Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Abschn. Die Luft.

Wir würden aber zur verstörten Federkraft eine sehr
einfache Ursache finden, wenn wir bedenken wollten, daß
der Atem wäßrich sey, daß Wasser keine Federkraft be-
sizze, daß sich Wasser zu derjenigen Luft häufig beimische,
welche von dem Thiere in die Lunge gezogen wird. Es
war der neunte Theil der Luft, welche Stephan Hales
durchs Einatmen verdorben hat, Feuchtigkeit (u). Und
vielleicht ist es daher geschehen, daß eine vergiftete Luft
blos von dem Durchzuge, durch ein Laugensalz von feuer-
fester Art verbessert zu seyn geschienen (x). Dergleichen
Salzart hat die Natur, Wasser aus der Luft, mit grosser
Gierigkeit, an sich zu ziehen. Und daher zerstreut auch
das Feuer, indem es die nasse Dämfe verjagt, das
Schädliche der gemachten Luft (y).

Jndessen halte ich es doch nicht davor, daß man die
Ursache der schnellen Todesfälle dadurch erkläret habe.
Wir stehen die dämfige Luft in Damf- und andern Bä-
dern ohne Beschwerlichkeit aus. Selbst die Hizze,
durch welche wir diese Feuchtigkeit verzeren müsten, wür-
de uns vielmehr den Todt zuziehen.

Folglich mus man entweder die Wirkungen einer zer-
störten Federkraft, und der schädlichen Dünste (y*) zu-
sammen nehmen, oder überhaupt eine andre, bisher
noch nicht genung bekannte Ursache zu einem plözlichen
Tode, zum Grunde legen. Man mus hierbei noch an-

mer-
[Spaltenumbruch] personen, an einem sehr engen Orte,
aber bei sehr grosser Kälte, 38 Tage
gelebt haben, raggionament u. s. f.
S. 78. da alles voller fauler Dämfe
war. Und dennoch haben sie, wie-
wol beschwerlich, Atem geholt, und
gleichsam ein erdrükkendes Gewichte
auf sich gefült. Eine scharfe, vom
Brausen hervorgebrachte Kälte, hat
die Kraft, eine Flamme zu unterhal-
ten, und darinnen zu atmen, wieder
hergestellt. Miscell. Taurin. S. 129.
[Spaltenumbruch] 130.
(u) Haemast. S. 327.
(x) HALES veget. stat. S. 263.
264. doch es leugnen dieses ber.
Männer, Miscell. Taurin. S. 47.
(y) CAMER. util. antl. pneu-
mat.
S. 40.
(y*) Es erkennen ber. Männer,
die verbundne Kraft der Dämpfe,
und der verdorbnen Luft, wie sie von
langwieriger Hizze verdirbt, Misc.
Taurin.
S. 47. 49 und 50.
X 5
III. Abſchn. Die Luft.

Wir wuͤrden aber zur verſtoͤrten Federkraft eine ſehr
einfache Urſache finden, wenn wir bedenken wollten, daß
der Atem waͤßrich ſey, daß Waſſer keine Federkraft be-
ſizze, daß ſich Waſſer zu derjenigen Luft haͤufig beimiſche,
welche von dem Thiere in die Lunge gezogen wird. Es
war der neunte Theil der Luft, welche Stephan Hales
durchs Einatmen verdorben hat, Feuchtigkeit (u). Und
vielleicht iſt es daher geſchehen, daß eine vergiftete Luft
blos von dem Durchzuge, durch ein Laugenſalz von feuer-
feſter Art verbeſſert zu ſeyn geſchienen (x). Dergleichen
Salzart hat die Natur, Waſſer aus der Luft, mit groſſer
Gierigkeit, an ſich zu ziehen. Und daher zerſtreut auch
das Feuer, indem es die naſſe Daͤmfe verjagt, das
Schaͤdliche der gemachten Luft (y).

Jndeſſen halte ich es doch nicht davor, daß man die
Urſache der ſchnellen Todesfaͤlle dadurch erklaͤret habe.
Wir ſtehen die daͤmfige Luft in Damf- und andern Baͤ-
dern ohne Beſchwerlichkeit aus. Selbſt die Hizze,
durch welche wir dieſe Feuchtigkeit verzeren muͤſten, wuͤr-
de uns vielmehr den Todt zuziehen.

