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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Siebendes Buch. Die Absonderung.
sich in keine Fäden ziehen lassen. Sie lassen sich fast
ganz und gar, indem nur ein sehr kleiner Rest von Erde
übrig bleibt, durchs Feuer zerstreuen, und gerinnen
nicht vom schärfsten Weingeiste oder den stärksten sauern
Säften, die man so gar von metallischen Salzen abge-
zogen. Freilich haben sie einige Stoffe von Erden,
Salzen, und Oelen bei sich: doch es sind auch derglei-
chen feste Stoffe so gar im Quellwasser zugegen. Von
diesen Säften befindet sich im Menschen eine ansenliche
Menge. Es werden einige unter ihnen aus dem Kör-
per verwiesen, welche man alsdenn Auswürfe nennt,
nämlich der Harn, dessen Wesen sich in gesunden Men-
schen niemals verdikken läst, ferner die vom Sancto-
rius
(e) abgewogne Ausdünstungsmaterie, und der aus
der Lunge ausgestoßne Atem (f). Denn der Schweis
ist schon eine gemischte Art, indem selbiger aus dem Oele,
das sich unter der Haut befindet, aus einer oft drüsigen
Schmier, und dem dünnen Wasser der ausdamfenden
Gefässe zusammengesezzt ist.

Es gibt aber auch unter den einheimschen Säften,
das ist, unter denen die die thierische Natur zu ihren
Absichten in dem Körper zurükkebehält, einige, welche
sonst fast nichts, ausser Wasser, in ihren Grundstoffen
tragen. Hieher rechne ich den wirklichen und vom
Schleime ganz verschiednen Speichel, ferner den Gekrö-
sedrüsensaft, der mit dem Speichel verwant ist, und end-
lich die Trähnen, welche bei seltnern Gelegenheiten ver-
gossen werden, übrigens aber aus den Augen herab-
tauend, die Nase inwendig beständig anfeuchten. Es
befindet sich aber auch im Auge selbst ein sehr reines und
helles Wasser, welches sich theils zwischen der Hornhaut und
der Vorderfläche der Kristallinse ergisset, theils zwischen

die
(e) [Spaltenumbruch] Wenn man die Ausdünstung
mit einem Glase auffängt, so flis-
set selbige in ein mäßig gesalznes
[Spaltenumbruch] Wasser zusammen. boerhaave de
fabric. glandul. T. III.
S. 540.
(f) Ebenders. ebendas.

Siebendes Buch. Die Abſonderung.
ſich in keine Faͤden ziehen laſſen. Sie laſſen ſich faſt
ganz und gar, indem nur ein ſehr kleiner Reſt von Erde
uͤbrig bleibt, durchs Feuer zerſtreuen, und gerinnen
nicht vom ſchaͤrfſten Weingeiſte oder den ſtaͤrkſten ſauern
Saͤften, die man ſo gar von metalliſchen Salzen abge-
zogen. Freilich haben ſie einige Stoffe von Erden,
Salzen, und Oelen bei ſich: doch es ſind auch derglei-
chen feſte Stoffe ſo gar im Quellwaſſer zugegen. Von
dieſen Saͤften befindet ſich im Menſchen eine anſenliche
Menge. Es werden einige unter ihnen aus dem Koͤr-
per verwieſen, welche man alsdenn Auswuͤrfe nennt,
naͤmlich der Harn, deſſen Weſen ſich in geſunden Men-
ſchen niemals verdikken laͤſt, ferner die vom Sancto-
rius
(e) abgewogne Ausduͤnſtungsmaterie, und der aus
der Lunge ausgeſtoßne Atem (f). Denn der Schweis
iſt ſchon eine gemiſchte Art, indem ſelbiger aus dem Oele,
das ſich unter der Haut befindet, aus einer oft druͤſigen
Schmier, und dem duͤnnen Waſſer der ausdamfenden
Gefaͤſſe zuſammengeſezzt iſt.

