Diesem sind diejenigen Wege änlich, welche in Ge- schwüren des Rükkens, und der Lunge, den vom Wund- arzte angebrachten Terpintin wieder auffangen, so daß man auch so gar seinen Geschmak im Munde bemerkt, und er kennbar an seinen Merkmalen, ausgeworfen wird (p). Vielleicht sucht auch das Gift in den verpe- steten Seuchen (q), und das Gift der Pokken eben die- sen Weg: viel gewisser aber thut solches die Luft. Es verliert nämlich eben dieses Element in der Lunge seine elastische Natur (r), folglich löst es sich im Wasser und in den Dämpfen leicht auf, und da es in unsern Säften in so grosser Menge vorhanden, und der Weg aus den mit Luft erfüllten Bläschen, nach den wieder einsaugen- den Blutaederchen, so sehr nahe ist, so scheint es auch vornämlich auf diesem Wege ins Blut zu kommen. Es hat Hippokrates längst die Luft unter die Nahrungs- mittel des Körpers gezählt (s), und da aber auch die aller- festesten Theile eines thierischen Körpers viel Luft enthal- ten (t), und sich diese davon los macht, wenn man die Theile auflöset (u), und sie in ihre Grundstoffe sezzt, so wird es sehr wahrscheinlich, daß die Luft die Stelle ei- nes Leimes vertrete, durch den die irrdne Grundstoffe unter einander verbunden werden (x).
Jch trage auch keinen Zweifel, daß sich nicht auch andre Theilchen aus der Luft, welche sich mit den Dün- sten, und mit Wasser vermengen lassen, zugleich ins Blut mit einschleichen sollten, ob man gleich von ihrer Natur nichts weis. Da die Luft das elektrische Feuer
(q)SCHREIBER de pest. obs. 6. Daß dieses Gift nicht einmal von den Wunden, von den Gefäßen der Haut, der Milch eingesogen wird. obs. 8. 10.
(r) 8 B. 3 A. 11 N.
(s)[Spaltenumbruch]
p[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ri trophes.
(t) 8 B. 3 A. 3 N. halbs veget. stat. exp. 119. Horn giebt mehr Luft von sich, als das Blut thut.
(u) 8 B. 3 A. 3 N.
(x)HALES. ebendas. desa- g|vl. T. II. S. 403.
M m 4
V. Abſchn. Der Nuzzen.
Dieſem ſind diejenigen Wege aͤnlich, welche in Ge- ſchwuͤren des Ruͤkkens, und der Lunge, den vom Wund- arzte angebrachten Terpintin wieder auffangen, ſo daß man auch ſo gar ſeinen Geſchmak im Munde bemerkt, und er kennbar an ſeinen Merkmalen, ausgeworfen wird (p). Vielleicht ſucht auch das Gift in den verpe- ſteten Seuchen (q), und das Gift der Pokken eben die- ſen Weg: viel gewiſſer aber thut ſolches die Luft. Es verliert naͤmlich eben dieſes Element in der Lunge ſeine elaſtiſche Natur (r), folglich loͤſt es ſich im Waſſer und in den Daͤmpfen leicht auf, und da es in unſern Saͤften in ſo groſſer Menge vorhanden, und der Weg aus den mit Luft erfuͤllten Blaͤschen, nach den wieder einſaugen- den Blutaederchen, ſo ſehr nahe iſt, ſo ſcheint es auch vornaͤmlich auf dieſem Wege ins Blut zu kommen. Es hat Hippokrates laͤngſt die Luft unter die Nahrungs- mittel des Koͤrpers gezaͤhlt (s), und da aber auch die aller- feſteſten Theile eines thieriſchen Koͤrpers viel Luft enthal- ten (t), und ſich dieſe davon los macht, wenn man die Theile aufloͤſet (u), und ſie in ihre Grundſtoffe ſezzt, ſo wird es ſehr wahrſcheinlich, daß die Luft die Stelle ei- nes Leimes vertrete, durch den die irrdne Grundſtoffe unter einander verbunden werden (x).
