Albin entziehet mit beredten Worten seinen Schü- lern, was er vordem in seinen Vorlesungen vor- getragen (11*). Was soll ich hierzu sagen? hat er auch in dem Jare nicht gelehrt, darinnen diese Männer seine Zuhörer waren? hat er diese Erfin- dungen auch damals noch nicht gemacht, da sie sich zu Leiden aufhielten? Wie wenn sie solches weiter bereichert, und zu den Worten des Lehrers gute Zusäzze gemacht? wie wenn sie es nicht in die Schriften eingetragen? wie wenn sie es in der lan- gen Zeit, und innerhalb dreißig Jaren vergessen haben? wie wenn er keinem iemals eine Anzeige davon gethan?
Jch füle keine so grosse und unsinnige Be- gierde zum Lobe, daß ich dem Albin diese Her- kulskeule aus der Hand winden wollte; es kam mir aber doch vor, daß es der Charakter eines ar- tigen Mannes sei, der die Seinigen liebt, was andre vor ihm zuverläßig vorgetragen, mit einem Merkmale des Beifalls zu begleiten, und seine Schüler vor ungünstigen Urteilen dergestalt zu schüzzen, daß er sich das Seinige zueignet; doch
aber
(11*)p. 10. 11. &c.
Vorrede.
Albin entziehet mit beredten Worten ſeinen Schuͤ- lern, was er vordem in ſeinen Vorleſungen vor- getragen (11*). Was ſoll ich hierzu ſagen? hat er auch in dem Jare nicht gelehrt, darinnen dieſe Maͤnner ſeine Zuhoͤrer waren? hat er dieſe Erfin- dungen auch damals noch nicht gemacht, da ſie ſich zu Leiden aufhielten? Wie wenn ſie ſolches weiter bereichert, und zu den Worten des Lehrers gute Zuſaͤzze gemacht? wie wenn ſie es nicht in die Schriften eingetragen? wie wenn ſie es in der lan- gen Zeit, und innerhalb dreißig Jaren vergeſſen haben? wie wenn er keinem iemals eine Anzeige davon gethan?
Jch fuͤle keine ſo groſſe und unſinnige Be- gierde zum Lobe, daß ich dem Albin dieſe Her- kulskeule aus der Hand winden wollte; es kam mir aber doch vor, daß es der Charakter eines ar- tigen Mannes ſei, der die Seinigen liebt, was andre vor ihm zuverlaͤßig vorgetragen, mit einem Merkmale des Beifalls zu begleiten, und ſeine Schuͤler vor unguͤnſtigen Urteilen dergeſtalt zu ſchuͤzzen, daß er ſich das Seinige zueignet; doch
aber
(11*)p. 10. 11. &c.
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[XV/0019]
Vorrede.
Albin entziehet mit beredten Worten ſeinen Schuͤ-
lern, was er vordem in ſeinen Vorleſungen vor-
getragen (11*). Was ſoll ich hierzu ſagen? hat
er auch in dem Jare nicht gelehrt, darinnen dieſe
Maͤnner ſeine Zuhoͤrer waren? hat er dieſe Erfin-
dungen auch damals noch nicht gemacht, da ſie
ſich zu Leiden aufhielten? Wie wenn ſie ſolches
weiter bereichert, und zu den Worten des Lehrers
gute Zuſaͤzze gemacht? wie wenn ſie es nicht in die
Schriften eingetragen? wie wenn ſie es in der lan-
gen Zeit, und innerhalb dreißig Jaren vergeſſen
haben? wie wenn er keinem iemals eine Anzeige
davon gethan?
Jch fuͤle keine ſo groſſe und unſinnige Be-
gierde zum Lobe, daß ich dem Albin dieſe Her-
kulskeule aus der Hand winden wollte; es kam
mir aber doch vor, daß es der Charakter eines ar-
tigen Mannes ſei, der die Seinigen liebt, was
andre vor ihm zuverlaͤßig vorgetragen, mit einem
Merkmale des Beifalls zu begleiten, und ſeine
Schuͤler vor unguͤnſtigen Urteilen dergeſtalt zu
ſchuͤzzen, daß er ſich das Seinige zueignet; doch
aber
(11*) p. 10. 11. &c.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/19>, abgerufen am 21.11.2024.
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