nicht das Hünchen das Eiweis im Eie, nach meinen Versuchen verschlukke (o), und daß bei den Vierfüßigen nicht das Wasser, worinnen die Frucht schwimmt, und mit diesem Haare (p), und der eigne Koth | in den Ma- gen komme, wie solches berühmte Männer sehr gemau angemerkt, ja es leugnet sogar der berühmte Mann selbst, der gegen unsre Meinung geschrieben, nicht, er habe die Flüßigkeit der Fruchthaut im Magen der Thiere ange- troffen (q). Zwar glaubt er, es sey durch einen Fehler geschehen, es scheint aber nicht die beständige Gegenwart des Eiweissen und Gelben, womit der Kropf und der Ma- gen, so gar im Eie, angefüllt sind, keine Zuflucht zur Gewaltsamkeit zu verstatten.
Wenn ein Thier in der Mutter Speisen durch den Mund zu sich nimmt, wenn eben dieses Bestreben ein Thier, wenn es ausser der Mutter ist, reizt, Luft zu schö- pfen, so glaube ich, die Ursache gefunden zu haben, war- um ein an die Welt gebrachtes Thier Atem hole. Es sucht die Speise, in der es schwamm, und es findet da- vor Luft, in die es sich nun hineinbegiebt. Dabei aber schliesse ich die Schwierigkeiten nicht aus, da sich ein Thier durch die unbequemen Wege, nach vielfältigem Durchpressen, und aus der warmen und weichen Mut- ter, in ein neues kaltes Element, auf die Erde, oder jede andre Sache, die doch härter, als der Mutterschoos ist, begiebt. Wenigstens giebt der Mensch, und viele Thie- re, nicht blos einen Laut, sondern eine Art des Gewin- sels von sich, wenn sie die Mutter verlassen, welches ein Zeuge von ihren Leiden ist.
Daß Thiere von dem ersten Atemzuge munter wer- den, und von ihrer Mattigkeit erwachen (r), scheinet der
freiern
(o)[Spaltenumbruch]
8 B. 2 A. N. 5.
(p)MALCOLM FLE- MYNG Phil. Trans. Vol. 49. S. 57.
(q)In Satur. de submers.
(r)[Spaltenumbruch]BERGER de respir. S. 34. HALES veg. stat. c. 6. L. a CA- POA delle moffette. S. 62. u. f. CIORN de lett. suppl. T. III. S. 113.
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V. Abſchn. Der Nuzzen.
nicht das Huͤnchen das Eiweis im Eie, nach meinen Verſuchen verſchlukke (o), und daß bei den Vierfuͤßigen nicht das Waſſer, worinnen die Frucht ſchwimmt, und mit dieſem Haare (p), und der eigne Koth | in den Ma- gen komme, wie ſolches beruͤhmte Maͤnner ſehr gemau angemerkt, ja es leugnet ſogar der beruͤhmte Mann ſelbſt, der gegen unſre Meinung geſchrieben, nicht, er habe die Fluͤßigkeit der Fruchthaut im Magen der Thiere ange- troffen (q). Zwar glaubt er, es ſey durch einen Fehler geſchehen, es ſcheint aber nicht die beſtaͤndige Gegenwart des Eiweiſſen und Gelben, womit der Kropf und der Ma- gen, ſo gar im Eie, angefuͤllt ſind, keine Zuflucht zur Gewaltſamkeit zu verſtatten.