Es gibt aber auch unter den einheimſchen Saͤften,
das iſt, unter denen die die thieriſche Natur zu ihren
Abſichten in dem Koͤrper zuruͤkkebehaͤlt, einige, welche
ſonſt faſt nichts, auſſer Waſſer, in ihren Grundſtoffen
tragen. Hieher rechne ich den wirklichen und vom
Schleime ganz verſchiednen Speichel, ferner den Gekroͤ-
ſedruͤſenſaft, der mit dem Speichel verwant iſt, und end-
lich die Traͤhnen, welche bei ſeltnern Gelegenheiten ver-
goſſen werden, uͤbrigens aber aus den Augen herab-
tauend, die Naſe inwendig beſtaͤndig anfeuchten. Es
befindet ſich aber auch im Auge ſelbſt ein ſehr reines und
helles Waſſer, welches ſich theils zwiſchen der Hornhaut und
der Vorderflaͤche der Kriſtallinſe ergiſſet, theils zwiſchen

die
(e) [Spaltenumbruch] Wenn man die Ausduͤnſtung
mit einem Glaſe auffaͤngt, ſo fliſ-
ſet ſelbige in ein maͤßig geſalznes
[Spaltenumbruch] Waſſer zuſammen. boerhaave de
fabric. glandul. T. III.
S. 540.
(f) Ebenderſ. ebendaſ.
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[584/0604] Siebendes Buch. Die Abſonderung. ſich in keine Faͤden ziehen laſſen. Sie laſſen ſich faſt ganz und gar, indem nur ein ſehr kleiner Reſt von Erde uͤbrig bleibt, durchs Feuer zerſtreuen, und gerinnen nicht vom ſchaͤrfſten Weingeiſte oder den ſtaͤrkſten ſauern Saͤften, die man ſo gar von metalliſchen Salzen abge- zogen. Freilich haben ſie einige Stoffe von Erden, Salzen, und Oelen bei ſich: doch es ſind auch derglei- chen feſte Stoffe ſo gar im Quellwaſſer zugegen. Von dieſen Saͤften befindet ſich im Menſchen eine anſenliche Menge. Es werden einige unter ihnen aus dem Koͤr- per verwieſen, welche man alsdenn Auswuͤrfe nennt, naͤmlich der Harn, deſſen Weſen ſich in geſunden Men- ſchen niemals verdikken laͤſt, ferner die vom Sancto- rius (e) abgewogne Ausduͤnſtungsmaterie, und der aus der Lunge ausgeſtoßne Atem (f). Denn der Schweis iſt ſchon eine gemiſchte Art, indem ſelbiger aus dem Oele, das ſich unter der Haut befindet, aus einer oft druͤſigen Schmier, und dem duͤnnen Waſſer der ausdamfenden Gefaͤſſe zuſammengeſezzt iſt. Es gibt aber auch unter den einheimſchen Saͤften, das iſt, unter denen die die thieriſche Natur zu ihren Abſichten in dem Koͤrper zuruͤkkebehaͤlt, einige, welche ſonſt faſt nichts, auſſer Waſſer, in ihren Grundſtoffen tragen. Hieher rechne ich den wirklichen und vom Schleime ganz verſchiednen Speichel, ferner den Gekroͤ- ſedruͤſenſaft, der mit dem Speichel verwant iſt, und end- lich die Traͤhnen, welche bei ſeltnern Gelegenheiten ver- goſſen werden, uͤbrigens aber aus den Augen herab- tauend, die Naſe inwendig beſtaͤndig anfeuchten. Es befindet ſich aber auch im Auge ſelbſt ein ſehr reines und helles Waſſer, welches ſich theils zwiſchen der Hornhaut und der Vorderflaͤche der Kriſtallinſe ergiſſet, theils zwiſchen die (e) Wenn man die Ausduͤnſtung mit einem Glaſe auffaͤngt, ſo fliſ- ſet ſelbige in ein maͤßig geſalznes Waſſer zuſammen. boerhaave de fabric. glandul. T. III. S. 540. (f) Ebenderſ. ebendaſ.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/604>, abgerufen am 23.11.2024.