noch hinzu, daß das Gehirn nach einer Ohnmacht nur alsdenn seine Bewegung wieder bekomme, so bald sich der Puls wieder einstellt [Spaltenumbruch](i*).
Es ist indessen gewiß, daß sich beiderlei Bewegun- gen in einem Thiere vereinigen (k), dessen Gehirn man entblößt, und daß man sie zu einerlei Zeit und an einer- lei Gehirn nicht seiten wahrnehmen kann.
§. 42. Ob die Bewegung des Gehirns von einer mu- skelähnlichen Kraft der harten Gehirn- haut herrühre?
Man trug sich bei dem Anfange des izzigen Jahr- hundertes mit der berühmten Hipoteses herum, welche die Bewegung des Gehirns der harten Gehirnhaut, als einer reizbaren Bekleidung, welche sich zusammen ziehen könne (l), zuschrieb. Man verlangte nämlich, es ha- be diese Membrane, wenn man sie mit einem scharfen Safte berühre, die Kraft, sich zurükke zu ziehen, und sich auf eben die Art zu verkürzen [Spaltenumbruch](m), wie man an dem Fleische der Muskeln gewahr wird.
Man verlangte demnach, daß überhaupt die Be- wegung der harten Gehirnhaut auf ein Zusammenziehen ankomme, und daß diese wechselsweise schlaff werde. Jndem sich also die Fasern der harten Gehirnhaut veren- gern, so werde dadurch das Gehirn zusammen gedrückt, dessen Feuchtigkeit ausgedrückt, und es rühre diese Be-
wegung
(i*) S. 269.
(k)LAWRENCE angef. Ort. VANDELLI bei FA- BRI S. 78. und die folgenden. WALSDORF S. 4. Mem. T. I. Exp. 88. und S. 172. n. 2.
(l) Hie und da findet man noch [Spaltenumbruch]
viel ältere Merkmale von dieser Theorie, wie bei TAUVRY S. 253. in den Niesen wird sie zu- sammen gezogen, und wieder nach- gelassen WILLIS S. 85. Das Gehirn bewegt sich durch Hülse der Gehirnhäute Ent. oper. S. 447.
(m)BAGLIV Fibr. motr. specim. Lib. I. S. 272.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
noch hinzu, daß das Gehirn nach einer Ohnmacht nur alsdenn ſeine Bewegung wieder bekomme, ſo bald ſich der Puls wieder einſtellt [Spaltenumbruch](i*).
Es iſt indeſſen gewiß, daß ſich beiderlei Bewegun- gen in einem Thiere vereinigen (k), deſſen Gehirn man entbloͤßt, und daß man ſie zu einerlei Zeit und an einer- lei Gehirn nicht ſeiten wahrnehmen kann.
§. 42. Ob die Bewegung des Gehirns von einer mu- skelaͤhnlichen Kraft der harten Gehirn- haut herruͤhre?
Man trug ſich bei dem Anfange des izzigen Jahr- hundertes mit der beruͤhmten Hipoteſes herum, welche die Bewegung des Gehirns der harten Gehirnhaut, als einer reizbaren Bekleidung, welche ſich zuſammen ziehen koͤnne (l), zuſchrieb. Man verlangte naͤmlich, es ha- be dieſe Membrane, wenn man ſie mit einem ſcharfen Safte beruͤhre, die Kraft, ſich zuruͤkke zu ziehen, und ſich auf eben die Art zu verkuͤrzen [Spaltenumbruch](m), wie man an dem Fleiſche der Muskeln gewahr wird.
Man verlangte demnach, daß uͤberhaupt die Be- wegung der harten Gehirnhaut auf ein Zuſammenziehen ankomme, und daß dieſe wechſelsweiſe ſchlaff werde. Jndem ſich alſo die Faſern der harten Gehirnhaut veren- gern, ſo werde dadurch das Gehirn zuſammen gedruͤckt, deſſen Feuchtigkeit ausgedruͤckt, und es ruͤhre dieſe Be-
wegung
(i*) S. 269.
(k)LAWRENCE angef. Ort. VANDELLI bei FA- BRI S. 78. und die folgenden. WALSDORF S. 4. Mem. T. I. Exp. 88. und S. 172. n. 2.
(l) Hie und da findet man noch [Spaltenumbruch]
viel aͤltere Merkmale von dieſer Theorie, wie bei TAUVRY S. 253. in den Nieſen wird ſie zu- ſammen gezogen, und wieder nach- gelaſſen WILLIS S. 85. Das Gehirn bewegt ſich durch Huͤlſe der Gehirnhaͤute Ent. oper. S. 447.
(m)BAGLIV Fibr. motr. ſpecim. Lib. I. S. 272.
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[276/0312]
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
noch hinzu, daß das Gehirn nach einer Ohnmacht nur
alsdenn ſeine Bewegung wieder bekomme, ſo bald ſich
der Puls wieder einſtellt
(i*).
Es iſt indeſſen gewiß, daß ſich beiderlei Bewegun-
gen in einem Thiere vereinigen (k), deſſen Gehirn man
entbloͤßt, und daß man ſie zu einerlei Zeit und an einer-
lei Gehirn nicht ſeiten wahrnehmen kann.
§. 42.
Ob die Bewegung des Gehirns von einer mu-
skelaͤhnlichen Kraft der harten Gehirn-
haut herruͤhre?
Man trug ſich bei dem Anfange des izzigen Jahr-
hundertes mit der beruͤhmten Hipoteſes herum, welche
die Bewegung des Gehirns der harten Gehirnhaut, als
einer reizbaren Bekleidung, welche ſich zuſammen ziehen
koͤnne (l), zuſchrieb. Man verlangte naͤmlich, es ha-
be dieſe Membrane, wenn man ſie mit einem ſcharfen
Safte beruͤhre, die Kraft, ſich zuruͤkke zu ziehen, und ſich
auf eben die Art zu verkuͤrzen
(m), wie man an dem
Fleiſche der Muskeln gewahr wird.
Man verlangte demnach, daß uͤberhaupt die Be-
wegung der harten Gehirnhaut auf ein Zuſammenziehen
ankomme, und daß dieſe wechſelsweiſe ſchlaff werde.
Jndem ſich alſo die Faſern der harten Gehirnhaut veren-
gern, ſo werde dadurch das Gehirn zuſammen gedruͤckt,
deſſen Feuchtigkeit ausgedruͤckt, und es ruͤhre dieſe Be-
wegung
(i*) S. 269.
(k) LAWRENCE angef.
Ort. VANDELLI bei FA-
BRI S. 78. und die folgenden.
WALSDORF S. 4. Mem.
T. I. Exp. 88. und S. 172. n. 2.
(l) Hie und da findet man noch
viel aͤltere Merkmale von dieſer
Theorie, wie bei TAUVRY
S. 253. in den Nieſen wird ſie zu-
ſammen gezogen, und wieder nach-
gelaſſen WILLIS S. 85. Das
Gehirn bewegt ſich durch Huͤlſe
der Gehirnhaͤute Ent. oper. S. 447.
(m) BAGLIV Fibr. motr.
ſpecim. Lib. I. S. 272.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/312>, abgerufen am 22.11.2024.
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