Es hat ein großer Mann die Anmerkung gemacht, daß sich das Herz, in einem einzigen Atemzuge, über- haupt nur einmal ausleeren gekonnt, da es völlig mit dem Herzbeutel, und folglich auch mit der Lunge zusam- men gewachsen gewesen. Zugleich lief der Puls ge- schwinde, aber ohne ein Herzklopfen zu erwekken (r).
§. 30. Die seltnere Arten des Atemholens. Das Seufzen.
Die folgenden Handlungen, welche mit dem mensch- lichen Körper vorgehen, gehören allerdings zum Atem- holen mit, und sie geschehen entweder vermittelst des Ein- atmens, oder des Ausatmens, oder mit einer gewissen Uebereinstimmung beider.
Zum Einatmen gehört das Seufzen, Gähnen und Saugen; zum Ausatmen die Stimme, das Singen, und das Reden.
Unter die vom Einatmen, und Ausatmen, nach ge- wissen Gesezzen zusammengesezzte Dinge, werden be- griffen, das Keuchen, die Bemühung, der Husten, das Lachen, Weinen, Niesen, endlich das Schlukken, und Erbrechen.
Das Seufzen ist ein langsames und langwieriges Einatmen, wovon sich die Brust gleichmäßig ausdehnt, und mit einer Menge Luft anfüllt wird. Daher seufzen wir, nach dem Willen der Seele, so oft das Blut mit eini- ger Schwierigkeit, doch ohne einen Schmerzen, der nur das Einatmen unangenehm machen würde, durch die Lunge getrieben wird, es mögen nun dem Herzen die
Kräfte
(r)De HAEN rat. medendi. L, II. S. 138.
F f 5
IIII. Abſchn. deſſen Erſcheinungen.
Es hat ein großer Mann die Anmerkung gemacht, daß ſich das Herz, in einem einzigen Atemzuge, uͤber- haupt nur einmal ausleeren gekonnt, da es voͤllig mit dem Herzbeutel, und folglich auch mit der Lunge zuſam- men gewachſen geweſen. Zugleich lief der Puls ge- ſchwinde, aber ohne ein Herzklopfen zu erwekken (r).
§. 30. Die ſeltnere Arten des Atemholens. Das Seufzen.
Die folgenden Handlungen, welche mit dem menſch- lichen Koͤrper vorgehen, gehoͤren allerdings zum Atem- holen mit, und ſie geſchehen entweder vermittelſt des Ein- atmens, oder des Ausatmens, oder mit einer gewiſſen Uebereinſtimmung beider.
Zum Einatmen gehoͤrt das Seufzen, Gaͤhnen und Saugen; zum Ausatmen die Stimme, das Singen, und das Reden.
Unter die vom Einatmen, und Ausatmen, nach ge- wiſſen Geſezzen zuſammengeſezzte Dinge, werden be- griffen, das Keuchen, die Bemuͤhung, der Huſten, das Lachen, Weinen, Nieſen, endlich das Schlukken, und Erbrechen.
Das Seufzen iſt ein langſames und langwieriges Einatmen, wovon ſich die Bruſt gleichmaͤßig ausdehnt, und mit einer Menge Luft anfuͤllt wird. Daher ſeufzen wir, nach dem Willen der Seele, ſo oft das Blut mit eini- ger Schwierigkeit, doch ohne einen Schmerzen, der nur das Einatmen unangenehm machen wuͤrde, durch die Lunge getrieben wird, es moͤgen nun dem Herzen die
Kraͤfte
(r)De HAEN rat. medendi. L, II. S. 138.
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IIII. Abſchn. deſſen Erſcheinungen.
Es hat ein großer Mann die Anmerkung gemacht,
daß ſich das Herz, in einem einzigen Atemzuge, uͤber-
haupt nur einmal ausleeren gekonnt, da es voͤllig mit
dem Herzbeutel, und folglich auch mit der Lunge zuſam-
men gewachſen geweſen. Zugleich lief der Puls ge-
ſchwinde, aber ohne ein Herzklopfen zu erwekken (r).
§. 30.
Die ſeltnere Arten des Atemholens.
Das Seufzen.
Die folgenden Handlungen, welche mit dem menſch-
lichen Koͤrper vorgehen, gehoͤren allerdings zum Atem-
holen mit, und ſie geſchehen entweder vermittelſt des Ein-
atmens, oder des Ausatmens, oder mit einer gewiſſen
Uebereinſtimmung beider.
Zum Einatmen gehoͤrt das Seufzen, Gaͤhnen und
Saugen; zum Ausatmen die Stimme, das Singen,
und das Reden.
Unter die vom Einatmen, und Ausatmen, nach ge-
wiſſen Geſezzen zuſammengeſezzte Dinge, werden be-
griffen, das Keuchen, die Bemuͤhung, der Huſten, das
Lachen, Weinen, Nieſen, endlich das Schlukken, und
Erbrechen.
Das Seufzen iſt ein langſames und langwieriges
Einatmen, wovon ſich die Bruſt gleichmaͤßig ausdehnt,
und mit einer Menge Luft anfuͤllt wird. Daher ſeufzen wir,
nach dem Willen der Seele, ſo oft das Blut mit eini-
ger Schwierigkeit, doch ohne einen Schmerzen, der nur
das Einatmen unangenehm machen wuͤrde, durch die
Lunge getrieben wird, es moͤgen nun dem Herzen die
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(r) De HAEN rat. medendi. L, II. S. 138.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/463>, abgerufen am 22.11.2024.
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