Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
mehresten Theilen des menschlichen Körpers zuerst der
Kopf und die harte Gehirnhaut an der Frucht zeigen,
und daß hingegen die Glieder gleichsam zu allerletzt aus
dem Körper der Frucht hervor zu keimen scheinen. Wir
wollen aber an einem andern Orte untersuchen, ob es
sich von einigen Theilen eines belebten Körpers sagen
laße, daß sie früher, oder später erscheinen.

§. 5.
Es hängt die harte Hirnhaut überall an der holen
Hirnschaale feste an.

Man hat eine sehr berühmte Frage, die zugleich
von großer Wichtigkeit ist, ob nämlich die harte Hirn-
haut an der Hirnschaale frei und beweglich sey, oder ob
sie ohne alle Bewegung an den Knochen dieses Haupt-
theils fest anhänge. Es hat nicht an Leuten gefehlt,
nicht zwar unter den Zergliederern, dennoch aber unter
den Phisiologisten, oder unter solchen, deren Vortheil
es war, daß sich die harte Gehirnhaut beständig bewege,
und diese machten die gedachte Membrane völlig [Spaltenumbruch] (p) und
in allen Menschen von der Hirnschaale los. Es fehlt
auch nicht an solchen, welche einen weiten Raum zwi-
schen der harten Gehirnhaut, und der Hirnschaale an-
nahmen (q), welche sie endlich mit Luft erfüllten (r),
und da diese die Membranen durchgängig an der Hirn-
schaale anhängen sahen, so vermutheten sie, daß dieses

von
(p) ORIBAS. S. 8. Jn einem
gesunden Menschen PETRIOLI
S. 266. daß sie schwebe, sagt CAR.
DIONIS. in thes. ann. 1737. IN-
GRAM cases
S. 101. im Wahn-
wizzigen.
(q) Daß sie von vorne von der
Hirnschale abgesondert sey, sagt
GLASER S. 7. daß sie weit abstehe
[Spaltenumbruch] PACCHION. S. 141. Daß ein
weiter Raum sey, BARTHOLIN.
Instit.
S. 247. vindic. anat. S. 17.
(r) MOSCA dell aere e de' mor-
bi dell aria dipend. T. I.
S. 230
et T. II. S. 65. Daß dieses das
Gleichgewicht mit der Erweiterung
des Gehirns verursache, sagt eben
der an eben dem Ort.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
mehreſten Theilen des menſchlichen Koͤrpers zuerſt der
Kopf und die harte Gehirnhaut an der Frucht zeigen,
und daß hingegen die Glieder gleichſam zu allerletzt aus
dem Koͤrper der Frucht hervor zu keimen ſcheinen. Wir
wollen aber an einem andern Orte unterſuchen, ob es
ſich von einigen Theilen eines belebten Koͤrpers ſagen
laße, daß ſie fruͤher, oder ſpaͤter erſcheinen.

§. 5.
Es haͤngt die harte Hirnhaut uͤberall an der holen
Hirnſchaale feſte an.

Man hat eine ſehr beruͤhmte Frage, die zugleich
von großer Wichtigkeit iſt, ob naͤmlich die harte Hirn-
haut an der Hirnſchaale frei und beweglich ſey, oder ob
ſie ohne alle Bewegung an den Knochen dieſes Haupt-
theils feſt anhaͤnge. Es hat nicht an Leuten gefehlt,
nicht zwar unter den Zergliederern, dennoch aber unter
den Phiſiologiſten, oder unter ſolchen, deren Vortheil
es war, daß ſich die harte Gehirnhaut beſtaͤndig bewege,
und dieſe machten die gedachte Membrane voͤllig [Spaltenumbruch] (p) und
in allen Menſchen von der Hirnſchaale los. Es fehlt
auch nicht an ſolchen, welche einen weiten Raum zwi-
ſchen der harten Gehirnhaut, und der Hirnſchaale an-
nahmen (q), welche ſie endlich mit Luft erfuͤllten (r),
und da dieſe die Membranen durchgaͤngig an der Hirn-
ſchaale anhaͤngen ſahen, ſo vermutheten ſie, daß dieſes