Wenn ein Thier in der Mutter Speiſen durch den Mund zu ſich nimmt, wenn eben dieſes Beſtreben ein Thier, wenn es auſſer der Mutter iſt, reizt, Luft zu ſchoͤ- pfen, ſo glaube ich, die Urſache gefunden zu haben, war- um ein an die Welt gebrachtes Thier Atem hole. Es ſucht die Speiſe, in der es ſchwamm, und es findet da- vor Luft, in die es ſich nun hineinbegiebt. Dabei aber ſchlieſſe ich die Schwierigkeiten nicht aus, da ſich ein Thier durch die unbequemen Wege, nach vielfaͤltigem Durchpreſſen, und aus der warmen und weichen Mut- ter, in ein neues kaltes Element, auf die Erde, oder jede andre Sache, die doch haͤrter, als der Mutterſchoos iſt, begiebt. Wenigſtens giebt der Menſch, und viele Thie- re, nicht blos einen Laut, ſondern eine Art des Gewin- ſels von ſich, wenn ſie die Mutter verlaſſen, welches ein Zeuge von ihren Leiden iſt.
Daß Thiere von dem erſten Atemzuge munter wer- den, und von ihrer Mattigkeit erwachen (r), ſcheinet der
freiern
(o)[Spaltenumbruch]
8 B. 2 A. N. 5.
(p)MALCOLM FLE- MYNG Phil. Tranſ. Vol. 49. S. 57.
(q)In Satur. de ſubmerſ.
(r)[Spaltenumbruch]BERGER de reſpir. S. 34. HALES veg. ſtat. c. 6. L. a CA- POA delle moffette. S. 62. u. f. CIORN de lett. ſuppl. T. III. S. 113.
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[497[499]/0505]
V. Abſchn. Der Nuzzen.
nicht das Huͤnchen das Eiweis im Eie, nach meinen
Verſuchen verſchlukke (o), und daß bei den Vierfuͤßigen
nicht das Waſſer, worinnen die Frucht ſchwimmt, und
mit dieſem Haare (p), und der eigne Koth | in den Ma-
gen komme, wie ſolches beruͤhmte Maͤnner ſehr gemau
angemerkt, ja es leugnet ſogar der beruͤhmte Mann ſelbſt,
der gegen unſre Meinung geſchrieben, nicht, er habe die
Fluͤßigkeit der Fruchthaut im Magen der Thiere ange-
troffen (q). Zwar glaubt er, es ſey durch einen Fehler
geſchehen, es ſcheint aber nicht die beſtaͤndige Gegenwart
des Eiweiſſen und Gelben, womit der Kropf und der Ma-
gen, ſo gar im Eie, angefuͤllt ſind, keine Zuflucht zur
Gewaltſamkeit zu verſtatten.
Wenn ein Thier in der Mutter Speiſen durch den
Mund zu ſich nimmt, wenn eben dieſes Beſtreben ein
Thier, wenn es auſſer der Mutter iſt, reizt, Luft zu ſchoͤ-
pfen, ſo glaube ich, die Urſache gefunden zu haben, war-
um ein an die Welt gebrachtes Thier Atem hole. Es
ſucht die Speiſe, in der es ſchwamm, und es findet da-
vor Luft, in die es ſich nun hineinbegiebt. Dabei aber
ſchlieſſe ich die Schwierigkeiten nicht aus, da ſich ein
Thier durch die unbequemen Wege, nach vielfaͤltigem
Durchpreſſen, und aus der warmen und weichen Mut-
ter, in ein neues kaltes Element, auf die Erde, oder jede
andre Sache, die doch haͤrter, als der Mutterſchoos iſt,
begiebt. Wenigſtens giebt der Menſch, und viele Thie-
re, nicht blos einen Laut, ſondern eine Art des Gewin-
ſels von ſich, wenn ſie die Mutter verlaſſen, welches ein
Zeuge von ihren Leiden iſt.
Daß Thiere von dem erſten Atemzuge munter wer-
den, und von ihrer Mattigkeit erwachen (r), ſcheinet der
freiern
(o)
8 B. 2 A. N. 5.
(p) MALCOLM FLE-
MYNG Phil. Tranſ. Vol. 49. S.
57.
(q) In Satur. de ſubmerſ.
(r)
BERGER de reſpir. S. 34.
HALES veg. ſtat. c. 6. L. a CA-
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CIORN de lett. ſuppl. T. III. S.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 497[499]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/505>, abgerufen am 22.11.2024.
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