Folglich mus man entweder die Wirkungen einer zer-
ſtoͤrten Federkraft, und der ſchaͤdlichen Duͤnſte (y*) zu-
ſammen nehmen, oder uͤberhaupt eine andre, bisher
noch nicht genung bekannte Urſache zu einem ploͤzlichen
Tode, zum Grunde legen. Man mus hierbei noch an-

mer-
[Spaltenumbruch] perſonen, an einem ſehr engen Orte,
aber bei ſehr groſſer Kaͤlte, 38 Tage
gelebt haben, raggionament u. ſ. f.
S. 78. da alles voller fauler Daͤmfe
war. Und dennoch haben ſie, wie-
wol beſchwerlich, Atem geholt, und
gleichſam ein erdruͤkkendes Gewichte
auf ſich gefuͤlt. Eine ſcharfe, vom
Brauſen hervorgebrachte Kaͤlte, hat
die Kraft, eine Flamme zu unterhal-
ten, und darinnen zu atmen, wieder
hergeſtellt. Miſcell. Taurin. S. 129.
[Spaltenumbruch] 130.
(u) Hæmaſt. S. 327.
(x) HALES veget. ſtat. S. 263.
264. doch es leugnen dieſes ber.
Maͤnner, Miſcell. Taurin. S. 47.
(y) CAMER. util. antl. pneu-
mat.
S. 40.
(y*) Es erkennen ber. Maͤnner,
die verbundne Kraft der Daͤmpfe,
und der verdorbnen Luft, wie ſie von
langwieriger Hizze verdirbt, Miſc.
Taurin.
S. 47. 49 und 50.
X 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0335" n="329"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chn. Die Luft.</hi> </fw><lb/>
            <p>Wir wu&#x0364;rden aber zur ver&#x017F;to&#x0364;rten Federkraft eine &#x017F;ehr<lb/>
einfache Ur&#x017F;ache finden, wenn wir bedenken wollten, daß<lb/>
der Atem wa&#x0364;ßrich &#x017F;ey, daß Wa&#x017F;&#x017F;er keine Federkraft be-<lb/>
&#x017F;izze, daß &#x017F;ich Wa&#x017F;&#x017F;er zu derjenigen Luft ha&#x0364;ufig beimi&#x017F;che,<lb/>
welche von dem Thiere in die Lunge gezogen wird. Es<lb/>
war der neunte Theil der Luft, welche <hi rendition="#fr">Stephan Hales</hi><lb/>
durchs Einatmen verdorben hat, Feuchtigkeit <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">Hæma&#x017F;t.</hi> S. 327.</note>. Und<lb/>
vielleicht i&#x017F;t es daher ge&#x017F;chehen, daß eine vergiftete Luft<lb/>
blos von dem Durchzuge, durch ein Laugen&#x017F;alz von feuer-<lb/>
fe&#x017F;ter Art verbe&#x017F;&#x017F;ert zu &#x017F;eyn ge&#x017F;chienen <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">HALES</hi> veget. &#x017F;tat.</hi> S. 263.<lb/>
264. doch es leugnen die&#x017F;es ber.<lb/>
Ma&#x0364;nner, <hi rendition="#aq">Mi&#x017F;cell. Taurin.</hi> S. 47.</note>. Dergleichen<lb/>
Salzart hat die Natur, Wa&#x017F;&#x017F;er aus der Luft, mit gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Gierigkeit, an &#x017F;ich zu ziehen. Und daher zer&#x017F;treut auch<lb/>
das Feuer, indem es die na&#x017F;&#x017F;e Da&#x0364;mfe verjagt, das<lb/>
Scha&#x0364;dliche der gemachten Luft <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CAMER.</hi> util. antl. pneu-<lb/>
mat.</hi> S. 40.</note>.</p><lb/>
            <p>Jnde&#x017F;&#x017F;en halte ich es doch nicht davor, daß man die<lb/>
Ur&#x017F;ache der &#x017F;chnellen Todesfa&#x0364;lle dadurch erkla&#x0364;ret habe.<lb/>
Wir &#x017F;tehen die da&#x0364;mfige Luft in Damf- und andern Ba&#x0364;-<lb/>
dern ohne Be&#x017F;chwerlichkeit aus. Selb&#x017F;t die Hizze,<lb/>
durch welche wir die&#x017F;e Feuchtigkeit verzeren mu&#x0364;&#x017F;ten, wu&#x0364;r-<lb/>
de uns vielmehr den Todt zuziehen.</p><lb/>
            <p>Folglich mus man entweder die Wirkungen einer zer-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;rten Federkraft, und der &#x017F;cha&#x0364;dlichen Du&#x0364;n&#x017F;te <note place="foot" n="(y*)">Es erkennen ber. Ma&#x0364;nner,<lb/>
die verbundne Kraft der Da&#x0364;mpfe,<lb/>
