Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch. Das Blut.
rümte von Bergen (l), daß sich dieser Blutklumpe von
jungen Leuten in kürzerer Zeit, als von Alten, verzere.
Man wird in der That lachen müssen, wenn man lieset,
daß vormals ein berümter Arzt, ein Blut, welches sich
nach 24 Stunden in Wasser verwandelt hatte, vor was
seltsames und mit dem Spaawasser änliches angese-
hen (n). Aber auch in lebendigen Menschen selbst lösen
sich die grösten Klümpe Blut, welche sich ins Zellgewebe
ergossen, auf (o), und sie verschwinden dergestalt, daß der
rote Klumpe endlich zu einem schwärzlichen, hierauf grün-
lichem, und endlich zu einem gelben Wasser wird, und von
dem zerstreuten Roten im Blute endlich fast eben solches
rotes Pulver (p) übrig bleibt, dergleichen das Blut nach
der Verdünstung zurükke zu lassen pflegt. Jch erinnere
mich noch, in meinen jüngern Jaren, ein wunderbares
Beispiel gesehen zu haben, da sich bei einem Manne, der
von einer Höhe herabgefallen war, gleichsam noch ein
zweeter Kopf an die Scheitel angesezzt hatte. Es sank
dieser Klumpe, der leicht ein Pfund wiegen mochte, längst
den zellförmigen Räumen der Muskeln und Knochen in
die gedoppelte Zwischenwand der Augenlieder und ins
Angesichte herab, daß er darinnen wie ein Mor aussah;
und es verliefen wenig Tage, da diese ganze Masse be-
reits, nach den erzälten Mittelgraden der Farben, auf-
gelöset war, und sich verloren hatte. Einerlei Wärme
der Bruthenne erhält das Blut ganze Monate flüßig,
ohne es gerinnen zu lassen (q).

Aber auch in den Gefässen eines lebenden Menschen
verändert sich das Blut dergestalt, daß es seine Neigung
zum Gerinnen verliert, und zu einem bleichen Wasser
wird, welches sich ferner durch keinerlei Kunst, durch kein
(m)

Alkohol
(l) [Spaltenumbruch] Angef. Ort.
(n) heers Spadacrene, obs. 23.
S. 207.
(o) Heucher S. 349.
(p) [Spaltenumbruch] Dergleichen vom zerstreuten
Blute unter den Nägeln überge-
blieben Schwenke S. 99.
(q) Birch angef. Ort. T. III.
S. 238.
(m) Schwenke S. 90.

Fuͤnftes Buch. Das Blut.
ruͤmte von Bergen (l), daß ſich dieſer Blutklumpe von
jungen Leuten in kuͤrzerer Zeit, als von Alten, verzere.
Man wird in der That lachen muͤſſen, wenn man lieſet,
daß vormals ein beruͤmter Arzt, ein Blut, welches ſich
nach 24 Stunden in Waſſer verwandelt hatte, vor was
ſeltſames und mit dem Spaawaſſer aͤnliches angeſe-
hen (n). Aber auch in lebendigen Menſchen ſelbſt loͤſen
ſich die groͤſten Kluͤmpe Blut, welche ſich ins Zellgewebe
ergoſſen, auf (o), und ſie verſchwinden dergeſtalt, daß der
rote Klumpe endlich zu einem ſchwaͤrzlichen, hierauf gruͤn-
lichem, und endlich zu einem gelben Waſſer wird, und von
dem zerſtreuten Roten im Blute endlich faſt eben ſolches
rotes Pulver (p) uͤbrig bleibt, dergleichen das Blut nach
der Verduͤnſtung zuruͤkke zu laſſen pflegt. Jch erinnere
mich noch, in meinen juͤngern Jaren, ein wunderbares
Beiſpiel geſehen zu haben, da ſich bei einem Manne, der
von einer Hoͤhe herabgefallen war, gleichſam noch ein
zweeter Kopf an die Scheitel angeſezzt hatte. Es ſank
dieſer Klumpe, der leicht ein Pfund wiegen mochte, laͤngſt
den zellfoͤrmigen Raͤumen der Muskeln und Knochen in
die gedoppelte Zwiſchenwand der Augenlieder und ins
Angeſichte herab, daß er darinnen wie ein Mor ausſah;
und es verliefen wenig Tage, da dieſe ganze Maſſe be-
reits, nach den erzaͤlten Mittelgraden der Farben, auf-
geloͤſet war, und ſich verloren hatte. Einerlei Waͤrme
der Bruthenne erhaͤlt das Blut ganze Monate fluͤßig,
ohne es gerinnen zu laſſen (q).

