Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.der Verschiedenheit der Säfte. dem ohngeachtet doch ein andrer Saft absondern, wo-fern der Absondrungskanal an seiner Mündung eine an- dre Dichtheit äussert. Man sezze, der Kanal sei hier dichter, so wird er den anprellenden Theilchen stärker wie- derstehen, und er wird den grössern, trägen, und glat- ten den Rükkweg weisen; er wird die wässrigen, die klei- nen Theilchen annehmen, die leztern, weil sie ohne eine Auseinanderdehnung in die Gefässe treten, die erstern, weil sie schon mit grösserm Nachdrukke auf die Mündung des Scheidekanals losdringen. Dahingegen sezze man, eine absondernde Kanalöfnung sei weich und nachgebend, so wird solche in der That dem andringenden Safte we- niger Wiederstand thun, und sie wird sowohl die gros- sen, als die weichen und glatten Theilchen mit grössrer Willfärigkeit in sich nehmen. Folglich werden dichte, oder derbe Mündungen reinere, aber nicht so häufige Absonderungen hervorbringen, und sie werden schweren oder wässrigen Säften den Durchzug verstatten: hinge- gen verursachen lose Mündungen unreine Absonderun- gen, aus der Ursache, weil sie Säften von allerlei Art den Durchzug verstatten, ohne sie anzuhalten. Zur Zeit haben Clifton Wintringham (x), Joseph Lieu- raud (y), und mit mehr Beredsamkeit Franz Lamu- re (z), diese Betrachtung in Erwägung gezogen. Ziehet man die Zergliederungskunst und die felerhafte schlä- (x) [Spaltenumbruch]
Von den verschiednen Be- schaffenheiten der absondernden Schlagadern entstehen die ver- [Spaltenumbruch] schiedne Absonderungen. Enquiry S. 178. 218. (y) Physiologie. S. 166. 167. (z) Siehe §. 37. Y y 4
der Verſchiedenheit der Saͤfte. dem ohngeachtet doch ein andrer Saft abſondern, wo-fern der Abſondrungskanal an ſeiner Muͤndung eine an- dre Dichtheit aͤuſſert. Man ſezze, der Kanal ſei hier dichter, ſo wird er den anprellenden Theilchen ſtaͤrker wie- derſtehen, und er wird den groͤſſern, traͤgen, und glat- ten den Ruͤkkweg weiſen; er wird die waͤſſrigen, die klei- nen Theilchen annehmen, die leztern, weil ſie ohne eine Auseinanderdehnung in die Gefaͤſſe treten, die erſtern, weil ſie ſchon mit groͤſſerm Nachdrukke auf die Muͤndung des Scheidekanals losdringen. Dahingegen ſezze man, eine abſondernde Kanaloͤfnung ſei weich und nachgebend, ſo wird ſolche in der That dem andringenden Safte we- niger Wiederſtand thun, und ſie wird ſowohl die groſ- ſen, als die weichen und glatten Theilchen mit groͤſſrer Willfaͤrigkeit in ſich nehmen. Folglich werden dichte, oder derbe Muͤndungen reinere, aber nicht ſo haͤufige Abſonderungen hervorbringen, und ſie werden ſchweren oder waͤſſrigen Saͤften den Durchzug verſtatten: hinge- gen verurſachen loſe Muͤndungen unreine Abſonderun- gen, aus der Urſache, weil ſie Saͤften von allerlei Art den Durchzug verſtatten, ohne ſie anzuhalten. Zur Zeit haben Clifton Wintringham (x), Joſeph Lieu- raud (y), und mit mehr Beredſamkeit Franz Lamu- re (z), dieſe Betrachtung in Erwaͤgung gezogen. Ziehet man die Zergliederungskunſt und die felerhafte ſchlaͤ- (x) [Spaltenumbruch]
Von den verſchiednen Be- ſchaffenheiten der abſondernden Schlagadern entſtehen die ver- [Spaltenumbruch] ſchiedne Abſonderungen. Enquiry S. 178. 218. (y) Phyſiologie. S. 166. 167. (z) Siehe §. 37. Y y 4
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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
dem ohngeachtet doch ein andrer Saft abſondern, wo-
fern der Abſondrungskanal an ſeiner Muͤndung eine an-
dre Dichtheit aͤuſſert. Man ſezze, der Kanal ſei hier
dichter, ſo wird er den anprellenden Theilchen ſtaͤrker wie-
derſtehen, und er wird den groͤſſern, traͤgen, und glat-
ten den Ruͤkkweg weiſen; er wird die waͤſſrigen, die klei-
nen Theilchen annehmen, die leztern, weil ſie ohne eine
Auseinanderdehnung in die Gefaͤſſe treten, die erſtern,
weil ſie ſchon mit groͤſſerm Nachdrukke auf die Muͤndung
des Scheidekanals losdringen. Dahingegen ſezze man,
eine abſondernde Kanaloͤfnung ſei weich und nachgebend,
ſo wird ſolche in der That dem andringenden Safte we-
niger Wiederſtand thun, und ſie wird ſowohl die groſ-
ſen, als die weichen und glatten Theilchen mit groͤſſrer
Willfaͤrigkeit in ſich nehmen. Folglich werden dichte,
oder derbe Muͤndungen reinere, aber nicht ſo haͤufige
Abſonderungen hervorbringen, und ſie werden ſchweren
oder waͤſſrigen Saͤften den Durchzug verſtatten: hinge-
gen verurſachen loſe Muͤndungen unreine Abſonderun-
gen, aus der Urſache, weil ſie Saͤften von allerlei Art
den Durchzug verſtatten, ohne ſie anzuhalten. Zur Zeit
haben Clifton Wintringham (x), Joſeph Lieu-
raud (y), und mit mehr Beredſamkeit Franz Lamu-
re (z), dieſe Betrachtung in Erwaͤgung gezogen.
Ziehet man die Zergliederungskunſt und die felerhafte
Verirrungen in dem Abſondrungsproceſſe uͤber dieſe Sa-
che zu Rathe, ſo vermindert ſich nicht im geringſten die
Warſcheinlichkeit der Hipoteſe. Es iſt eine ſichre War-
heit, daß loſer geſpannte Werkzeuge, die an ſich vorher
dichter waren, nunmehr dikkern Saͤften den Durchzug
erlauben. Die dichte und ſcharfgeſpannte Gebaͤrmutter
in Maͤdchen ſchwizzet, wenn man ſie durch warme Um-
ſchlaͤ-
(x)
Von den verſchiednen Be-
ſchaffenheiten der abſondernden
Schlagadern entſtehen die ver-
ſchiedne Abſonderungen. Enquiry
S. 178. 218.
(y) Phyſiologie. S. 166. 167.
(z) Siehe §. 37.
Y y 4
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