von
(p) ORIBAS. S. 8. Jn einem
geſunden Menſchen PETRIOLI
S. 266. daß ſie ſchwebe, ſagt CAR.
DIONIS. in theſ. ann. 1737. IN-
GRAM caſes
S. 101. im Wahn-
wizzigen.
(q) Daß ſie von vorne von der
Hirnſchale abgeſondert ſey, ſagt
GLASER S. 7. daß ſie weit abſtehe
[Spaltenumbruch] PACCHION. S. 141. Daß ein
weiter Raum ſey, BARTHOLIN.
Inſtit.
S. 247. vindic. anat. S. 17.
(r) MOSCA dell aere e de’ mor-
bi dell aria dipend. T. I.
S. 230
et T. II. S. 65. Daß dieſes das
Gleichgewicht mit der Erweiterung
des Gehirns verurſache, ſagt eben
der an eben dem Ort.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0180" n="144"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Gehirn und die Nerven. <hi rendition="#aq">X.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
mehre&#x017F;ten Theilen des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers zuer&#x017F;t der<lb/>
Kopf und die harte Gehirnhaut an der Frucht zeigen,<lb/>
und daß hingegen die Glieder gleich&#x017F;am zu allerletzt aus<lb/>
dem Ko&#x0364;rper der Frucht hervor zu keimen &#x017F;cheinen. Wir<lb/>
wollen aber an einem andern Orte unter&#x017F;uchen, ob es<lb/>
&#x017F;ich von einigen Theilen eines belebten Ko&#x0364;rpers &#x017F;agen<lb/>
laße, daß &#x017F;ie fru&#x0364;her, oder &#x017F;pa&#x0364;ter er&#x017F;cheinen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 5.<lb/>
Es ha&#x0364;ngt die harte Hirnhaut u&#x0364;berall an der holen<lb/>
Hirn&#x017F;chaale fe&#x017F;te an.</head><lb/>
            <p>Man hat eine &#x017F;ehr beru&#x0364;hmte Frage, die zugleich<lb/>
von großer Wichtigkeit i&#x017F;t, ob na&#x0364;mlich die harte Hirn-<lb/>
haut an der Hirn&#x017F;chaale frei und beweglich &#x017F;ey, oder ob<lb/>
&#x017F;ie ohne alle Bewegung an den Knochen die&#x017F;es Haupt-<lb/>
theils fe&#x017F;t anha&#x0364;nge. Es hat nicht an Leuten gefehlt,<lb/>
nicht zwar unter den Zergliederern, dennoch aber unter<lb/>
den Phi&#x017F;iologi&#x017F;ten, oder unter &#x017F;olchen, deren Vortheil<lb/>
es war, daß &#x017F;ich die harte Gehirnhaut be&#x017F;ta&#x0364;ndig bewege,<lb/>
und die&#x017F;e machten die gedachte Membrane vo&#x0364;llig <cb/>
<note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">ORIBAS.</hi> S. 8. Jn einem<lb/>
ge&#x017F;unden Men&#x017F;chen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">PETRIOLI</hi></hi><lb/>
S. 266. daß &#x017F;ie &#x017F;chwebe, &#x017F;agt <hi rendition="#aq">CAR.<lb/>
DIONIS. in the&#x017F;. ann. 1737. IN-<lb/>
GRAM ca&#x017F;es</hi> S. 101. im Wahn-<lb/>
wizzigen.</note> und<lb/>
in allen Men&#x017F;chen von der Hirn&#x017F;chaale los. Es fehlt<lb/>
auch nicht an &#x017F;olchen, welche einen weiten Raum zwi-<lb/>
&#x017F;chen der harten Gehirnhaut, und der Hirn&#x017F;chaale an-<lb/>
nahmen <note place="foot" n="(q)">Daß &#x017F;ie von vorne von der<lb/>
