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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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Das Atemholen. VIII. Buch
brechenden Winter, im Norden in die Teiche stürzen,
sich an das Rohr anhängen (b), sich allmählich daran
ins Wasser niederlassen (c), und, wie man sagt, ertrinken.
Diese Vögel behalten dennoch, bei dem Bilde des Todes,
in der That das Leben, man kann sie durch die Feuer-
wärme leicht wieder erwekken, und sie wachen alle Jahre,
wenn der angenehme Frühling einfällt (d), wieder von
selbst auf. Mit diesen haben diejenigen Menschen viel
Aehnlichkeit, welche von wirklich todten wenig verschie-
den (e), ohne Puls und Atem, ganze Tage (f), und, wenn
man der Geschichte trauen darf, ganze Wochen lang vor
todt gelegen haben (g).

Wenn man Thiere, und selbst Menschen, plözzlich
unter Wasser taucht, so kommen sie gewis, und gemei-
niglich in wenig Minuten, und fast in eben der Zeit um,
da sonst andre sterben, die durch andere Zufälle des Atem-
holens beraubt werden. Es erstikken nämlich diejenigen
fast auf einmal, denen ein etwas dikker Körper in die
Luftröhre, oder in den Luftröhrenkopf, unglükklicher Weise
geräth, und den Atem hemmt. Jch habe gesehen, daß
dieses Uebel von einer Wallnus (h), die im Luftröhrenko-
pfe stekken geblieben, erfolgt ist; ich habe gesehen, daß
von einem hineingefallnen runden Wurme (i) dergleichen
geschehen; andre sind von einem heruntergeschlukkten
Stükkchen Fleische, welches aber in die unrechte Kehle

ge-
[Spaltenumbruch] lebendig gefunden, DERHAM
phys. theol. L. VI. c.
3. S. 341.
phys. oecon. Patriot. T. I. n. 49.
blancaard chirurg.
S. 336.
Auch die Frösche, boyle on frost.
S. 232. und der Salamander, Mem.
de l'Acad.
1719. S. 145. dauren un-
ter dem Eise.
(b) EKMARK. angef. Ort.
(c) NEHRING. angef. Ort.
doch sterben sie, derh. und co-
las
dafelbst. pechein aeris et
alim. defect. c.
3.
(d) [Spaltenumbruch] EKMARK. u. f.
(e) Es kann ohne Atemholen ein
ganz weniges Leben fortdauren,
WHYTT angef. Ort. S. 227.
(f) Drei Tage lang, diemer-
broeck.
S. 319. Man lese aber
die, vom ber. brvhier gesamm-
lete Geschichte.
(g) Vierzig Tage lang, apnous
heraclidis.
(h) Opusc. pathol. obs. 7.
(i) Obs. 9.

Das Atemholen. VIII. Buch
brechenden Winter, im Norden in die Teiche ſtuͤrzen,
ſich an das Rohr anhaͤngen (b), ſich allmaͤhlich daran
ins Waſſer niederlaſſen (c), und, wie man ſagt, ertrinken.
Dieſe Voͤgel behalten dennoch, bei dem Bilde des Todes,
in der That das Leben, man kann ſie durch die Feuer-
waͤrme leicht wieder erwekken, und ſie wachen alle Jahre,
wenn der angenehme Fruͤhling einfaͤllt (d), wieder von
ſelbſt auf. Mit dieſen haben diejenigen Menſchen viel
Aehnlichkeit, welche von wirklich todten wenig verſchie-
den (e), ohne Puls und Atem, ganze Tage (f), und, wenn
man der Geſchichte trauen darf, ganze Wochen lang vor
todt gelegen haben (g).

