Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
richtet werde, zum Gehirn hinaufsteige, und daselbst
gleichsam der Seele vorgetragen werde. Es zeigen aber
überhaupt eben dergleichen ähnliche Versuche deutlich,
daß auch die Ursache zu den Bewegungen, in den Mus-
keln, und dem gesammten thierischen Körper, von dem
Gehirne durch den Kanal der Nerven zu demienigen Thei-
le fortgehe, welcher in Bewegung gesetzt wird.

Wir beweisen demnach aus unzähligen Versuchen
diesen Lehrsatz feste, wenn wir erst welchen Nerven rei-
tzen, welches freilich mit chimischen Gifte nicht so wol [Spaltenumbruch] a,
hingegen mit einem Messerchen besser von statten geht.
Alsdenn zieht sich so gleich dieser Muskel, zu welchem
der Nerve hingeht, zusammen, er vernichtet dieienige
Bewegung, wozu ihn die Natur beftimmt hat, und er
biegt oder streckt sein Glied aus, oder er bewegt dasselbe
auf irgend eine andere Weise.

Wenn sich ein einziger Nerve unter mehrere Mu-
skeln ausbreitet, so gerathen alle dieienigen Muskeln,
die von demienigen Nerven Aeste haben, welchen wir
reitzen, in Krampf.

Jch habe einige Versuche erzählt, welche man am
Zwergfellsnerven a*, am Schenkelnerven, von mir an-
gestellt findet b, und man hat noch andere von berümten
Zergliederern so wol voriger c, als ietziger Zeiten d,
ia man erzählt auch welche, die am Mediannerven e,
am Flügelnerven f, an demienigen Nerven, welcher zu
den Muskeln des Unterleibes geht g, und auch so gar
am Herzen, wovon Swammerdam h Bericht giebt.

Man
a Exp. 207. Zimmermann p.
41. Doch ziehen sie sich auch vom
Gifte zusammen, wie auch vom
Feuer, oder heissen Wasser, Fel.
Fontana ep. p.
221. 222.
a* L. 8. p. 202.
b Mem. sur les part. irrit. et
sensibl. exp.
194. 195. 197. 201. 202.
c Petit ep. 2. p. 21. Duverney
beim du Hamel p. 248. C. Aug.
[Spaltenumbruch] von Bergen Comm. Nor. 1738.
hebd.
17.
d Exp. 195. 200.
e Zimmermann p. 37. Stenonis
myolog. spec. p.
18.
f Exp. 198. 199.
g Swammerdam angef. Ort tab.
49. f.
7.
h Exp. 203--209.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
richtet werde, zum Gehirn hinaufſteige, und daſelbſt
gleichſam der Seele vorgetragen werde. Es zeigen aber
uͤberhaupt eben dergleichen aͤhnliche Verſuche deutlich,
daß auch die Urſache zu den Bewegungen, in den Mus-
keln, und dem geſammten thieriſchen Koͤrper, von dem
Gehirne durch den Kanal der Nerven zu demienigen Thei-
le fortgehe, welcher in Bewegung geſetzt wird.

Wir beweiſen demnach aus unzaͤhligen Verſuchen
dieſen Lehrſatz feſte, wenn wir erſt welchen Nerven rei-
tzen, welches freilich mit chimiſchen Gifte nicht ſo wol [Spaltenumbruch] a,
hingegen mit einem Meſſerchen beſſer von ſtatten geht.
Alsdenn zieht ſich ſo gleich dieſer Muskel, zu welchem
der Nerve hingeht, zuſammen, er vernichtet dieienige
Bewegung, wozu ihn die Natur beftimmt hat, und er
biegt oder ſtreckt ſein Glied aus, oder er bewegt daſſelbe
auf irgend eine andere Weiſe.

Wenn ſich ein einziger Nerve unter mehrere Mu-
skeln ausbreitet, ſo gerathen alle dieienigen Muskeln,
die von demienigen Nerven Aeſte haben, welchen wir
reitzen, in Krampf.

