigkeit beſtaͤndig anwaͤchſt, hingegen die vom Her- zen ſtammende Geſchwindigkeit beſtaͤndig kleiner wird, und folglich der Unterſcheid beſtaͤndig ſchwaͤcher wird, ſo mus notwendig ein Punkt vorhanden ſeyn, wo dieſer Unterſcheid gar verſchwindet, und wo die von einer zu- ſammengezognen Schlagader hervorgebrachte Geſchwin- digkeit eben ſo gros wird, als die vom Herzen mitgeteilte Geſchwindigkeit. Wenn dieſes geſchehen, ſo wird ſich das Blut im Zuſtande der Zuſammenziehung einer Schlagader, wenn ſich das Herze ausruhend nachlaͤſt, mit eben ſo groſſer Geſchwindigkeit, als in der Erweite- rung bewegen, wenn ſich das Herze zuſammenzieht; es wird ſich naͤmlich das Blut mit einer einfoͤrmigen Ge- ſchwindigkeit bewegen, und alſo ganz und gar kein Puls-
ſchlag
(k)[Spaltenumbruch]De pulſu. S. 25. 26.
(l)[Spaltenumbruch]
Jn den Nov. Ephem. Nat. Curioſ. Tom. I. Obſ. 36.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0593"n="573"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Blutes in den Blutadern.</hi></fw><lb/><p>Der erſte iſt der vortrefliche Franz <hirendition="#fr">Boißier,</hi> der be-<lb/>
reits vorlaͤngſt <noteplace="foot"n="(k)"><cb/><hirendition="#aq">De pulſu.</hi> S. 25. 26.</note>, und nur neulich noch auf eine voll-<lb/>ſtaͤndigere Art <noteplace="foot"n="(l)"><cb/>
Jn den <hirendition="#aq">Nov. Ephem. Nat.<lb/>
Curioſ. Tom. I. Obſ.</hi> 36.</note>, beinahe auf folgende Weiſe, dieſe Auf-<lb/>
gabe entwikkelt hat. Es ſagt derſelbe naͤmlich, es be-<lb/>
wege ſich das Blut bereits in den lezzten Schlagaͤderchen<lb/>
mit einer einfoͤrmigen Geſchwindigkeit, indem in den<lb/>
pulſirenden Staͤmmen eine friſche Welle wechſelweiſe die<lb/>
vorhergehende drenge, und wechſelweiſe wieder zu dren-<lb/>
gen |nachlaſſe. Es nehme naͤmlich in den Schlagadern,<lb/>
die vom Herzen mitgeteilte Geſchwindigkeit beſtaͤndig bei<lb/>
jedwedem Schritte ab, ſo daß das Zuſammenziehn be-<lb/>ſtaͤndig kleiner werde, und der Unterſcheid immer kleiner<lb/>ſey, um welchen die folgende Blutwelle die vorherge-<lb/>
hende an Geſchwindigkeit uͤbertrift.</p><lb/><p>Dagegen erzeugt die Zuſammenziehungskraft in den<lb/>
Schlagadern zur Zeit des Zuſammenziehens eine Ge-<lb/>ſchwindigkeit, welche beſtaͤndig waͤchſt, indem ſie von<lb/>
einer laͤngern Reihe der Schlagader bewirkt wird. Da<lb/>
folglich die waͤrend dem Zuſammenziehn erzeugte Ge-<lb/>ſchwindigkeit beſtaͤndig anwaͤchſt, hingegen die vom Her-<lb/>
zen ſtammende Geſchwindigkeit beſtaͤndig kleiner wird,<lb/>
und folglich der Unterſcheid beſtaͤndig ſchwaͤcher wird,<lb/>ſo mus notwendig ein Punkt vorhanden ſeyn, wo dieſer<lb/>
Unterſcheid gar verſchwindet, und wo die von einer zu-<lb/>ſammengezognen Schlagader hervorgebrachte Geſchwin-<lb/>
digkeit eben ſo gros wird, als die vom Herzen mitgeteilte<lb/>
Geſchwindigkeit. Wenn dieſes geſchehen, ſo wird ſich<lb/>
das Blut im Zuſtande der Zuſammenziehung einer<lb/>
Schlagader, wenn ſich das Herze ausruhend nachlaͤſt,<lb/>
mit eben ſo groſſer Geſchwindigkeit, als in der Erweite-<lb/>
rung bewegen, wenn ſich das Herze zuſammenzieht; es<lb/>
wird ſich naͤmlich das Blut mit einer einfoͤrmigen Ge-<lb/>ſchwindigkeit bewegen, und alſo ganz und gar kein Puls-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchlag</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[573/0593]
des Blutes in den Blutadern.
Der erſte iſt der vortrefliche Franz Boißier, der be-
reits vorlaͤngſt (k), und nur neulich noch auf eine voll-
ſtaͤndigere Art (l), beinahe auf folgende Weiſe, dieſe Auf-
gabe entwikkelt hat. Es ſagt derſelbe naͤmlich, es be-
wege ſich das Blut bereits in den lezzten Schlagaͤderchen
mit einer einfoͤrmigen Geſchwindigkeit, indem in den
pulſirenden Staͤmmen eine friſche Welle wechſelweiſe die
vorhergehende drenge, und wechſelweiſe wieder zu dren-
gen |nachlaſſe. Es nehme naͤmlich in den Schlagadern,
die vom Herzen mitgeteilte Geſchwindigkeit beſtaͤndig bei
jedwedem Schritte ab, ſo daß das Zuſammenziehn be-
ſtaͤndig kleiner werde, und der Unterſcheid immer kleiner
ſey, um welchen die folgende Blutwelle die vorherge-
hende an Geſchwindigkeit uͤbertrift.
Dagegen erzeugt die Zuſammenziehungskraft in den
Schlagadern zur Zeit des Zuſammenziehens eine Ge-
ſchwindigkeit, welche beſtaͤndig waͤchſt, indem ſie von
einer laͤngern Reihe der Schlagader bewirkt wird. Da
folglich die waͤrend dem Zuſammenziehn erzeugte Ge-
ſchwindigkeit beſtaͤndig anwaͤchſt, hingegen die vom Her-
zen ſtammende Geſchwindigkeit beſtaͤndig kleiner wird,
und folglich der Unterſcheid beſtaͤndig ſchwaͤcher wird,
ſo mus notwendig ein Punkt vorhanden ſeyn, wo dieſer
Unterſcheid gar verſchwindet, und wo die von einer zu-
ſammengezognen Schlagader hervorgebrachte Geſchwin-
digkeit eben ſo gros wird, als die vom Herzen mitgeteilte
Geſchwindigkeit. Wenn dieſes geſchehen, ſo wird ſich
das Blut im Zuſtande der Zuſammenziehung einer
Schlagader, wenn ſich das Herze ausruhend nachlaͤſt,
mit eben ſo groſſer Geſchwindigkeit, als in der Erweite-
rung bewegen, wenn ſich das Herze zuſammenzieht; es
wird ſich naͤmlich das Blut mit einer einfoͤrmigen Ge-
ſchwindigkeit bewegen, und alſo ganz und gar kein Puls-
ſchlag
(k)
De pulſu. S. 25. 26.
(l)
Jn den Nov. Ephem. Nat.
Curioſ. Tom. I. Obſ. 36.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/593>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.