Wenn man Thiere, und ſelbſt Menſchen, ploͤzzlich
unter Waſſer taucht, ſo kommen ſie gewis, und gemei-
niglich in wenig Minuten, und faſt in eben der Zeit um,
da ſonſt andre ſterben, die durch andere Zufaͤlle des Atem-
holens beraubt werden. Es erſtikken naͤmlich diejenigen
faſt auf einmal, denen ein etwas dikker Koͤrper in die
Luftroͤhre, oder in den Luftroͤhrenkopf, ungluͤkklicher Weiſe
geraͤth, und den Atem hemmt. Jch habe geſehen, daß
dieſes Uebel von einer Wallnus (h), die im Luftroͤhrenko-
pfe ſtekken geblieben, erfolgt iſt; ich habe geſehen, daß
von einem hineingefallnen runden Wurme (i) dergleichen
geſchehen; andre ſind von einem heruntergeſchlukkten
Stuͤkkchen Fleiſche, welches aber in die unrechte Kehle

ge-
[Spaltenumbruch] lebendig gefunden, DERHAM
phyſ. theol. L. VI. c.
3. S. 341.
phyſ. oecon. Patriot. T. I. n. 49.
blancaard chirurg.
S. 336.
Auch die Froͤſche, boyle on froſt.
S. 232. und der Salamander, Mem.
de l’Acad.
1719. S. 145. dauren un-
ter dem Eiſe.
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(c) NEHRING. angef. Ort.
doch ſterben ſie, derh. und co-
laſ
dafelbſt. pechein aeris et
alim. defect. c.
3.
(d) [Spaltenumbruch] EKMARK. u. f.
(e) Es kann ohne Atemholen ein
ganz weniges Leben fortdauren,
WHYTT angef. Ort. S. 227.
(f) Drei Tage lang, diemer-
broeck.
S. 319. Man leſe aber
die, vom ber. brvhier geſamm-
lete Geſchichte.
(g) Vierzig Tage lang, απνους
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[418/0424] Das Atemholen. VIII. Buch brechenden Winter, im Norden in die Teiche ſtuͤrzen, ſich an das Rohr anhaͤngen (b), ſich allmaͤhlich daran ins Waſſer niederlaſſen (c), und, wie man ſagt, ertrinken. Dieſe Voͤgel behalten dennoch, bei dem Bilde des Todes, in der That das Leben, man kann ſie durch die Feuer- waͤrme leicht wieder erwekken, und ſie wachen alle Jahre, wenn der angenehme Fruͤhling einfaͤllt (d), wieder von ſelbſt auf. Mit dieſen haben diejenigen Menſchen viel Aehnlichkeit, welche von wirklich todten wenig verſchie- den (e), ohne Puls und Atem, ganze Tage (f), und, wenn man der Geſchichte trauen darf, ganze Wochen lang vor todt gelegen haben (g). Wenn man Thiere, und ſelbſt Menſchen, ploͤzzlich unter Waſſer taucht, ſo kommen ſie gewis, und gemei- niglich in wenig Minuten, und faſt in eben der Zeit um, da ſonſt andre ſterben, die durch andere Zufaͤlle des Atem- holens beraubt werden. Es erſtikken naͤmlich diejenigen faſt auf einmal, denen ein etwas dikker Koͤrper in die Luftroͤhre, oder in den Luftroͤhrenkopf, ungluͤkklicher Weiſe geraͤth, und den Atem hemmt. Jch habe geſehen, daß dieſes Uebel von einer Wallnus (h), die im Luftroͤhrenko- pfe ſtekken geblieben, erfolgt iſt; ich habe geſehen, daß von einem hineingefallnen runden Wurme (i) dergleichen geſchehen; andre ſind von einem heruntergeſchlukkten Stuͤkkchen Fleiſche, welches aber in die unrechte Kehle ge- (a) (b) EKMARK. angef. Ort. (c) NEHRING. angef. Ort. doch ſterben ſie, derh. und co- laſ dafelbſt. pechein aeris et alim. defect. c. 3. (d) EKMARK. u. f. (e) Es kann ohne Atemholen ein ganz weniges Leben fortdauren, WHYTT angef. Ort. S. 227. (f) Drei Tage lang, diemer- broeck. S. 319. Man leſe aber die, vom ber. brvhier geſamm- lete Geſchichte. (g) Vierzig Tage lang, απνους heraclidiſ. (h) Opuſc. pathol. obſ. 7. (i) Obſ. 9. (a) lebendig gefunden, DERHAM phyſ. theol. L. VI. c. 3. S. 341. phyſ. oecon. Patriot. T. I. n. 49. blancaard chirurg. S. 336. Auch die Froͤſche, boyle on froſt. S. 232. und der Salamander, Mem. de l’Acad. 1719. S. 145. dauren un- ter dem Eiſe.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/424>, abgerufen am 22.11.2024.