Jch trage auch keinen Zweifel, daß ſich nicht auch andre Theilchen aus der Luft, welche ſich mit den Duͤn- ſten, und mit Waſſer vermengen laſſen, zugleich ins Blut mit einſchleichen ſollten, ob man gleich von ihrer Natur nichts weis. Da die Luft das elektriſche Feuer
(q)SCHREIBER de peſt. obſ. 6. Daß dieſes Gift nicht einmal von den Wunden, von den Gefaͤßen der Haut, der Milch eingeſogen wird. obſ. 8. 10.
(r) 8 B. 3 A. 11 N.
(s)[Spaltenumbruch]
π[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ϱι τϱοφῆς.
(t) 8 B. 3 A. 3 N. halbſ veget. ſtat. exp. 119. Horn giebt mehr Luft von ſich, als das Blut thut.
(u) 8 B. 3 A. 3 N.
(x)HALES. ebendaſ. deſa- g|vl. T. II. S. 403.
M m 4
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[549[551]/0557]
V. Abſchn. Der Nuzzen.
Dieſem ſind diejenigen Wege aͤnlich, welche in Ge-
ſchwuͤren des Ruͤkkens, und der Lunge, den vom Wund-
arzte angebrachten Terpintin wieder auffangen, ſo daß
man auch ſo gar ſeinen Geſchmak im Munde bemerkt,
und er kennbar an ſeinen Merkmalen, ausgeworfen
wird (p). Vielleicht ſucht auch das Gift in den verpe-
ſteten Seuchen (q), und das Gift der Pokken eben die-
ſen Weg: viel gewiſſer aber thut ſolches die Luft. Es
verliert naͤmlich eben dieſes Element in der Lunge ſeine
elaſtiſche Natur (r), folglich loͤſt es ſich im Waſſer und
in den Daͤmpfen leicht auf, und da es in unſern Saͤften
in ſo groſſer Menge vorhanden, und der Weg aus den
mit Luft erfuͤllten Blaͤschen, nach den wieder einſaugen-
den Blutaederchen, ſo ſehr nahe iſt, ſo ſcheint es auch
vornaͤmlich auf dieſem Wege ins Blut zu kommen. Es
hat Hippokrates laͤngſt die Luft unter die Nahrungs-
mittel des Koͤrpers gezaͤhlt (s), und da aber auch die aller-
feſteſten Theile eines thieriſchen Koͤrpers viel Luft enthal-
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Theile aufloͤſet (u), und ſie in ihre Grundſtoffe ſezzt, ſo
wird es ſehr wahrſcheinlich, daß die Luft die Stelle ei-
nes Leimes vertrete, durch den die irrdne Grundſtoffe
unter einander verbunden werden (x).
Jch trage auch keinen Zweifel, daß ſich nicht auch
andre Theilchen aus der Luft, welche ſich mit den Duͤn-
ſten, und mit Waſſer vermengen laſſen, zugleich ins
Blut mit einſchleichen ſollten, ob man gleich von ihrer
Natur nichts weis. Da die Luft das elektriſche Feuer
lang-
(p)
Journ. de Medec. Dec. 1757.
Eph. Nat. Cur. Vol X. obſ. 40.
(q) SCHREIBER de peſt.
obſ. 6. Daß dieſes Gift nicht einmal
von den Wunden, von den Gefaͤßen
der Haut, der Milch eingeſogen wird.
obſ. 8. 10.
(r) 8 B. 3 A. 11 N.
(s)
π_ϱι τϱοφῆς.
(t) 8 B. 3 A. 3 N. halbſ veget.
ſtat. exp. 119. Horn giebt mehr Luft
von ſich, als das Blut thut.
(u) 8 B. 3 A. 3 N.
(x) HALES. ebendaſ. deſa-
g|vl. T. II. S. 403.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 549[551]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/557>, abgerufen am 22.11.2024.
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