Hirn&#x017F;chale abge&#x017F;ondert &#x017F;ey, &#x017F;agt<lb/><hi rendition="#aq">GLASER</hi> S. 7. daß &#x017F;ie weit ab&#x017F;tehe<lb/><cb/> <hi rendition="#aq">PACCHION.</hi> S. 141. Daß ein<lb/>
weiter Raum &#x017F;ey, <hi rendition="#aq">BARTHOLIN.<lb/>
In&#x017F;tit.</hi> S. 247. <hi rendition="#aq">vindic. anat.</hi> S. 17.</note>, welche &#x017F;ie endlich mit Luft erfu&#x0364;llten <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">MOSCA dell aere e de&#x2019; mor-<lb/>
bi dell aria dipend. T. I.</hi> S. 230<lb/><hi rendition="#aq">et T. II.</hi> S. 65. Daß die&#x017F;es das<lb/>
Gleichgewicht mit der Erweiterung<lb/>
des Gehirns verur&#x017F;ache, &#x017F;agt eben<lb/>
der an eben dem Ort.</note>,<lb/>
und da die&#x017F;e die Membranen durchga&#x0364;ngig an der Hirn-<lb/>
&#x017F;chaale anha&#x0364;ngen &#x017F;ahen, &#x017F;o vermutheten &#x017F;ie, daß die&#x017F;es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0180] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. mehreſten Theilen des menſchlichen Koͤrpers zuerſt der Kopf und die harte Gehirnhaut an der Frucht zeigen, und daß hingegen die Glieder gleichſam zu allerletzt aus dem Koͤrper der Frucht hervor zu keimen ſcheinen. Wir wollen aber an einem andern Orte unterſuchen, ob es ſich von einigen Theilen eines belebten Koͤrpers ſagen laße, daß ſie fruͤher, oder ſpaͤter erſcheinen. §. 5. Es haͤngt die harte Hirnhaut uͤberall an der holen Hirnſchaale feſte an. Man hat eine ſehr beruͤhmte Frage, die zugleich von großer Wichtigkeit iſt, ob naͤmlich die harte Hirn- haut an der Hirnſchaale frei und beweglich ſey, oder ob ſie ohne alle Bewegung an den Knochen dieſes Haupt- theils feſt anhaͤnge. Es hat nicht an Leuten gefehlt, nicht zwar unter den Zergliederern, dennoch aber unter den Phiſiologiſten, oder unter ſolchen, deren Vortheil es war, daß ſich die harte Gehirnhaut beſtaͤndig bewege, und dieſe machten die gedachte Membrane voͤllig (p) und in allen Menſchen von der Hirnſchaale los. Es fehlt auch nicht an ſolchen, welche einen weiten Raum zwi- ſchen der harten Gehirnhaut, und der Hirnſchaale an- nahmen (q), welche ſie endlich mit Luft erfuͤllten (r), und da dieſe die Membranen durchgaͤngig an der Hirn- ſchaale anhaͤngen ſahen, ſo vermutheten ſie, daß dieſes von (p) ORIBAS. S. 8. Jn einem geſunden Menſchen PETRIOLI S. 266. daß ſie ſchwebe, ſagt CAR. DIONIS. in theſ. ann. 1737. IN- GRAM caſes S. 101. im Wahn- wizzigen. (q) Daß ſie von vorne von der Hirnſchale abgeſondert ſey, ſagt GLASER S. 7. daß ſie weit abſtehe PACCHION. S. 141. Daß ein weiter Raum ſey, BARTHOLIN. Inſtit. S. 247. vindic. anat. S. 17. (r) MOSCA dell aere e de’ mor- bi dell aria dipend. T. I. S. 230 et T. II. S. 65. Daß dieſes das Gleichgewicht mit der Erweiterung des Gehirns verurſache, ſagt eben der an eben dem Ort.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/180
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/180>, abgerufen am 25.11.2024.