Aber auch in den Gefaͤſſen eines lebenden Menſchen
veraͤndert ſich das Blut dergeſtalt, daß es ſeine Neigung
zum Gerinnen verliert, und zu einem bleichen Waſſer
wird, welches ſich ferner durch keinerlei Kunſt, durch kein
(m)

Alkohol
(l) [Spaltenumbruch] Angef. Ort.
(n) heerſ Spadacrene, obſ. 23.
S. 207.
(o) Heucher S. 349.
(p) [Spaltenumbruch] Dergleichen vom zerſtreuten
Blute unter den Naͤgeln uͤberge-
blieben Schwenke S. 99.
(q) Birch angef. Ort. T. III.
S. 238.
(m) Schwenke S. 90.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0090" n="70"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nftes Buch. Das Blut.</hi></fw><lb/>
ru&#x0364;mte von <hi rendition="#fr">Bergen</hi> <note place="foot" n="(l)"><cb/>
Angef. Ort.</note>, daß &#x017F;ich die&#x017F;er Blutklumpe von<lb/>
jungen Leuten in ku&#x0364;rzerer Zeit, als von Alten, verzere.<lb/>
Man wird in der That lachen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn man lie&#x017F;et,<lb/>
daß vormals ein beru&#x0364;mter Arzt, ein Blut, welches &#x017F;ich<lb/>
nach 24 Stunden in Wa&#x017F;&#x017F;er verwandelt hatte, vor was<lb/>
&#x017F;elt&#x017F;ames und mit dem Spaawa&#x017F;&#x017F;er a&#x0364;nliches ange&#x017F;e-<lb/>
hen <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">heer&#x017F;</hi> Spadacrene, ob&#x017F;.</hi> 23.<lb/>
S. 207.</note>. Aber auch in lebendigen Men&#x017F;chen &#x017F;elb&#x017F;t lo&#x0364;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich die gro&#x0364;&#x017F;ten Klu&#x0364;mpe Blut, welche &#x017F;ich ins Zellgewebe<lb/>
ergo&#x017F;&#x017F;en, auf <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#fr">Heucher</hi> S. 349.</note>, und &#x017F;ie ver&#x017F;chwinden derge&#x017F;talt, daß der<lb/>
rote Klumpe endlich zu einem &#x017F;chwa&#x0364;rzlichen, hierauf gru&#x0364;n-<lb/>
lichem, und endlich zu einem gelben Wa&#x017F;&#x017F;er wird, und von<lb/>
dem zer&#x017F;treuten Roten im Blute endlich fa&#x017F;t eben &#x017F;olches<lb/>
rotes Pulver <note place="foot" n="(p)"><cb/>
Dergleichen vom zer&#x017F;treuten<lb/>
Blute unter den Na&#x0364;geln u&#x0364;berge-<lb/>
blieben <hi rendition="#fr">Schwenke</hi> S. 99.</note> u&#x0364;brig bleibt, dergleichen das Blut nach<lb/>
der Verdu&#x0364;n&#x017F;tung zuru&#x0364;kke zu la&#x017F;&#x017F;en pflegt. Jch erinnere<lb/>
mich noch, in meinen ju&#x0364;ngern Jaren, ein wunderbares<lb/>
Bei&#x017F;piel ge&#x017F;ehen zu haben, da &#x017F;ich bei einem Manne, der<lb/>
von einer Ho&#x0364;he herabgefallen war, gleich&#x017F;am noch ein<lb/>
zweeter Kopf an die Scheitel ange&#x017F;ezzt hatte. Es &#x017F;ank<lb/>
die&#x017F;er Klumpe, der leicht ein Pfund wiegen mochte, la&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
den zellfo&#x0364;rmigen Ra&#x0364;umen der Muskeln und Knochen in<lb/>
die gedoppelte Zwi&#x017F;chenwand der Augenlieder und ins<lb/>
Ange&#x017F;ichte herab, daß er darinnen wie ein Mor aus&#x017F;ah;<lb/>
und es verliefen wenig Tage, da die&#x017F;e ganze Ma&#x017F;&#x017F;e be-<lb/>