Jch habe einige Verſuche erzaͤhlt, welche man am
Zwergfellsnerven a*, am Schenkelnerven, von mir an-
geſtellt findet b, und man hat noch andere von beruͤmten
Zergliederern ſo wol voriger c, als ietziger Zeiten d,
ia man erzaͤhlt auch welche, die am Mediannerven e,
am Fluͤgelnerven f, an demienigen Nerven, welcher zu
den Muskeln des Unterleibes geht g, und auch ſo gar
am Herzen, wovon Swammerdam h Bericht giebt.

Man
a Exp. 207. Zimmermann p.
41. Doch ziehen ſie ſich auch vom
Gifte zuſammen, wie auch vom
Feuer, oder heiſſen Waſſer, Fel.
Fontana ep. p.
221. 222.
a* L. 8. p. 202.
b Mem. ſur les part. irrit. et
ſenſibl. exp.
194. 195. 197. 201. 202.
c Petit ep. 2. p. 21. Duverney
beim du Hamel p. 248. C. Aug.
[Spaltenumbruch] von Bergen Comm. Nor. 1738.
hebd.
17.
d Exp. 195. 200.
e Zimmermann p. 37. Stenonis
myolog. ſpec. p.
18.
f Exp. 198. 199.
g Swammerdam angef. Ort tab.
49. f.
7.
h Exp. 203—209.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0542" n="506"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Gehirn und die Nerven. <hi rendition="#aq">X.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
richtet werde, zum Gehirn hinauf&#x017F;teige, und da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gleich&#x017F;am der Seele vorgetragen werde. Es zeigen aber<lb/>
u&#x0364;berhaupt eben dergleichen a&#x0364;hnliche Ver&#x017F;uche deutlich,<lb/>
daß auch die Ur&#x017F;ache zu den Bewegungen, in den Mus-<lb/>
keln, und dem ge&#x017F;ammten thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rper, von dem<lb/>
Gehirne durch den Kanal der Nerven zu demienigen Thei-<lb/>
le fortgehe, welcher in Bewegung ge&#x017F;etzt wird.</p><lb/>
            <p>Wir bewei&#x017F;en demnach aus unza&#x0364;hligen Ver&#x017F;uchen<lb/>
die&#x017F;en Lehr&#x017F;atz fe&#x017F;te, wenn wir er&#x017F;t welchen Nerven rei-<lb/>
tzen, welches freilich mit chimi&#x017F;chen Gifte nicht &#x017F;o wol <cb/>
<note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Exp. 207. <hi rendition="#i">Zimmermann</hi> p.</hi><lb/>
41. Doch ziehen &#x017F;ie &#x017F;ich auch vom<lb/>
Gifte zu&#x017F;ammen, wie auch vom<lb/>
Feuer, oder hei&#x017F;&#x017F;en Wa&#x017F;&#x017F;er, <hi rendition="#aq">Fel.<lb/><hi rendition="#i">Fontana</hi> ep. p.</hi> 221. 222.</note>,<lb/>
hingegen mit einem Me&#x017F;&#x017F;erchen be&#x017F;&#x017F;er von &#x017F;tatten geht.<lb/>
Alsdenn zieht &#x017F;ich &#x017F;o gleich die&#x017F;er Muskel, zu welchem<lb/>
der Nerve hingeht, zu&#x017F;ammen, er vernichtet dieienige<lb/>
Bewegung, wozu ihn die Natur beftimmt hat, und er<lb/>
biegt oder &#x017F;treckt &#x017F;ein Glied aus, oder er bewegt da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
auf irgend eine andere Wei&#x017F;e.</p><lb/>
            <p>Wenn &#x017F;ich ein einziger Nerve unter mehrere Mu-<lb/>
skeln ausbreitet, &#x017F;o gerathen alle dieienigen Muskeln,<lb/>
die von demienigen Nerven Ae&#x017F;te haben, welchen wir<lb/>
reitzen, in Krampf.</p><lb/>
            <p>Jch habe einige Ver&#x017F;uche erza&#x0364;hlt, welche man am<lb/>
Zwergfellsnerven <note place="foot" n="a*"><hi rendition="#aq">L. 8. p.</hi> 202.</note>, am Schenkelnerven, von mir an-<lb/>
ge&#x017F;tellt findet <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">Mem. &#x017F;ur les part. irrit. et<lb/>
&#x017F;en&#x017F;ibl. exp.</hi> 194. 195. 197. 201. 202.</note>, und man hat noch andere von beru&#x0364;mten<lb/>