und der verdorbnen Luft, wie &#x017F;ie von<lb/>
langwieriger Hizze verdirbt, <hi rendition="#aq">Mi&#x017F;c.<lb/>
Taurin.</hi> S. 47. 49 und 50.</note> zu-<lb/>
&#x017F;ammen nehmen, oder u&#x0364;berhaupt eine andre, bisher<lb/>
noch nicht genung bekannte Ur&#x017F;ache zu einem plo&#x0364;zlichen<lb/>
Tode, zum Grunde legen. Man mus hierbei noch an-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 5</fw><fw place="bottom" type="catch">mer-</fw><lb/><note xml:id="f32" prev="#f31" place="foot" n="(t)"><cb/>
per&#x017F;onen, an einem &#x017F;ehr engen Orte,<lb/>
aber bei &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;er Ka&#x0364;lte, 38 Tage<lb/>
gelebt haben, <hi rendition="#aq">raggionament</hi> u. &#x017F;. f.<lb/>
S. 78. da alles voller fauler Da&#x0364;mfe<lb/>
war. Und dennoch haben &#x017F;ie, wie-<lb/>
wol be&#x017F;chwerlich, Atem geholt, und<lb/>
gleich&#x017F;am ein erdru&#x0364;kkendes Gewichte<lb/>
auf &#x017F;ich gefu&#x0364;lt. Eine &#x017F;charfe, vom<lb/>
Brau&#x017F;en hervorgebrachte Ka&#x0364;lte, hat<lb/>
die Kraft, eine Flamme zu unterhal-<lb/>
ten, und darinnen zu atmen, wieder<lb/>
herge&#x017F;tellt. <hi rendition="#aq">Mi&#x017F;cell. Taurin.</hi> S. 129.<lb/><cb/>
130.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0335] III. Abſchn. Die Luft. Wir wuͤrden aber zur verſtoͤrten Federkraft eine ſehr einfache Urſache finden, wenn wir bedenken wollten, daß der Atem waͤßrich ſey, daß Waſſer keine Federkraft be- ſizze, daß ſich Waſſer zu derjenigen Luft haͤufig beimiſche, welche von dem Thiere in die Lunge gezogen wird. Es war der neunte Theil der Luft, welche Stephan Hales durchs Einatmen verdorben hat, Feuchtigkeit (u). Und vielleicht iſt es daher geſchehen, daß eine vergiftete Luft blos von dem Durchzuge, durch ein Laugenſalz von feuer- feſter Art verbeſſert zu ſeyn geſchienen (x). Dergleichen Salzart hat die Natur, Waſſer aus der Luft, mit groſſer Gierigkeit, an ſich zu ziehen. Und daher zerſtreut auch das Feuer, indem es die naſſe Daͤmfe verjagt, das Schaͤdliche der gemachten Luft (y). Jndeſſen halte ich es doch nicht davor, daß man die Urſache der ſchnellen Todesfaͤlle dadurch erklaͤret habe. Wir ſtehen die daͤmfige Luft in Damf- und andern Baͤ- dern ohne Beſchwerlichkeit aus. Selbſt die Hizze, durch welche wir dieſe Feuchtigkeit verzeren muͤſten, wuͤr- de uns vielmehr den Todt zuziehen. Folglich mus man entweder die Wirkungen einer zer- ſtoͤrten Federkraft, und der ſchaͤdlichen Duͤnſte (y*) zu- ſammen nehmen, oder uͤberhaupt eine andre, bisher noch nicht genung bekannte Urſache zu einem ploͤzlichen Tode, zum Grunde legen. Man mus hierbei noch an- mer- (t) (u) Hæmaſt. S. 327. (x) HALES veget. ſtat. S. 263. 264. doch es leugnen dieſes ber. Maͤnner, Miſcell. Taurin. S. 47. (y) CAMER. util. antl. pneu- mat. S. 40. (y*) Es erkennen ber. Maͤnner, die verbundne Kraft der Daͤmpfe, und der verdorbnen Luft, wie ſie von langwieriger Hizze verdirbt, Miſc. Taurin. S. 47. 49 und 50. (t) perſonen, an einem ſehr engen Orte, aber bei ſehr groſſer Kaͤlte, 38 Tage gelebt haben, raggionament u. ſ. f. S. 78. da alles voller fauler Daͤmfe war. Und dennoch haben ſie, wie- wol beſchwerlich, Atem geholt, und gleichſam ein erdruͤkkendes Gewichte auf ſich gefuͤlt. Eine ſcharfe, vom Brauſen hervorgebrachte Kaͤlte, hat die Kraft, eine Flamme zu unterhal- ten, und darinnen zu atmen, wieder hergeſtellt. Miſcell. Taurin. S. 129. 130. X 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/335
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/335>, abgerufen am 18.06.2024.