reits, nach den erza&#x0364;lten Mittelgraden der Farben, auf-<lb/>
gelo&#x0364;&#x017F;et war, und &#x017F;ich verloren hatte. Einerlei Wa&#x0364;rme<lb/>
der Bruthenne erha&#x0364;lt das Blut ganze Monate flu&#x0364;ßig,<lb/>
ohne es gerinnen zu la&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#fr">Birch</hi> angef. Ort. <hi rendition="#aq">T. III.</hi><lb/>
S. 238.</note>.</p><lb/>
            <p>Aber auch in den Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en eines lebenden Men&#x017F;chen<lb/>
vera&#x0364;ndert &#x017F;ich das Blut derge&#x017F;talt, daß es &#x017F;eine Neigung<lb/>
zum Gerinnen verliert, und zu einem bleichen Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
wird, welches &#x017F;ich ferner durch keinerlei Kun&#x017F;t, durch kein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Alkohol</fw><lb/><note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#fr">Schwenke</hi> S. 90.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0090] Fuͤnftes Buch. Das Blut. ruͤmte von Bergen (l), daß ſich dieſer Blutklumpe von jungen Leuten in kuͤrzerer Zeit, als von Alten, verzere. Man wird in der That lachen muͤſſen, wenn man lieſet, daß vormals ein beruͤmter Arzt, ein Blut, welches ſich nach 24 Stunden in Waſſer verwandelt hatte, vor was ſeltſames und mit dem Spaawaſſer aͤnliches angeſe- hen (n). Aber auch in lebendigen Menſchen ſelbſt loͤſen ſich die groͤſten Kluͤmpe Blut, welche ſich ins Zellgewebe ergoſſen, auf (o), und ſie verſchwinden dergeſtalt, daß der rote Klumpe endlich zu einem ſchwaͤrzlichen, hierauf gruͤn- lichem, und endlich zu einem gelben Waſſer wird, und von dem zerſtreuten Roten im Blute endlich faſt eben ſolches rotes Pulver (p) uͤbrig bleibt, dergleichen das Blut nach der Verduͤnſtung zuruͤkke zu laſſen pflegt. Jch erinnere mich noch, in meinen juͤngern Jaren, ein wunderbares Beiſpiel geſehen zu haben, da ſich bei einem Manne, der von einer Hoͤhe herabgefallen war, gleichſam noch ein zweeter Kopf an die Scheitel angeſezzt hatte. Es ſank dieſer Klumpe, der leicht ein Pfund wiegen mochte, laͤngſt den zellfoͤrmigen Raͤumen der Muskeln und Knochen in die gedoppelte Zwiſchenwand der Augenlieder und ins Angeſichte herab, daß er darinnen wie ein Mor ausſah; und es verliefen wenig Tage, da dieſe ganze Maſſe be- reits, nach den erzaͤlten Mittelgraden der Farben, auf- geloͤſet war, und ſich verloren hatte. Einerlei Waͤrme der Bruthenne erhaͤlt das Blut ganze Monate fluͤßig, ohne es gerinnen zu laſſen (q). Aber auch in den Gefaͤſſen eines lebenden Menſchen veraͤndert ſich das Blut dergeſtalt, daß es ſeine Neigung zum Gerinnen verliert, und zu einem bleichen Waſſer wird, welches ſich ferner durch keinerlei Kunſt, durch kein Alkohol (m) (l) Angef. Ort. (n) heerſ Spadacrene, obſ. 23. S. 207. (o) Heucher S. 349. (p) Dergleichen vom zerſtreuten Blute unter den Naͤgeln uͤberge- blieben Schwenke S. 99. (q) Birch angef. Ort. T. III. S. 238. (m) Schwenke S. 90.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/90
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/90>, abgerufen am 25.11.2024.