Zergliederern &#x017F;o wol voriger <note place="foot" n="c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Petit</hi> ep. 2. p. 21. <hi rendition="#i">Duverney</hi></hi><lb/>
beim <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">du</hi> H<hi rendition="#i">amel</hi> p. 248. C. Aug.</hi><lb/><cb/>
von <hi rendition="#aq">B<hi rendition="#i">ergen</hi> Comm. Nor. 1738.<lb/>
hebd.</hi> 17.</note>, als ietziger Zeiten <note place="foot" n="d"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 195. 200.</note>,<lb/>
ia man erza&#x0364;hlt auch welche, die am Mediannerven <note place="foot" n="e"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Zimmermann</hi> p. 37. <hi rendition="#i">Stenonis</hi><lb/>
myolog. &#x017F;pec. p.</hi> 18.</note>,<lb/>
am Flu&#x0364;gelnerven <note place="foot" n="f"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 198. 199.</note>, an demienigen Nerven, welcher zu<lb/>
den Muskeln des Unterleibes geht <note place="foot" n="g"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Swammerdam</hi></hi> angef. Ort <hi rendition="#aq">tab.<lb/>
49. f.</hi> 7.</note>, und auch &#x017F;o gar<lb/>
am Herzen, wovon <hi rendition="#fr">Swammerdam</hi> <note place="foot" n="h"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 203&#x2014;209.</note> Bericht giebt.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[506/0542] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. richtet werde, zum Gehirn hinaufſteige, und daſelbſt gleichſam der Seele vorgetragen werde. Es zeigen aber uͤberhaupt eben dergleichen aͤhnliche Verſuche deutlich, daß auch die Urſache zu den Bewegungen, in den Mus- keln, und dem geſammten thieriſchen Koͤrper, von dem Gehirne durch den Kanal der Nerven zu demienigen Thei- le fortgehe, welcher in Bewegung geſetzt wird. Wir beweiſen demnach aus unzaͤhligen Verſuchen dieſen Lehrſatz feſte, wenn wir erſt welchen Nerven rei- tzen, welches freilich mit chimiſchen Gifte nicht ſo wol a, hingegen mit einem Meſſerchen beſſer von ſtatten geht. Alsdenn zieht ſich ſo gleich dieſer Muskel, zu welchem der Nerve hingeht, zuſammen, er vernichtet dieienige Bewegung, wozu ihn die Natur beftimmt hat, und er biegt oder ſtreckt ſein Glied aus, oder er bewegt daſſelbe auf irgend eine andere Weiſe. Wenn ſich ein einziger Nerve unter mehrere Mu- skeln ausbreitet, ſo gerathen alle dieienigen Muskeln, die von demienigen Nerven Aeſte haben, welchen wir reitzen, in Krampf. Jch habe einige Verſuche erzaͤhlt, welche man am Zwergfellsnerven a*, am Schenkelnerven, von mir an- geſtellt findet b, und man hat noch andere von beruͤmten Zergliederern ſo wol voriger c, als ietziger Zeiten d, ia man erzaͤhlt auch welche, die am Mediannerven e, am Fluͤgelnerven f, an demienigen Nerven, welcher zu den Muskeln des Unterleibes geht g, und auch ſo gar am Herzen, wovon Swammerdam h Bericht giebt. Man a Exp. 207. Zimmermann p. 41. Doch ziehen ſie ſich auch vom Gifte zuſammen, wie auch vom Feuer, oder heiſſen Waſſer, Fel. Fontana ep. p. 221. 222. a* L. 8. p. 202. b Mem. ſur les part. irrit. et ſenſibl. exp. 194. 195. 197. 201. 202. c Petit ep. 2. p. 21. Duverney beim du Hamel p. 248. C. Aug. von Bergen Comm. Nor. 1738. hebd. 17. d Exp. 195. 200. e Zimmermann p. 37. Stenonis myolog. ſpec. p. 18. f Exp. 198. 199. g Swammerdam angef. Ort tab. 49. f. 7. h Exp. 203—209.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/542
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/542>, abgerufen am 22.11.2024.