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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Siebendes Buch. Die Absonderung.

Es emfangen diese Gänge von dem Zellgewebe eine
Membrane, welche eine eben so zähe Festigkeit, als in
der Blutader hat, aber doch nicht in allen Gängen der
Erweiterung eben so Wiederstand thut. Von aussen
lagert sich das Zellgewebe herum, welches oft schön mit
Gefässen bemalt ist, und sich mit der wirklichen Mem-
brane genau vereinigt. Jnwendig ist die Membrane des
Abfürungganges, mit der Bekleidung dieser Höle ein
Stükk, da ein jeder Gang seine Saftzufuhr in diese Höle
ausleeret, nämlich in das innere Häutchen des Augen-
liedes, des Gedärms, oder des Mundes. Folglich las-
sen sich in einem jeden Gange zwo Häute gedenken, ob
ich gleich nicht weis, daß man selbige in der Zerglie-
drungskunst jemals abgesondert habe.

Es hält sich ferner in diesen Auswurfsgängen ein
vom Blute verschiedener Saft auf. Daß sie diesen
nicht von den Schlagadern her haben sollten, daran ist
wohl kein Zweifel: indessen ist es doch auch nicht eben
leicht, die Vereinigung der kleinsten Schlagäderchen
mit denen daraus entspringenden Gängen sichtbar zu
machen. Das was Vieussens (r) gesehen, glaube ich
einzig und allein dem Zellgewebe beilegen zu können.
Denn es hat noch nie jemand, wenn er gleich von
den allererhabensten und kleinsten Linsengläserchen unter-
stüzzt worden, gesehen, daß aus einem ganz kleinen
Schlagäderchen ein Kanal von einer andren Art ent-
sprungen wäre, wie ich bereits erinnert habe (s), der wirk-
lich hol sey, und ein dünneres Flüßiges enthielte. Folg-
lich mus man merenteils, wie schon erinnert worden,
seine Zuflucht zu den Einsprizzungen der Zergliedrer und
zu Krankheiten nehmen. Es dringen zwar die einge-
sprizzten Säfte, in zusammengesezzten Drüsen, mit gros-
ser Mühe aus den Schlagadern in den Ausfürungsgang

hin-
(r) [Spaltenumbruch] vieussens de structur. viscer.
S. 10. des liqueurs. S. 129. u. f.
(s) [Spaltenumbruch] 2. Buch.
Siebendes Buch. Die Abſonderung.

Es emfangen dieſe Gaͤnge von dem Zellgewebe eine
Membrane, welche eine eben ſo zaͤhe Feſtigkeit, als in
der Blutader hat, aber doch nicht in allen Gaͤngen der
Erweiterung eben ſo Wiederſtand thut. Von auſſen
lagert ſich das Zellgewebe herum, welches oft ſchoͤn mit
Gefaͤſſen bemalt iſt, und ſich mit der wirklichen Mem-
brane genau vereinigt. Jnwendig iſt die Membrane des
Abfuͤrungganges, mit der Bekleidung dieſer Hoͤle ein
Stuͤkk, da ein jeder Gang ſeine Saftzufuhr in dieſe Hoͤle
ausleeret, naͤmlich in das innere Haͤutchen des Augen-
liedes, des Gedaͤrms, oder des Mundes. Folglich laſ-
ſen ſich in einem jeden Gange zwo Haͤute gedenken, ob
ich gleich nicht weis, daß man ſelbige in der Zerglie-
drungskunſt jemals abgeſondert habe.

Es haͤlt ſich ferner in dieſen Auswurfsgaͤngen ein
vom Blute verſchiedener Saft auf. Daß ſie dieſen
nicht von den Schlagadern her haben ſollten, daran iſt
wohl kein Zweifel: indeſſen iſt es doch auch nicht eben
leicht, die Vereinigung der kleinſten Schlagaͤderchen
mit denen daraus entſpringenden Gaͤngen ſichtbar zu
machen. Das was Vieuſſens (r) geſehen, glaube ich
einzig und allein dem Zellgewebe beilegen zu koͤnnen.
Denn es hat noch nie jemand, wenn er gleich von
den allererhabenſten und kleinſten Linſenglaͤſerchen unter-
ſtuͤzzt worden, geſehen, daß aus einem ganz kleinen
Schlagaͤderchen ein Kanal von einer andren Art ent-
ſprungen waͤre, wie ich bereits erinnert habe (s), der wirk-
lich hol ſey, und ein duͤnneres Fluͤßiges enthielte. Folg-
lich mus man merenteils, wie ſchon erinnert worden,
ſeine Zuflucht zu den Einſprizzungen der Zergliedrer und
zu Krankheiten nehmen. Es dringen zwar die einge-
ſprizzten Saͤfte, in zuſammengeſezzten Druͤſen, mit groſ-
ſer Muͤhe aus den Schlagadern in den Ausfuͤrungsgang

hin-
(r) [Spaltenumbruch] vieuſſenſ de ſtructur. viſcer.
S. 10. des liqueurs. S. 129. u. f.
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[614/0634] Siebendes Buch. Die Abſonderung. Es emfangen dieſe Gaͤnge von dem Zellgewebe eine Membrane, welche eine eben ſo zaͤhe Feſtigkeit, als in der Blutader hat, aber doch nicht in allen Gaͤngen der Erweiterung eben ſo Wiederſtand thut. Von auſſen lagert ſich das Zellgewebe herum, welches oft ſchoͤn mit Gefaͤſſen bemalt iſt, und ſich mit der wirklichen Mem- brane genau vereinigt. Jnwendig iſt die Membrane des Abfuͤrungganges, mit der Bekleidung dieſer Hoͤle ein Stuͤkk, da ein jeder Gang ſeine Saftzufuhr in dieſe Hoͤle ausleeret, naͤmlich in das innere Haͤutchen des Augen- liedes, des Gedaͤrms, oder des Mundes. Folglich laſ- ſen ſich in einem jeden Gange zwo Haͤute gedenken, ob ich gleich nicht weis, daß man ſelbige in der Zerglie- drungskunſt jemals abgeſondert habe. Es haͤlt ſich ferner in dieſen Auswurfsgaͤngen ein vom Blute verſchiedener Saft auf. Daß ſie dieſen nicht von den Schlagadern her haben ſollten, daran iſt wohl kein Zweifel: indeſſen iſt es doch auch nicht eben leicht, die Vereinigung der kleinſten Schlagaͤderchen mit denen daraus entſpringenden Gaͤngen ſichtbar zu machen. Das was Vieuſſens (r) geſehen, glaube ich einzig und allein dem Zellgewebe beilegen zu koͤnnen. Denn es hat noch nie jemand, wenn er gleich von den allererhabenſten und kleinſten Linſenglaͤſerchen unter- ſtuͤzzt worden, geſehen, daß aus einem ganz kleinen Schlagaͤderchen ein Kanal von einer andren Art ent- ſprungen waͤre, wie ich bereits erinnert habe (s), der wirk- lich hol ſey, und ein duͤnneres Fluͤßiges enthielte. Folg- lich mus man merenteils, wie ſchon erinnert worden, ſeine Zuflucht zu den Einſprizzungen der Zergliedrer und zu Krankheiten nehmen. Es dringen zwar die einge- ſprizzten Saͤfte, in zuſammengeſezzten Druͤſen, mit groſ- ſer Muͤhe aus den Schlagadern in den Ausfuͤrungsgang hin- (r) vieuſſenſ de ſtructur. viſcer. S. 10. des liqueurs. S. 129. u. f. (s) 2. Buch.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/634>, abgerufen am 28.11.2024.